Jürgen Malodisdach

Maienträume mit Hanna

Der kleine Bahnhof in J., eingerahmt von Bergen im Sonnenlicht und den vielen bunten Farben eines tollen Maientages, empfingen mich an einem Vormittag. Als wollten sie sagen, komm zu uns, erhole dich, lass dich umgarnen von Allem was wir zu bieten haben.

Die vielen Wälder, Wiesen, die wunderschönen An-und Aussichten, die Sportanlagen der Skispringer und anderer Wintersportler, lagen nicht mehr mit Schnee bedeckt herum. Sie waren grün von sattem Gras. Bevölkert von unzähligen Schafen, Ziegen, Kühen und auch Pferden.

Die Sonne schien mit einer Wärme und Freundlichkeit, wie ich sie schon so lange nicht mehr wahr genommen habe.

Meine Koffer hatte ich auf dem Bahnsteig abgestellt. Drehte mich noch einmal um, betrachtete den Zug auf seinem schmalen Gleis.

Die ausgestiegenen Fahrgäste waren schon vorbei gegangen. So konnte ich mir die kleine Lok mit ihren fast spielzeuggroßen Waggons ansehen.

Ich fühlte eine unendliche Ruhe und Zufriedenheit in mir. Der ganze Stress, die monatelange kraftraubende Krankenhauszeit ging jetzt zu Ende.

Erst einmal nahm ich mein Gepäck auf , ging durch das Bahnhofsgebäude bis auf den jetzt menschenleeren Vorplatz.

Bis auf eine spielende Katze gab es nichts an Beweglichem zu sehen. Also Koffer abstellen und mit der Umgebung vertraut machen, war angesagt.

Kleine Häuser, bunt , gepflegt, eingerahmt mit unterschiedlichen Zäunen aus den verschiedensten Materialien standen an der Straße aus Kopfsteinpflaster. Überall waren gepflegte Wiesen , Bäume und jede Menge Sträucher. Eine richtig idyllische Gegend empfing mich hier.

Die ganze Last, die Ängste und Schmerzen , die Unzufriedenheit waren dabei, zu verschwinden. Der Krebs in meinem Ohr war besiegt. Der Kunst der Ärzte und der ganzen Medizin habe ich zu verdanken, dass ich hier auf diesem Bahnhofsvorplatz stehen kann. Zwar klapperduerr und schlapp aber doch glücklich, eine mehrwöchige Kur antreten zu können.

Nun musste ich nur noch meine Unterkunft, das Kurheim finden.

Also kramte ich meine Brieftasche mit den Unterlagen aus der Innentasche der Jacke hervor. Irgendwo stand dann auch die genaue Anschrift meiner Unterkunft drauf.

Weit und breit war kein Mensch zu sehen den ich mal nach dem Weg befragen konnte.

Also ging ich einfach meinen Vorstellungen und Ahnungen und den vagen Wegbeschreibungen der Kurunterlagen nach.

Kam auch wirklich an. Wurde nett und freundlich begrüßt und nach Erledigung aller Formalitäten konnte ich mein Zimmer beziehen. Zusammen mit einem gleichaltrigen Mann, der ähnliche gesundheitliche Probleme hatte wie ich.

Bekanntmachen war angesagt. Für vier Wochen waren wir nun Leidens-oder besser gesagt Erholungsgefährten.

Er war verheiratet, hatte zwei Kinder. Ich war schon vor Monaten geschieden. Und war darüber überhaupt nicht böse.

Nach sechs Jahren Ärger und Uneinigkeit , dazu meiner Erkrankung, wäre für mich das Leben fast vorbei gewesen.

Gut war nur, dass ich verständnisvolle Arbeitskollegen und Freunde hatte. Sie halfen mir immer wieder aus schwierigen Situationen.

Erholung war angesagt. Dazu zählte sowohl die körperliche , also physische Kräftigung, wie auch die psychische Stabilisierung.

