Martina Wiemers

Veronika der Jens ist da



Veronika, der Jens ist da“, singt Nachbar Krause nun schon zum dritten mal in seinem Vorgarten beim Zusammenfegen der heruntergefallenen Tannenzapfen unter Veronikas offenen Küchenfenster. Sie steht hinter der Gardine und ärgert sich über diesen unverfrorenen Kerl.

"Ja, es stimmt ,"Er" ist da, und bleibt auch noch über das ganze Wochenende. Doch was geht ihm das an, diesem alten Tratschmeier. Seine Neugier stinkt zum Himmel und seine fadenscheinige Freundlichkeit, versteckt hinter der Larve von selbstloser Hilfsbereitschaft, nervt sie schon lange.

„Lass ihn doch“ ruft Jens aus dem Schlafzimmer und fügt lachend hinzu: „Der ist neidisch und möchte zu gern Mäuschen bei dir, der sonst so Braven und Unnahbaren, spielen.“

Veronika geht ins Bad um zu duschen. Auf der Spiegelkonsole, neben ihrem Mundbecher, liegt die benutzte grüne Zahnbürste von Jens, dem Freund aus der Jugendzeit.

Als es gestern an ihrer Tür klingelte, erkannte sie ihn nicht sofort. Er hatte sich sehr verändert in den 25 Jahren seit dem Kuss auf dem Abiturball. Beruflich und privat verloren sie sich nach der Schulzeit sofort aus den Augen. Von seiner Mutter wusste Veronika allerdings, das er einige Jahre in Afrika lebte, dort geologische Probebohrungen nach Trinkwasser machte, eine Einheimische geheiratet hatte und das er seit Kurzem wieder in Deutschland ist.
Er fragte sie spitzbübisch, ob sie nicht Lust hätte, ihn abends ins Kunstzentrum zur Vernissage seines Freundes Freimut zu begleiten und schenkte ihr einen Strauß weißer Levkojen, ihre Lieblingsblumen.
Veronika versuchte nicht rot zu werden und verzögerte absichtlich ihre Zusage ein bisschen. Es wurde ein schöner Abend. Die Zeit verging wie im Flug. Freimuts Bilder gefielen ihr und mit dem charmanten Jens lies es sich gut plaudern. Er zeigte Veronika auf dem Nachhauseweg den „Großen Wagen“ und sagte an der Haustür beiläufig: Du kochst mir doch sicher noch einen Tee, blieb dann über Nacht und liegt immer noch in ihrem Bett.

„Komm Schätzchen, lass uns noch ein bisschen kuscheln“,schmeichelt Jens  zärtlich, als sie frisch geduscht ins Schlafzimmer kommt. Einladend schlägt er das Deckbett zurück und schaut Veronika dabei erwartungsvoll an. Bei seinem Anblick bekommt sie Herzklopfen und merkt ganz deutlich das Kribbeln der Schmetterlinge in ihrem Bauch. Schnell schlüpft sie zu ihm unter die Decke.

„Mit Knuppel, Noppen, oder Latex frei?“, fragt Jens frech und öffnet den kleinen Holzkasten vom Nachtschrank.
„Mit Noppen“, antwort Veronika frivol. Jens entnimmt das Kondom, beginnt an ihrem Ohr zu knabbern, schaut an sich herunter und beginnt lüstern leise zu singen:

"Veronika ,es bewegt sich da,
bei mir unten was beim Tralala,
denn du hast mich so verhext,
Veronika, mein Spargel wächst."

Laut lachend und voller Vorfreude zieht Veronika die Bettdecke über Jens und sich und merkt sofort, dass er recht hat.



© Martina Wiemers

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.03.2017. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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