Doris E. M. Bulenda

Ruanda - Geldwechsel

Ich wollte in Ruanda (einem Kleinstaat in Ostafrika), es war in den 1990er Jahren, Geld wechseln. Ich durfte mich an einem Tisch etwas abseits der Bankschalter hinsetzen. Die üblichen Floskeln, „woher, wohin“, mussten abgearbeitet werden, dann ging's ans „Geschäft“ - 500 DM in die Landeswährung wechseln.

Der Bankangestellte erhob sich, kramte eine Weile in diversen Schränken und kam dann mit einem A4-Block wieder. Er machte sich gewissenhaft an die Vorbereitungen: Er schlug den Block auf, suchte Seite für Seite von Anfang an durchblätternd, das nächste freie Formular. Er strich mehrfach penibel über den Bund, damit die passende Seite auch offen blieb. Dann holte er mehrere Blätter Kohlepapier und legte sie sorgfältig ein: weißes Blatt – Kohlepapier, rosa Blatt - Kohlepapier, grünes Blatt – Kohlepapier – so ging das weiter, bis nach acht Blättern die Durchschläge zu Ende waren. Das Kohlepapier wurde ganz genau ausgerichtet und durfte nicht einen Millimeter über die Seiten herausragen.

Danach nahm er einen Kugelschreiber, prüfte diesen auf seine Schreibqualität, aber erst mal auf einem Stück Schmierpapier. Als nächstes testete er am rechten unteren Eck des Formulars mit einem Strich, ob der Kugelschreiber auch auf diesem Papier schreiben würde. Er betrachtete das Ergebnis gründlich und war sehr vertieft in seine Tätigkeit. Weiter ging's, es wurden am rechten unteren Eck mehrere Striche angebracht, der Stift wurde dabei fest aufgedrückt. Und dann wurde penibel geprüft, ob dieser Test durch das Kohlepapier wirklich auf alle acht folgenden Blättern übertragen worden war und auch gut zu sehen war.

Dann wurden die üblichen Daten in das Formular eingetragen: Name, Adresse in Ruanda, Adresse in Deutschland, Geburtsdatum, Namen der Eltern, Passnummer, Ausstellungsort und –tag, Einreisetag, Ausreisetag und Unterschrift. Alles ganz normal und bekannt bürokratisch bis jetzt.

Nach einer guten Stunde war das Ausfüllen des Formulars endlich erledigt. Der Banktyp lehnte sich zufrieden zurück. Er seufzte tief, nahm das Kohlepapier sorgfältig heraus, glättete es vorsichtig Seite für Seite und legte es wieder ab. Dann riss er langsam und penibel genau die einzelnen Seiten aus dem Block und verteilte sie: Weiße Seite in die Ablage, rote Seite vor an die Kasse, blaue Seite an mich, usw. Es blieben ein gelbes und ein graues Blatt übrig – die packte er beide auf einmal, riss sie nicht mehr so sorgfältig aus dem Block, zerknüllte sie und warf sie mit Schwung in den Papierkorb.

Auf meinen erstaunten Blick hin erklärte er mir: „Was soll ich machen, die liefern mir den Block immer mit diesen 2 überflüssigen Blättern – immer sind 2 Blätter zu viel dabei.“ Ich musste mich sehr beherrschen, um nicht laut loszulachen – warum hatte er dann das Kohlepapier überhaupt vor diesen Seiten eingelegt und dazu noch getestet, ob auch auf diesen Blättern schön durchgepaust worden war? Da ich mein Geld in der Landeswährung aber noch nicht hatte, der Banktyp mir aber schon meine DM abgeknöpft hatte, beherrschte ich mich und sagte lieber mal nichts. Wer weiß, was das sonst für eine neue Bürokratie ausgelöst hätte …

P.S. Das Auszahlen des Geldes klappte danach einwandfrei…

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