Dazu waren die wunderschöne Umgebung im Erzgebirge wie auch das geradezu passende Wetter im Mai diesen Jahres.

Mein Zimmerkollege war noch schlechter dran als ich. Er sollte zwanzig Kg an Körpergewicht zunehmen. Ich nur fünfzehn. Da wir uns auf Anhieb gut verstanden, machten wir Pläne zu unserer allseitigen Erholung.

Also futtern, Vieles und Gutes. Das war empfohlen. Dazu täglich reichlich Spaziergänge. Natürlich auch Sport treiben in vielen Varianten. Nicht übertrieben aber soviel wie einem gut tut.

Ausreichend Schlaf , nicht nur Nachts, auch der bei Kindern wenig populäre Mittagsschlaf waren empfohlen und gehörten zum Programm.

Wir waren zwar keine Kinder mehr , die Ruhe am Nachmittag war deshalb trotzdem eine tolle Maßnahme. Man musste nicht ins Bett, sondern konnte im Liegestuhl auf einer Wiese diese Zeit nutzen. Dazu diese herrliche Sonne. Es waren einfach beste Voraussetzungen für eine optimale Erholung gegeben.

So ging es nach dem opulenten Frühstück gutgelaunt und täglich besser und gekräftigter spaziergangmäßig in die Natur. Oft in kleinen oder auch größeren Gruppen unter Führung ortskundiger Wanderfreunde legten wir leicht in zwei bis drei Stunden fünfzehn km auf Schusters Rappen zurück.

Zur Appetitanregung konnte man vor dem Mittagessen noch ein Bierglas voll mit Rotwein, Eigelb, Zucker trinken und dazu Pralinen naschen. Wir wurden regelrecht gemästet.

Das tägliche Wiegen bestätigte diese Verfahrensweise. Dass die Stimmung unter diesen Umständen hervorragend war ist wohl verständlich. So war das auch beabsichtigt.

Nachmittags waren Sport und Spiele angesagt. Dazu war der Besuch des nahen Schwimmbades täglicher Spaß.

Wer Lust hatte, konnte nach dem Abendbrot in einer nahen Gaststätte noch ein Bierchen oder etwas Anderes trinken. Es war erlaubt. Der Wirt war ein prima Kerl. Wusste genau, wer aus dem Kurheim kam. Um 21 Uhr war Schluss mit Lustig. Da hat er uns nichts mehr verkauft. Und in der Zwischenzeit freundlich aber bestimmt das Limit festgelegt. Und es gab nie irgend welche Übertretungen oder andere Auffälligkeiten. Jedenfalls nicht in diesem, unseren Kurdurchgang.

Um 22 Uhr war Nachtruhe und die wurde auch eingehalten.

So vergingen die Tage und auch ich wurde immer dicker. Bei meiner Größe von 185 cm hat man das aber kaum gesehen. Ich habe aber schon allerlei Veränderungen bei mir bemerkt.

Zwei Wochen gingen so schnell vorbei. Es nahte das Bergfest mit all seinen Annehmlichkeiten.

Organisiert wurde von der Heimleitung ein gemeinsamer Besuch der bekannten Gaststätte. Am Wochenende waren wir deshalb Bestandteil der Gäste in dieser öffentlichen Veranstaltung mit Tanz und Unterhaltung. Der Saal war proppenvoll.

Es gab ja viele Urlauber in dieser schönen Gegend. Außerdem nutzten die Bewohner der umliegenden Orte diese kulturelle Möglichkeit zum Spaß und zur Freude jedes Einzelnen.

Der Saal war ganz schön groß. Bunte Lampions an Wänden und Decken, Tische schön dekoriert. Freundliche Kellner und – innen sollten und wollten alle Gäste freundlich bewirten. Natürlich auch zum eigenen Nutzen.

