Maria von Däniken

Mit Stock über Stein und Sand durch die Wüste

Ob sie mich in meinem Alter (damals 67) auf ihren vorgesehenen Wüstentrip mitnehmen würde, fragte ich eine Bekannte, eine "Angefressene" der Wüste. Natürlich, meint sie, ich sei wie sie sehe in guter Kondition und sie werde den Rhythmus den Beteiligten anpassen. Sie selber auch nicht mehr die Jüngste, ist schon etliche Male mit den gleichen Führern in Marokkos Sahara unterwegs gewesen. Eines ist von Beginn an klar: leben in der Wüste ohne jeglichen Luxus. Das heisst: schlafen unter freiem Himmel oder im Gemeinschaftszelt, keine Toilette, die Mahlzeiten auf einem Teppich sitzend einnehmen. Andererseits die Führer für uns kochend, unser Gepäck von Kamelen getragen, bei zwei von diesen abwechslungsweise eine von uns aufsitzend. Ich bin begeistert, freu mich auf diese Reise. Genau so möchte ich einmal im Leben die Wüste erleben.
Nach einer Übernachtung in Marrakesh holt uns ein Clanmitglied unserer Wüstenführer - alles Berber - mit dem Geländewagen ab. Über den Altas, den Antiatlas - farblich eine wunderschöne Gegend - fahren wir nach Zagora, letzter Ort vor der Wüste. Hier übernachten wir, geniessen eine letzte Dusche - die nächste erst wieder nach 9 Tagen - und fahren am Morgen weiter, der Wüste entgegen, bis zur Wasserstelle wo uns Führer und Kamele erwarten.
6 Frauen, 4 Führer, 6 Kamele - 9 Tage von Camp zu Camp
Gemächlich wandern wir dahin. Jeden Tag eine weitere Etappe. Jeden Morgen Zelte abbauen, Kamele beladen, weiterziehen. Wunderbar diese Stille, diese Weite! Wir können sie voll geniessen, unsere Führer tun alles für uns. Sie kennen die Wüste. Der Ältere wuchs als Nomade auf, kann weder lesen noch schreiben. Er kennt jede Wüstenpflanze, weiss bei jedem Abdruck im Sand um welches Tier es sich handelt. Die wenigen Brocken Französisch oder Englisch habe er von Touristen gelernt. Sobald wir unser Tagesziel erreichen, will heissen, sobald wir nach etwa 4-5 Stunden Marschzeit einen etwas schattenspendenden Baum finden, werden die Kamele entladen. Sofort legt ein Führer den grossen Teppich für uns aus. Ein anderer kocht Tee. Sie stellen das Küchenzelt auf, beginnen mit dem Zubereiten der Mahlzeit (natürlich in der Tajine), füttern die Kamele und stellen zum Schluss unser Schlafzelt auf. Wenn die Nacht hereinbricht stellen sie Kerzen auf und entfachen ein Feuer. Auf heissem Sand oder Steinen backen sie feines Fladenbrot, jeden Tag frisch. Wenn sie mit der Arbeit fertig sind improvisieren sie Musik, singen ihre Lieder - leere Wasserbehälter als Trommeln. Exotische Musik, mir gefällt sie. Und wir sitzen im Kreis auf dem Teppich, geniessen leckeres Essen und trinken Tee. Grossartiges Ambiente unterm Sternenzelt.
Draussen schlafen oder im 6-er Zelt?
Keine Frage für mich. Schon vor der Abreise betonte ich: "Ich werde selbstverständlich immer draussen schlafen". Bisher hatte ich nie im Leben unter freiem Himmel geschlafen, auch nie in einem Zelt. Wie schön muss es sein, dies hier einmal zu erleben! Am liebsten würde ich die ganze Nacht wach bleiben, so überwältigend präsentiert sich das Sternenzelt. Ich liege da, muss nicht mal den Kopf heben, nur schauen, bewundern, danken für diese Schönheit und über das unendliche Universum sinnieren. 9 Nächte schlafen wir in der Wüste. Leider kann ich nur an 2½ davon draussen schlafen. 
Sandsturm und Regen
