Klaus-Peter Behrens

Der Kater und sein Magier, 05

„Ich bin kein Zwerg“, knurrte ich verärgert, wobei ich mich streckte, um meine eins siebzig vorteilhaft zur Geltung zu bringen. „Ich bin immerhin einenmeterundsiebzig lang. Zwerge bringen es gerade Mal auf einenmetervierzig“, klärte ich das Ungetüm auf.

„Du willst einenmeterundsiebzig lang sein! Also entweder bin ich aufgegangen wie ein Hefekuchen oder du bis zu oft in der Waschmaschine Karussell gefahren, Kumpel“, überlegte der Dämon in einem Kauderwelsch, das mich zusehends verwirrte.

Waschmaschine?“, fragte ich irritiert.

„Vergiss es! Sag mir lieber, in welchem Jahr ich gelandet bin? Das sieht hier ja schlimmer aus als bei den Waltons!“

„903 nach dem großen Bums“, gab ich bereitwillig zur Auskunft und erhielt zum Dank ein erneutes, klagendes Miauen.

„Ich hab‘s ja immer gewusst: Die tun was in die Katzendrops! Ich hätte nicht gleich die ganze Packung verdrücken sollen“, klagte der Dämon. Dann blickte er mich mit einem flehenden Blick an, der Steine zum Erweichen bringen konnte. „Sag dem lieben Schmusetiger wo der Ausgang ist“, schnurrte er, während er um meine Beine strich. Ich widerstand dem unerklärlichen Impuls, ihm den Kopf zu kraulen. Vielleicht hätte er dies als Aufforderung zum Imbiß interpretiert und dann gute Nacht du schöne Großmutter. Also seufzte ich nur tief und begann, ihm eine entschärfte Version der Ereignisse zu erzählen, die die unwesentliche Beteiligung meinerseits außer Acht ließ und informierte ihn so nebenbei darüber, wo meiner Ansicht nach der Ausgang lag.

„Der alte Zausel ist also vor meiner Ankunft in dieses Loch gesprungen“, resümierte der Dämon, nachdem ich mit meinen Ausführungen zum Ende gelangt war. Mit deutlicher Abneigung musterte er den finsteren Schlund in der Zimmermitte, den ich in einem Anfall von Genialität zum Ausgang erkoren hatte. Zu meinem Bedauern verspürte der Dämon aber kein Verlangen, sich in denselben zu stürzen. Vermutlich kaufte er mir die Nummer mit dem Ausgang nicht ab. Somit schien es zu stimmen, was man sich über Dämonen erzählte.

Sie waren von Natur aus misstrauisch.

Wie aufs Stichwort richteten sich die grünen Dämonenaugen wieder auf mich. „Sieht er zufällig aus wie ein tatteriger Späthippy?“, bohrte der Dämon nach. Ich bejahte, auch wenn ich mit einem Späthippy nichts anfangen konnte, aber das mit dem tatterig war eindeutig.

„Der ist an mir vorbeigeflogen und hat in einer Tour Du Trottel gebrüllt“, erinnerte sich der Dämon, während er mich mit halb geschlossenen Augen nachdenklich musterte, als würde er über den Grund dieser Bemerkung nachdenken. Dieses durchdringende Starren aus den geschlitzten Augen machte mich nervös. Meine innere Stimme flüsterte hämisch: Gleich bist du fällig. Das galt es zu verhindern. Also bastelte ich in Windeseile an einer Erklärung, um den Dämon davon abzuhalten, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Im Leitfaden für den Umgang mit magischen Wesen wurde sicherlich nicht empfohlen, frisch aus ihrer Welt gerissenen Dämonen aufs Brot zu schmieren, daß man selbst für ihre Misere verantwortlich war. Da half nur noch bluffen.