Für die Kurgäste waren etliche Tische reserviert. Die wurden auch gebraucht, denn die Erholungsbedürftigen hatten, ob Männlein oder Weiblein, ihre Angehörigen eingeladen, an diesem gemütlichen Abend teilzunehmen.

Eine richtige Kapelle, keine Musikbox oder anderweitige elektrische oder elektronische musikabspielenden oder musikproduzierenden Geräte, machten richtig Stimmung zum Tanzen und Lustig sein.

Ein paar einzelne Herren und Damen hatten sich an einem langen Tisch zusammen gefunden. Es wurde geulkt und Späße aller Art miteinander gemacht.

Die Tanzfläche war immer voller Paare. Wobei zu sehen war, dass es einen größeren Anteil von Frauen gab. Die tanzten dann auch öfter mal zusammen. Das ließ die Vermutung aufkommen, das die Anzahl weiblicher Urlauber und Kurgäste höher war als der männliche Anteil.

In unserer Runde war das unerheblich. Wir hatten genügend Unterhaltung, auch wenn bei uns die Männer in der Überzahl waren.

So wurde gelacht und getrunken ( aber vernünftig ) und auf alle möglichen Arten Unsinn gemacht. Nur gegessen haben wir nichts. Das lag daran, dass wir nach der Hälfte unseres Kuraufenthaltes bereits einen bestimmten Sättigungsgrad erreicht hatten. Die gute und reichhaltige Verpflegung zeitigte ihre Wirkung.

Ich könnte mir denken, dass das dem Wirt und seinen Angestellten nicht so gut gefallen hat. Aber was soll`s. Sie werden trotzdem gut verdient haben.

Im großen Getümmel der Vergnügungssüchtigen ergaben sich im Laufe des Abends ein paar Änderungen .

So musste ich feststellen, dass an unserem Tisch statt Anfangs zehn Personen jetzt nur noch Drei auf ihren Stühlen saßen. Alle Anderen waren irgendwo unterwegs. Sei es nun beim tanzen, an der Bar, bei Spaziergängen im Umland der Gaststätte, es war ja immer noch Mai mit einem wunderbaren Wetter.

Das erinnerte mich daran, dass ich ja auch mal ein Tänzchen machen könnte. Bisher hatte ich noch keine Ausschau nach Tanzpartnerinnen gehalten.

So richtig mutig war ich auch nicht, eher viel zu schüchtern oder zaghaft oder wie man das auch nennen möchte.

Da gerade eine Musik-und Tanzpause war, konnte ich mich einmal etwas umsehen, wo es alleinstehende – oder sitzende Frauen gab. Zu meiner Überraschung gab es eine ganze Menge davon in diesem Saal. Was meinem Mut zugute kam.

Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Als die Kapelle oder auch Band oder wie sich die musizierenden Künstler nennen mochten ihre Instrumente zum Klingen brachten, stürzten Scharen von tanzwütigen Herren über Gänge und sonstige Flächen um an die Tische und Stühle ihrer gewünschten Damen zu kommen.

Ehe ich begriff, dass ich viel zu langsam unterwegs zu einem ausgesuchten Tisch mit nett anzusehenden jungen Frauen war, haben die bereits ihre ersten Runden auf dem Parkett gedreht.

Hahahaha habe ich mich wieder einmal selbst ausgelacht. War gar nicht mal enttäuscht oder traurig sondern einfach zum xten Male um eine Erfahrung reicher.

Auf dem Rückweg zu meinem Platz kam ich an einem Tisch vorbei an dem zwei junge Frauen saßen und sich bei einem Glas Wein augenscheinlich nett unterhielten. Sie amüsierten und unterhielten sich und hatten für ihre Umgebung offenbar keine Blicke übrig.

So fragte ich mich, ob es sehr vermessen wäre, wenn ich eine der Beiden zum Tanzen bitten würde. Aber Schluss mit der Überlegerei und einfach die übliche Verbeugung an ein freundlich lächelndes Mädchen getan.

