Ich liege in einem Bett – einem sehr harten Bett. Ich bin ganz ruhig. Vor meinem inneren Auge tanzen viele bunte Kringel,
daraus werden wunderschöne Blumen und die wachsen rund um Oma`s Haus. In einer Hand ein Butterbrot, in der anderen ein Haferl Milch, so sitze ich auf der alten, windschiefen Bank vor ihrem Haus. Ich fühle mich so leicht und so frei.
Plötzlich steht er vor mir, der riesige weiße Ziegenbock! Geh` weg, geh` doch weg ... Himmel, weshalb kann ich mich denn nicht bewegen? Bringt endlich diesen Ziegenbock weg. Der
hat mich doch damals schon, als ich noch ein Baby war, den Abhang zum Nachbars-Bauern hinunter gekullert. Immer und immer wieder hat er den Kopf gesenkt und dann mit seinen
mächtigen Hörnern zugestoßen …
Das Radio hinter mir piepst dauernd, ein unangenehmer Ton
ist das. Und wie durch Watte höre ich eine leise Stimme:
»Geeertraud, hallo, Geeertraud …«.
Rief mich mein kleiner Bruder? Schön, dass er auch hier ist.
Klar und deutlich sehe ich ihn in seiner Lederhose und dem schreiend-roten Hemd mit einem Truthahn um`s Bett tanzen.
»Truuuthahn, ich bin röter aus du ... Truthahn ich bin röter als du!«, schreit er ein ums andere Mal. Der Truthahn gibt gurgelnde Töne von sich, springt in die Höhe und dreht sich wie ein Wilder im Kreis.
»Geeertraud, wach auf, jetzt komm schon!« Die Stimme ist weit, weit weg ...
Jetzt geht`s aber grad nicht, mein Onkel Willi winkt mir ... Er
sitzt in seiner Werkstatt und macht Holzschuhe – die Sohle
aus Holz, das Oberteil aus Leder. Für diese Schuhe ist er im ganzen Landkreis und weit darüber hinaus bekannt.
Eine Katze spielt zu seinen Füßen mit den Holzspänen. Ich
sitze auf einem Schemel daneben und reibe das Leder der fertigen Schuhe mit einer Speckschwarte ab, damit es schön glänzt. Aber es riecht gar nicht so wie sonst?
»Herrschaftszeiten Gertraud, jetzt werd` halt endlich einmal wach!« Die Stimme wird lauter.
Ich öffne die Augen einen Spalt – hell war`s, verdammt hell.
Mein rechter Arm war so schwer ... und gefroren hat`s mich. Was aber kein Wunder war, denn es war schon noch recht frisch im „Vater-Rhein-Brunnen“ in München, direkt an der Ludwigsbrücke. Aber die Hauptsache ist doch, dass ich hier heute mit meinem Bruder das Schwimmen üben durfte. Grad
lustig ist`s – auch wenn`s (oder grad weil`s), verboten ist. Plötzlich steht vor der „Neptun“-Figur einer im weißen Kittel,
mit dem Stadtwappen von München auf der Brust. Gerade dachte ich noch „net scho wieder“, da gibt er mir auch schon
eine saftige Watschn! Aber er hört nicht auf, er h ö r t nicht
auf – immer wieder klatscht er mir ins Gesicht ...
»Gertraud aufwachen, los jetzt, mach` schon!«, sagte die Stimme, sie klang äußerst resolut.
»Jetzt bin ich aber bald mit meiner Weisheit am Ende. Aber ich hab`s euch ja gesagt, mit dem Äther (!) muss man sehr sparsam umgehen!«
Ich reiße die Augen auf, alles dreht sich, alles war weiß, mehrere Leute stehen um mein Bett …
»Endlich – sie ist wach! Himmel noch einmal, das hat aber lange gedauert.«.
Und langsam dämmerte es mir:
Vor vier Wochen hatte ich mir den Arm gebrochen. Und weil das unser alter (im wahrsten Sinne des Wortes) Hausarzt
nicht erkannte, sondern nur eine Prellung (!) diagnostizierte, war der Arm mittlerweile an Handgelenk und Ellbogen falsch zusammen gewachsen. Deshalb musste er im Krankenhaus unter Narkose nochmals gebrochen werden ...
Gott sei Dank ist alles gut gegangen.
Das Glück blieb mir aber leider nicht lange treu, denn drei Monate später hab` ich mir den linken Arm gebrochen …
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.07.2017.
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