Doris E. M. Bulenda

Bali, Indonesien – ein Wald mit heiligen Affen

Ich bin Tierfreund, ehrlich. Ich liebe alle Tiere – aber mit einer gewissen Ausnahme. Und hier erzähle ich euch, warum ich kleine Affen nicht mag.

Auf einem Rucksacktrip durch Indonesien landete ich natürlich auch in Bali. Eine wunderschöne Insel, auch wenn sie schon damals – in den 1980er Jahren – von Touristen überlaufen war. Und die Einheimischen sind alle verdammt geschäftstüchtig. Sie machen aus allem, was sich nur irgendwie eignet (oder auch nicht), eine Touristenattraktion. Damit auch alle Touris möglichst alle Sehenswürdigkeiten zu sehen bekommen, bieten die Taxifahrer auf der Insel verschiedene Touren an. Nicht mal so teuer, es gibt Halbtages- und Ganztagestouren zu allen möglichen Tempeln, Landschaften, Kunsthandwerkern und was da noch so in der Gegend geboten wird.

Irgendwann wird man von einem Taxifahrer „weichgekocht“ und man macht eine der Touren mit, und wenn es nur ist, damit man sagen kann „kenne ich schon“, wenn man immer und immer wieder darauf angesprochen wird.

So ging's auch mir, ich machte ein paar dieser Trips über die Insel, wurde zu Tempeln und Tanzveranstaltungen geführt – und natürlich waren jedes Mal auch Souvenirshops dabei. Bei denen der Fahrer ordentlich Provision kassiert, wenn man einkauft – und dadurch noch eine hübsche Nebeneinnahme hat. An mir haben die Fahrer nicht viel verdient, ich habe mir das Zeug nur angesehen und bin dann, wenn ich interessiert war, später nochmal alleine hingegangen. Dann waren die Sachen natürlich viel billiger und die Rabatte, die ich aushandeln konnte, größer …

Bei einer dieser Touren war eins der „Highlights“ ein „heiliger Affenwald“. Viel konnte ich mir darunter nicht vorstellen – und sonderlich interessiert war ich daran auch nicht. Nur konnte man an solchen Touren nichts umändern, die Fahrer schwören sofort heilige Eide, dass die Tour nur so und nicht anders stattfinden kann, nichts ausgelassen werden kann usw. Die Erklärungen dafür waren sehr abenteuerlich und oft absolut lächerlich – aber ändern konnte man nichts. Man beißt auf Granit, eine Tour umändern ging einfach nicht. Und dann beißt man eben die Zähne zusammen und guckt auch Zeug an, das einen absolut nicht interessiert.

So landete ich widerwillig am Eingang zu diesem Wald mit den heiligen Affen. Ich machte mir noch nie viel aus Affen, auch wenn ich andere Tiere liebe, aber Affen mag ich nun mal nicht sonderlich. Ich zahlte den Eintritt und betrat zögerlich den umzäunten „Park“. Da tauchte auch schon ein Fotograf auf, mit einer Polaroidkamera, der mich begleiten wollte – und schließlich auch begleitete. Natürlich wollte er mich knipsen und die Fotos an mich loswerden. Ich war absolut nicht daran interessiert. Aber meine heftigen – und schließlich auch unfreundlichen –Versuche, ihn loszuwerden, ignorierte er einfach.

So ließ ich ihn eben unbeachtet hinter mir herlaufen. Ich kaufte einer alten Frau eine Menge Erdnüsse ab, die ich angeblich brauchen würde. Und schon – kaum dass ich die Nüsse in den Händen hatte – kamen die Affen an. Das sind Makaken – und die „lieben“ Tierchen sind sich ihrer Heiligkeit sehr wohl bewusst. Die wissen ganz genau, dass sie sich alles, aber auch wirklich alles, erlauben können und dürfen.

Nun, ich überreichte die Erdnüsse auf der Handfläche, sie wurden von da mit den Affenhänden weggenommen, das war ja noch ganz okay. Aber dann wurde der aufdringliche Fotograf aktiv. Plötzlich hatte auch er Nüsse in der Hand, mit denen lockte er eins der Tiere auf meine Schulter. Stellte sich dann eilig in Positur und knipste. Das ging alles in wenigen Sekunden vonstatten. Die Affen wussten ganz genau, was von ihnen erwartet wurde, sie kletterten beim ersten Wink hoch – und der Fotograf zeigte strahlend ein ach so hübsches Bild.

Wenn ich etwas hasse, dann sind es Affen auf meiner Schulter. Mir graust einfach vor diesen nicht allzu schönen Tieren und ich hatte auch den Verdacht, dass sie eine Menge Ungeziefer hatten. Also schnauzte ich den Fotografen an, ich würde sein blödes Foto nicht kaufen, ich hätte selber eine Kamera und bräuchte ihn nicht. Was den Typ überhaupt nicht tangierte.

So gingen wir weiter und kamen ins Zentrum dieses Waldes. Und da wimmelte es nur so von Affen. Der Fotograf drehte voll richtig auf und lockte jetzt gleich mehrere der Biester auf meine Schultern. Dort blieben die Tierchen natürlich nicht brav hocken. Nein, sie rissen an meinen Haaren – meine  armen, schönen, gepflegten Haare und die Pfoten dieser dreckigen Viecher da drin! – und zogen mir die Haarspangen aus der Frisur. Das war auch noch verdammt schmerzhaft. Im nächsten Augenblick waren die Affen auch schon wieder verschwunden. Unnötig zu sagen, dass ich meinen Haarschmuck nie wiedergesehen habe.

Damit war meine Geduld absolut zu Ende und meine Toleranzgrenze absolut überschritten. Ich brüllte den Fotografen – der schon wieder versuchte, Affen auf meine Schulter zu locken – an, er solle sich jetzt sofort verpissen, bevor ich ihm seine Fotos in den Hals stopfen würde. Ich verlor damit zwar nach asiatischem Verständnis mein Gesicht – aber was sollte mich das bei einem Typ, den ich in meinem Leben nie wieder sehen würde, schon tangieren? Ich warf den Beutel mit den restlichen Erdnüssen den Affen nach, die sich gierig darauf stürzten. Schob den Fotografen, der mich aufhalten wollte, brutal beiseite und rannte auf den Ausgang zu.

Und siehe da, die „lieben“ heiligen Tierchen wissen genau, dass man auf dem Rückweg keine Erdnüsse mehr hat. Ich wurde also in Ruhe gelassen, vom Fotografen genauso wie von den Affen. Trotzdem verringerte ich mein Tempo nicht, ich rannte, bis ich aus diesem Horrorwald wieder draußen war.

Dann tat ich einen feierlichen Schwur: Tigergehege, Löwenkäfig, Schlangengrube, ein Container voll mit Taranteln – kein Problem, da gehe ich rein. Ohne zu zögern, mit Vergnügen. Aber nie, nie, nie mehr wieder betrete ich einen Wald mit heiligen (oder auch nicht heiligen) Affen! Diesen Schwur habe ich bis heute gehalten – und werde ihn sicher auch weiterhin halten!

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