Sie stand mit einem entschuldigenden Blick an ihre offenbar Bekannte auf. Was wohl soviel heißen sollte, dass sie ja nichts dafür konnte, jetzt zum Tanzen gebeten zu werden.

Lächelnd kam die blonde und schlanke Frau in ihrem hübschen Sommerkleid auf mich zu.

Sigrid, sagte sie, sah mich dabei fragend an. Ich war schon etwas erstaunt über diese Bekanntmachung.

Wollte mich gerade vorstellen als sie sagte, ich weiß schon. Als wir vorhin einmal an eurem Tisch vorbei kamen, habe ich zufällig in der Unterhaltung die Namen gehört. Dabei lächelte sie wieder und sagte, gehen wir auf die ganz schön volle Tanzfläche ? So ging es dann weiter in der Unterhaltung beim Tanz zu der lauten Musik.

Dabei habe ich dann erfahren, dass Sigrid mit ihrer Freundin hier in der Gegend Urlaub machen, gerade erst angekommen sind und sich freuen ,jetzt vierzehn Tage lang alles genießen und erkunden zu können, was es hier so gibt.

Es machte mir Spaß und passte zu dem ganzen Milljöh, wie wir uns unterhielten. Ich sagte Danke zu Sigrid am Ende der Tanzrunde. Wofür meinte sie, wir sind immer so. Gut sagte ich. Den nächsten Tanz würde ich gerne mit der Freundin machen. Um zu sehen, ob sich alles so verhält wie sie sagte. Es war mir eine Freude, Sigrid an ihren Platz zu begleiten.

Ich setzte mich auf meinen Stuhl und wartete gespannt auf die Fortsetzung des abendlichen Vergnügens.

Als die Musik ertönte wartete ich diesmal nicht auf irgend eine besondere Situation, sondern ging zielsicher schnellen Schrittes in Richtung Sigrids Tisch um ihre Freundin zum Tanz zu bitten.

Und eine dazu gehörendeTextversion Aber wie das Schicksal so mitunter spielt, war Sigrid noch auf ihrem Platz, die Freundin aber entschwand Sekunden früher mit einem anderen Herrn. Pech gehabt, sagte ich mir. Der Abend war ja noch länger und Sigrid noch allein an ihrem Tisch. Und der vorherige Tanz mit ihr hatte mir viel Spaß gemacht.

Also wie schon öfter geübt, folgte der obligatorische Bückling, macht man das eigentlich heute auch noch so ? Und Sigrid erhob sich von ihrem Platz um mit mir wieder zur Tanzfläche zu gehen. So begann nun die zweite Runde, besser gesagt die zweite Gesprächsrunde. Sie verlief genauso freundlich und informativ. Es machte mir großen Spaß, an diesem Abend mit einem netten Mädchen zu tanzen und angeregt zu plaudern. Ihr ging es augenscheinlich auch so.

Als diese Tanzrunde zu Ende war gaben sich die Gäste ihren persönlichen Bedürfnissen nach. Die Bar war bis auf den letzten Platz besetzt und dazwischen war auch kein Platz mehr. Die Stimmung an unserem mindestens zehn Personentisch war überschwänglich gut.

Wie so oft in vorgerückter Stunde, gab es unter unseren Kurgästen stimmungsfreudige Diskussionen. An diesem Abend war das alles überragende Thema das Rauchen. Ausgehend von den umfangreichen Gesprächen über dieses Laster gab es immer wieder Vorträge von Experten mit Hinweisen über Schäden und auch darüber, wie man sich als Raucher diese Unsitte abgewöhnen kann und sollte.

Jetzt in dieser Veranstaltung war natürlich das Thema Rauchen besonders interessant. In vorgerückter Stunde und unter leichter alkoholischer Beeinflussung gab es naturgemäß die tollsten Theorien und Verhaltensweisen. Der Saal der Gaststätte war sowieso eine einzige große Räucherkammer.