Du Trottel hat er also gesagt! Ja, das paßt. Das war der Meister. Kein Zweifel“, gab ich mit nachdrücklichem Nicken von mir. „Er neigt immer ein wenig zur Unhöflichkeit, wenn er auf Fremde trifft.“

Mit möglichst unschuldigem Gesichtsausdruck sowie einem verdammt miesen Gefühl im Magen betrachtete ich mein Gegenüber und hoffte, daß er mir die Geschichte abnehmen und den Trottel nicht weiter hinterfragen würde.

„Also noch mal zum Verstehen für das kleine Katerchen“, schnurrte mein Gegenüber mit trügerischer Ruhe. „Der alte Zausel hat angeblich mit Magie herum experimentiert und so unsere Plätze vertauscht, ohne daß du damit das Geringste zu tun hast. Wolltest du mir das verklickern?“

Ich nickte und befürchtete schon, daß mein Gesichtsausdruck bis ans Ende aller Zeit fest frieren würde, als mich plötzlich tiefes Entsetzen ergriff. Siedend heiß fiel mir nämlich etwas ein, was ich bisher noch gar nicht bedacht hatte. Wenn die beiden die Plätze getauscht hatten, wo war dann der Meister gestrandet?

„Sag mal, Dämon..“

„Ich heiße Mikesch und bin ein Kater, Dumpfbacke“, unterbrach mich der Dämon.

„Was bei Wulles ausgelatschten Sandalen ist ein Kater?“

„Du weißt nicht, was ein Kater ist?“, fragte der Dämon fassungslos. Ich verneinte.

„Bei den Schnurrhaaren meiner Mutter, wo bin ich bloß gelandet? Also schön, dann hör mal gut zu. Kater wurden schon im alten Ägypten als heilige Tiere verehrt. Gewöhn‘ dich lieber schnell daran! Wir haben sieben Leben, ‘ne magische Aura, können in der Nacht genauso gut wie am Tag sehen, fallen immer auf die Pfoten und müssen regelmäßig gefüttert werden. Aber bitte keine Drops mehr. Noch Fragen?“

Ich verneinte, während der Boden der wohlbekannten Realität unter mir allmählich auf Nimmerwiedersehen verschwand. In was war ich da bloß hineingeraten?

Bevor ich diesen unerfreulichen Gedanken vertiefen konnte, erinnerte mich ein energisches Klopfen an der Tür daran, daß meine Probleme womöglich gerade erst anfingen.

 

  Nächsten Freitag mehr vom Kater.....  
 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Klaus-Peter Behrens).
Der Beitrag wurde von Klaus-Peter Behrens auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.05.2017. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Klaus-Peter Behrens als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Ein diabolischer Plan von Doris E. M. Bulenda



„Krachen, Scheppern und dann gewaltiger Lärm, als ein schwerer Gegenstand an die Wand geworfen wurde. Oh verdammt, die Verrückte spielte drüben in der Küche schon wieder ihr absolutes Lieblingsspiel – Geister vertreiben. Gleich würde sie hierher ins Wohnzimmer stürzen, wo ich versuchte, in Ruhe meine Hausaufgaben zu machen. Und dann würde sie mir wieder lang und breit erklären, welches Gespenst gerade versucht hatte, durch die Wand zu gehen und sie anzugreifen. Ich hasste sie! Ich hasste dieses Weib aus ganzem Herzen!“ Die 13-jährige Eva lebt in einer nach außen hin heilen, kleinbürgerlichen Familie. Hinter der geschlossenen Tür herrscht Tag für Tag eine Hölle aus psychischer und physischer Gewalt durch die psychopathische Mutter und den egomanischen Vater. Verzweifelt versucht sie, sich daraus zu befreien. Vergebens - bis ihr ein altes Buch in die Hände fällt. Als letzten Ausweg beschwört sie daraus einen Teufel. Er bietet ihr seine Hilfe an. Aber sein Preis ist hoch...

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Fantasy" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Klaus-Peter Behrens

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Das Tor zwischen den Welten, Teil 12 von Klaus-Peter Behrens (Fantasy)
Die Zauberblume von Joachim Garcorz (Fantasy)
Eine Überraschung von Marija Geißler (Wie das Leben so spielt)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen