Berta saß im Liegestuhl nahe am neuen Gartenteich und beguckte sich das Bilderbuch mit den Märchenbildern. Besonders schön fand sie das Schloss mit der Rosenhecke, in dessen Turm Dornröschen schlief. Sie verweilte lange bei dem Bild und versuchte sich das Märchen genau ins Gedächtnis zu rufen. War da nicht etwas mit einem Frosch? Oder doch eher mit einem Kater? Nein, fiel ihr ein, das hatte was mit einer Fee zu tun und einem Prinzen.
Plötzlich plumpste etwas in den Teich. Erschrocken sah Berta sich um. Was konnte das sein? Dicht an den Teich sollte sie nicht, das wäre gefährlich, wenn sie mit dem Kopf zuerst hineinfiele. Aber sie konnte doch schon ein paar Züge schwimmen! Also robbte sie auf dem Bauch an den Teich heran und sah hinein. Die Pflanzen im Teich bewegten sich ganz sacht hin und her. Sie waren noch nicht richtig angewachsen und waren auch noch nicht sehr dicht.
Zunächst sah Berta nichts, was nicht schon gestern im Teich gewesen war. Nur ein Blatt aus dem Apfelbaum schwamm an der Oberfläche.
Am gegenüberliegenden Rand aber bewegte sich jetzt etwas im Gras. Es war ein dicker Frosch, der schnell auf das Nachbargrundstück hüpfte. Würde der Frosch wiederkommen? Wie sollte sie ihn anlocken? Vielleicht würde Paolo das wissen.
Paolo lachte nur und fragte sie, ob sie einen Frosch als Haustier wollte, der nur lebende Fliegen und Mücken fressen würde. Etwas anderes würde ihm nicht schmecken. Mira bestätigte später das, was ihr Bruder bereits gesagt hatte. So ging Berta enttäuscht zu Bett. Beim Einschlafen murmelte sie dreimal: „Du musst wiederkommen, Frosch, du musst!!!“
In den nächsten beiden Tagen war Berta nicht vom Teich wegzubekommen. Sie lag fest entschlossen auf dem Rasen davor, die Umgebung im starren Blick.
Am Abend geschah es dann: der Frosch kam wieder und sprang in das Wasser.
Berta fasste mit beiden Händen hinein. Fast wäre sie kopfüber im Teich gelandet. Aber sie hatte Glück. In den Händen hielt sie den zappelnden Gesellen und setzte ihn schnell in den bereitgestellten Eimer. Obendrauf packte sie ein Kissen aus dem Liegestuhl.
Als das Zappeln im Eimer allmählich nachließ, lüftete sie vorsichtig eine Ecke des Kissens und schaute hinein. Da saß der Frosch auf dem Boden und guckte sie mit seinen goldenen Augen an. Berta nahm ihn vorsichtig in die Hände, drehte seinen Kopf zu sich her und gab ihm einen Kuss auf sein breites Maul.
Das war eine etwas glitschige Angelegenheit. Eigentlich ekelte Berta sich, aber immerhin, jetzt konnte der Frosch ihr einen Wunsch erfüllen, denn er war sicherlich der Froschkönig. Mit dem Daumen der linken Hand streichelte sie einmal über seinen Rücken und sprach: „Lieber Froschkönig, ich wünsche mir, dass ich zur Einschulung eine Schachtel mit den Leuchtfilzstiften bekomme. Gold und Silber sollen auch dabei sein. Dann kann ich dich malen und dir das Bild zeigen.“
Damit entließ sie den Frosch aus ihren Händen. Der verschwand schnellstens im Blätterdickicht des nahen Blumenbeetes.
Er kam nicht wieder.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.04.2017.
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