Da kam doch einer unserer Kurgäste auf die glorreiche Idee eine Wette und den dazugehörenden Text zu verfassen, zu organisieren. Dazu suchte er Mitstreiter und fand sie auch. Unter lauter Hallos und Stimmungsmache fanden sich in unseren Reihen ein ganze Menge Männer und Frauen, die sich hieran beteiligen wollten.

Das waren alles aktive Raucher, die sich an diesem Tag dazu verpflichten sollten, konnten oder möchten ,das Rauchen sofort aufzugeben.

Es gab hier Gäste, die täglich zwei Schachteln Zigaretten , also vierzig Stück geraucht haben. Das war schon ganz schön mächtig gewaltig. Würden Egon Olsens Mitstreiter sagen.

In Ermangelung von Schreibpapier wurde auf Bierdeckeln der Text der Verpflichtung und die Namen der Beteiligten aufgeschrieben.

Die Verpflichtung beinhaltete u.A. die Präambel, das ab dem nächsten Tag von den Unterzeichneten dieses Textes nicht mehr geraucht werden durfte.

Wer das dennoch tat und erwischt wurde, musste an alle Mitmachenden, also Unterzeichnenden , am Ende des Kuraufenthalts eine Strafe von zwei doppelten Gläsern Belustigungswässerchen bezahlen.

Gemeint waren damit nicht etwa billige sondern preislich gehobene Getränke.

Bei fast zwanzig Beteiligten an dieser Wette wäre das eine enorme finanzielle Belastung gewesen. Die Wirkung dieser Quintessenz auch außerdem eine ganz schöne schaukelige Angelegenheit. So war es dann auch bei unserer Abschlußverantstaltung.

Beim Abschlußfest unseres Kurdurchganges haben natürlich fast alle Bierdeckelunterzeichner ihre Verpflichtung zur Aufgabe des Rauchens nicht eingehalten. Ich als Wenigraucher habe an dieser Wette nicht teilgenommen. Hielt es als das was es war. Nämlich als Jux einer angenehmen Stimmungslage, die ja von Vornherein zum Scheitern verurteilt war.

Aber an diesem Abend habe ich außer Konkurenz mit dem Rauchen aufgehört und nie wieder angefangen. Eine Konsequens, die ich niemals bereut habe. Aber auch leider bei anderen Notwendigkeiten nicht eingehalten habe.

Mit dieser angespannten aber lustigen Diskussionsrunde übers Rauchen und seine Wirkungen ging die große Pause der Tanzmusiker vorbei und wie auch alle anderen tanzwütigen Gäste machte ich mich auf den Weg um diesmal nicht Sigrid, sondern deren Freundin kennen zu lernen.

Sigrid war auch schon mit einem anderen Tänzer unterwegs zum überfüllten Parkett der Bewegungen.

Ich hatte also jetzt die große Chance ihre Freundin zum Tanz zu bitten. Tat das auch und war überrascht, wie schnell diese junge und hübsche Frau aufstand und zu mir kam. Am Rande der Tanzfläche sahen wir uns erstmals an. Und hörten nicht mehr auf. Jeder legte einen Arm und die dazugehörende Hand an die des Anderen.

Unsere zweiten Hände berührten sich. Was dann geschah kann ich nicht mehr so einfach beschreiben.

Wir sahen uns ja immer noch an und dazu in die Augen. Sprachen kein Wort. Hielten die Hände und standen wie angewurzelt. Ein greller Blitz , gefolgt von unheimlichem Donner, Kreischen, Quietschen, Getöse aller Arten lähmte alle meine Sinne. In meinem Kopf spielten sich unglaubliche Szenen der Gefühle ab.

Ich war nicht fähig irgend eine Bewegung zu machen oder auch nur die kürzesten Worte zu sagen. Meine Beine waren keiner Bewegung fähig. Nur meine rechte Hand hielt die Hand dieses Mädchens oder besser gesagt, dieser jungen Frau fest. Keine Musik drang in meine Ohren.