In der 3. Nacht beim Einschlafen kein Sternenhimmel, nur Wolken. Bald werde ich vom starken Wind aufgescheucht, es tröpfelt. Schnell, Schlafsack und Matte unterm Arm, ins Zelt verschwinden. Alle, inzwischen aufgewacht, tun das Gleiche. Einmal im Zelt gibt es  keine Ruhe, der Wind scheint es forttragen zu wollen. Zeltleinwand und Stangen müssen wir halten oder stemmen bis auch unsere Führer endlich aufwachen und das Zelt wieder befestigen - sie hatten es beim Aufstellen einfach zu wenig befestigt. Der Regen bahnt sich seinen Weg unten durch hinein ins Zelt. Wir jetzt schnell raus - Nässe hin oder her - grosse Steine suchen, die Leinwand rings ums Zelt beschweren, dem Regen Paroli bieten. Die restlichen Nächte sind zwar nicht mehr so stürmisch, aber bezüglich Wetter auch nie mehr so sicher wie zu Beginn der Wanderung. Dieses Erlebnis zeigt eindrücklich wie mächtig die Natur sein kann, wie verletzlich wir Menschen. Richtig ausgeliefert fühlen wir uns wenn wir uns in solchen Momenten nicht in unsere Steinhäuser zurückziehen können.
WC, Hygiene, usw. wie geht das in der Wüste? 
Eine Dusche oder ein Bad kann man ganz klar vergessen. Wasser eh kaum vorhanden. Trinkwasser schleppen die Kamele in 10-Liter Pet-Flaschen mit. Unsere Führer wissen wo Zisternen sind. An diesen tränken sie die Kamele, füllen die leeren Behälter wieder auf: für Abwaschwasser z.B. Für die tägliche Hygiene müssen Feuchttüchlein, zum Zähneputzen höchstens ein halber Becher Wasser reichen. Wasser ist einfach zu kostbar. Gepinkelt wird hinter Büschen, Sandhügeln oder grossen Steinen - auch "Hartes" verschwindet dort. Es wird in der Sonne trocknen und als Dünger die Wüste "nähren". WC-Papier hat jede dabei. Feuchtücher oder WC-Papier werden anschliessend verbrannt. Beim Packen vor der Reise durften Streichhölzer für das kleine Feuerlein danach....nicht fehlen. Ich erwache immer sehr früh, meistens die Erste. Beim ersten kleinsten Tageslicht, sobald ich sehe wo die Füsse hinsetzen, schleiche ich aus dem Zelt und suche mir den passenden Busch oder Sandhügel für die "Morgenhygiene". Auch dies, eine bleibende Erfahrung: Wenige Güter, doch ich lebe!

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Maria von Däniken).
Der Beitrag wurde von Maria von Däniken auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.08.2017. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Maria von Däniken als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Humorvolle Gedichte von Klaus Heinzl



Gedichte können romantisch sein, gesellschaftskritisch aber auch mal witzig und satirisch. In einer Zeit des Comedy ist dieses Buch ein herrlicher Zeitvertreib und lässt Heinz Erhardt und Ringelnatz wieder neu aufleben. Auch wurden bewusst fast alle Werke mit Grafiken ergänzt, die ebenfalls der Feder des Lyrikers entsprangen und den Unterhaltungswert steigern.

In 255 Seiten wurden 141 Gedichte vorgestellt, die sicher unterhaltungswertig sind und als Geschenkidee optimal geeignet. Lassen Sie sich vom Inhalt überraschen und bereichern Sie Ihr Archiv um dieses lesenswerte literarische Werk.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Autobiografisches" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Maria von Däniken

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Erkenne dich selbst von Maria von Däniken (Autobiografisches)
Mordlust 1956 von Paul Rudolf Uhl (Autobiografisches)
Ein Königreich für eine Lasagne von Uwe Walter (Satire)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen