Klaus-Peter Behrens

Der Kater und sein Magier, 03

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Wenn man zweihundert baufällige Stufen in der Erwartung einer Auseinandersetzung mit einem grantigen Zauberer hinauf kraxelt, kann einem schon mal die Motivation oder die Luft oder auch beides abhandenkommen. Mit einem Schnaufen, das einem alten Schlachtross zu Ehre gereicht hätte, erreichte ich den letzten Treppenabsatz. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, wäre ich am liebsten auf der Stelle umgedreht, selbst wenn das bedeutete, Molla den blauen Topf schmackhaft zu machen.

Meister oder Molla?

Während ich mit wankender Entschlossenheit die wurmstichige Tür ins Auge faßte, erinnerte ich mich an den ersten Satz, den mir der Meister zu Beginn meiner Ausbildung eingeimpft hatte.

„Wenn du am nächsten Morgen nicht mit einer Kartoffel als Nase aufwachen willst, platze niemals ohne guten Grund und ohne vorher anzuklopfen in meinen Arbeitsraum“, hatte er mich angefaucht und mir bei jedem Wort zur Bekräftigung den Zauberstab auf den Kopf geknüppelt. Bisher hatte ich mich wohlweislich an diesen Rat gehalten, zumal ich ohnehin selten Gelegenheit hatte, aus der Küche wegzukommen. Nun aber war es an der Zeit für Neuerungen.

Wer sich an alte Regeln klammert, kommt nicht voran, versuchte ich mir Mut zu machen, während die leise Stimme der Vernunft in meinem Kopf mahnend ergänzte: ..lebt dafür aber länger.

Das bereitete mir Kopfzerbrechen. Wer wußte schon, ob der Meister nicht gerade in einem seiner beliebten, magischen Trancezustände zur Erweiterung des geistigen Horizontes im Einklang mit den mystischen Mysterien des Universums war? Molla hatte eine weniger prosaische Bezeichnung dafür. Sie nannte es Voll sein bis unter die Ladeluke. Egal, wie man nennen mochte, es empfahl sich nicht, den Meister in diesem Zustand zu stören. Diejenigen, die es ausprobiert hatten, quakten nun mit den ausgedienten Küchenangestellten um die Wette, was mich daran erinnerte, daß wir den Teich dringend vergrößern mußten.

Ich riß mich zusammen und versuchte, das Positive zu sehen. Sollte ich den Meister auf dem falschen Fuß erwischen, bräuchte ich zumindest keine Töpfe mehr zu schrubben. Also streckte ich die Hand zur abgegriffenen Türklinke aus und ging im Geiste noch einmal den Satz meiner Eröffnungsrede durch. Meister, so kann es einfach nicht weitergehen. Ich bin schließlich Zauberlehrling und erwarte, als solcher behandelt zu werden.

Daß mir der Meister vermutlich die ganze Zeit über genau die Behandlung hatte angedeihen lassen, die für Zauberlehrlinge angemessen ist, verdrängte ich vorsorglich. Die Zeit der Veränderung war angebrochen.

Meister, so kann es nicht weitergehen“, brüllte ich daher enthusiastisch den Beginn meiner wohlgefeilten Rede heraus, indes ich mit übertriebenem Schwung die Tür ohne anzuklopfen aufriß und dabei bestürzt feststellen mußte, daß diese auf halbem Weg auf etwas Nachgiebiges stieß. „Ach du Elend“, entgleiste mir meine wohl gefeilte Rede, als ich realisierte, daß der Gegenstand der Kollision das knochige Hinterteil meines Meisters war, der vornüber gebeugt gerade damit beschäftigt gewesen war, irgendetwas auf den Boden zu pinseln. Das allein wäre schon unerfreulich genug (nicht das Pinseln, sondern die Kollision). Viel schlimmer jedoch war der Umstand, daß der Meister sich offenbar gerade mitten in einem Experiment befunden hatte. Zumindest sprach das unergründlich tiefe, schrittgroße Loch inmitten eines Kreises aus mysteriösen, auf den Boden gemalten Symbolen für diese Annahme. Am schlimmsten jedoch war der Anblick des Meisters, der vom Schwung getragen gerade kopfüber in besagtem Loch verschwand.

Du Trottellllll.....“, war das Letzte, was ich noch von ihm vernehmen konnte, bevor er aus meinem Gesichtsfeld verschwand. Ich schluckte. Nicht nur mit meinem Meister, sondern auch mit meiner beruflichen Zukunft ging es gerade rapide bergab.

Wird fortgesetzt.....schaut nächsten Freitag mal rein

 

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