Was war los mit mir. Lebte ich noch ? Warum stehe ich hier, wollte ich nicht Tanzen und mich unterhalten ?

Eine unheimliche Stille war dann in mir. Ich spürte ein leichtes Zittern. Wo kam das her? Konnte es nicht sofort feststellen. Suchte nach den Ursachen und merkte dann, dass es nicht von mir kam. Dann kam langsam das Bewusstsein wieder.

Nicht nur Meines. Merkte jetzt, dass ich diese Frau immer noch im Arm hielt, ganz nah. Da passte kein Blatt Papier mehr zwischen uns. So drückten wir uns am Rande der Tanzfläche, umgeben von den vielen anderen Tanzpaaren.

Drückten uns die anderen so sehr und warum? Die Musik war verstummt. Alle warteten auf den nächsten Ton. Wir beide standen immer noch ganz eng beieinander, fast umarmt.

Wir hatten also eine ganze Tanzrunde so gestanden. Bewegungslos , auch atemlos ? auf jeden Fall wortlos.

Dann setzte die Musik wieder ein. Und dann passten sich unsere Körper dem Rhythmus der Musik und der anderen Tanzenden an. Immer noch sprachlos aber nicht gefühllos. Und das Getöse im Kopf und die grellen Blitze verwandelten sich in eine bunte Vielfalt von Blumen und anderen schönen Gegenständen.

Ein Meer das nicht mehr blau war sondern in den Farben eines Regenbogens schillerte und aus dem genauso bunte und freundliche Gestalten hervorkamen und wieder verschwanden. Die grüßten und winkten und wunderschöne Töne hervor brachten. Aber das war natürlich die Tanzmusik, zu der wir uns bewegten.

Unsere Augen sahen nichts Anderes als nur uns. Sie hatte wunderschöne Augen, so wie alles schön war an dieser Frau.

Ein hellblaues Stirnband, wie es auch von einer bekannten Schlagersängerin getragen wurde, rahmte ihre Frisur mit den mittelbraunen Haaren ein. Ganz natürlich, ohne irgendwelche Zusatzfarben. Alles war Natur an ihr und das passte zu dieser jungen attraktiven Frau.

Irgendwann war auch diese Tanzrunde vorbei.

Ich wollte sie zu ihrem Platz bringen. Ohne ein Wort, was sollte ich auch sagen. Was wollte oder sollte sie sagen. Jetzt fing wieder alles in mir zu schreien an. So kurz vor dem Loslassen unserer Hände. Wusste nicht weiter, was ich tun sollte.

Alles Übliche erschien mir banal, unwahr, eben falsch, überhaupt nicht passend zu dieser Situation. Und dann waren wir da. Unsere Hände wollten sich nicht loslassen.

Sie nahm mir die Pointe ab. Löste ganz sacht ihre Hand aus meiner, umarmte mich, drückte sich ganz fest an mich und gab mir einen wunderbar zärtlichen Kuss.

Ich war so perplex, dass ich erst gar nicht reagieren konnte. Die natürlichste Sache der Welt habe nicht ich getan, sondern dieser Frau überlassen.

Und dann lächelte sie mich an. Strahlte geradezu eine Wärme und Zärtlichkeit aus, die einfach wunderschön, eben nicht zu beschreiben war.

Hanna, Neunzehn, sagte sie nur. Der Name gefällt mir nicht, klingt so altmodisch, ich habe ihn mir nicht gegeben. Wurde mir gegeben. Ob ich wollte oder nicht. Kinder habe ich auch ein paar. Brauchst nichts zu sagen, küsse mich einfach nur, wenn …....

Weiter kam sie nicht, denn jetzt war ich wieder auferstanden aus meiner Lethargie. Das Küssen erledigte ich gleich. Dann musste ich herzhaft lachen. Über die vielen Kinder, die Hanna hatte. Es stimmte aber wirklich. Sie war ja Kindergärtnerin .

Das hatte mir Sigrid schon beim Tanzen erzählt.

Männer dürfen oder sollten nicht heulen. Egal aus welchen Gründen auch immer. Mir war aber im Moment danach. Ich war unheimlich glücklich darüber, eine wunderbare Liebe gefunden zu haben, das wünschte ich mir schon lange. Hier in diesen Augenblicken ist es passiert.

Ein Stuhl an dem Tisch war noch frei. Möchtest du noch einen Moment bleiben fragte Hanna? Ich wollte, setzte mich auf den Stuhl. Hanna tat das Gleiche, setzt sich auf den gleichen Stuhl also auf meinen Schoß. Wunderschön war diese Geste und die Küsse die wir tauschten.

Bis Sigrid die Idylle mit der Bemerkung beendete, dass sie das hat kommen sehen. Dabei strahlte sie genauso, freute sich über unsere plötzlichen Gefühlsausbrüche.

So ging langsam dieser schöne, für viele auch glückliche Abend, zu Ende. Die Kurgäste durften ihre Angehörigen verabschieden und sich zur wohlverdienten Ruhe in ihre Zimmer begeben.

Das betraf mich natürlich auch. Der wunderschöne Abend machte auch für neu Verliebte keine Ausnahme. Hanna und Sigrid waren zwar Urlauber und damit nicht an Vorschriften gebunden aber auch sie wurden langsam müde.

Die Kapelle rief zum letzten Tanz, diesmal noch einmal mit Musik ( hahaha ) auf und so war die Tanzfläche wieder voller tanzender Paare. Sigrid hatte auch einen Partner gefunden. Hanna und ich wollten natürlich nicht auf den Stühlen sitzen bleiben. Unsere Hände sprachen für unsere zärtliche Liebe, ließen sich überhaupt nicht los.

Es war schon ein besonderes Gefühl mit dieser Zärtlichkeit der ineinander verschränkten Finger immer wieder neu zu fühlen, wie ganze Feuerwerke und Blitze und Donner und Elektrizitätsströme durch unsere Körper rasten.

Dabei zitterten nicht nur meine Lippen . Auch Hanna vibrierte am ganzen Körper. Sie ließ mich spüren, wie glücklich und verliebt sie in mich war.

Wir fühlten nicht die Enge der Tanzfläche und damit der anderen Paare. Waren nur bestrebt uns ganz fest umarmt im Tanz zu bewegen. Die Musik hörten wir kaum, waren nur mit uns beschäftigt. Ließen im Tanz sich unsere Körper ganz ganz eng aneinander gedrückt fühlen.

Und dann war dieser schöne Abend vorbei.

Es war eine allgemeine Aufbruchstimmung bei Allen zu spüren. Nach dem Tanz, unsere Hände waren immer noch miteinander verbunden ( das war schon etwas unheimlich und wunderschön ) fragte Hanna spitzbübisch lächelnd, bringst du mich noch ein Stück? Ich wusste ja nicht wo ihre Urlaubsunterkunft war. Sigrid lächelte auch so komisch. So gingen wir fest aneinander gedrückt an den Gebäuden der Gaststätten und Urlauberhotels entlang.

Waren nach einigen Minuten wieder am Ausgangspunkt angelangt. Was mich etwas verwunderte. Jetzt verstand ich , warum Hanna vorhin so lächelte.

Hier wohnen wir, sagte Hanna nur und lächelte genauso wie Sigrid. Dann folgte eine neue ganz feste Umarmung und Hanna sagte nur, komm wir laufen noch ein Stück. Und so umkreisten wir alle unter vielen Küssen und Gelächter ein paarmal die Gebäude. Ein schöner Abschluss eines wunderschönen erlebnisreichen Abends.

Nach diesem sommerlichen glücklichen Sonnabend gab es auch noch einen herrlichen Sonntag.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.09.2017. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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