Doris E. M. Bulenda

Tansania – Einkauf einer Zahnbürste

Ende der 1980er Jahre machte ich eine Rundreise durch Ostafrika. Dabei war ich natürlich auch in Tansania. Ich machte längere Station in einem relativ großen Kaff namens „Arusha“, am Fuße des Kilimandscharo gelegen. Damals herrschte in Tansania der „real existierende Sozialismus“. Was eigentlich nur bedeutete, dass es nicht viel gab …

Kam man in ein Restaurant, bekam man eine gigantische Speisekarte, auf der alles verzeichnet war, was das Herz und der Magen nur begehren könnten. Nur, wenn man dann bestellte, kam auf jedes gewünschte Gericht: „Hamna“. Dieser Ausdruck war damals der Standard, das bedeutet: „Haben wir nicht“, „gibt es nicht“, „kenn‘ ich nicht“, „mag ich nicht“, „keine Ahnung“, „keine Lust“ und so weiter. Also einfach eine totale Ablehnung. Hatte man im Restaurant dieses „Hamna“ mehrfach gehört, änderte man die Taktik und fragte nach: „Was gibt es überhaupt?“ Dann wurden einem zwei oder drei Gerichte genannt, die verfügbar waren. Bananen mit Fleisch war immer dabei – geschmacklich nicht schlecht, aber das Fleisch muss dabei von einem jahrhundertealten, superzähen Vieh gestammt haben, es war nicht essbar. So war das Essen dann auf ein oder zwei Gerichte beschränkt – meistens dieselben. Das war übrigens im ganzen Land so. Wurden auf den Straßen tagsüber Tomaten verkauft, gab es abends Tomatensuppe. Waren es Zwiebeln, gab's abends Zwiebelsuppe. Immerhin eine Abwechslung …

In Arusha gab's auch einen Supermarkt, der in den Schaufenstern eine gigantische Warenvielfalt bot. Alles was das Touristen-Herz begehren könnte – leider war er nie geöffnet. Egal, wie oft ich daran vorbeiging, in den offiziellen Öffnungszeiten (die verdammt kurz waren) oder nicht, es war immer geschlossen. Das war wohl mehr ein „So-könnte-es-sein“-Beispiel als ein reales Angebot.

Dann brauchte ich eine Zahnbürste. Ich wechsle meine Zahnbürsten sehr oft, da bin ich etepetete. Also machte ich mich in Arusha auf die Zahnbürstensuche. Dabei landete ich auch in einem kleinen Gemischtwaren-Laden, der offensichtlich einer etwas älteren Inderin gehörte. Sie lächelte mich auf meine Frage an, deutete auf ein paar Dutzend verschiedene Zahnpasta-Tuben und meinte, ich könne es mir aussuchen.

„Nein, ich brauche keine Zahnpasta, sondern eine Zahnbürste.“ Die Inderin schaute mich entsetzt an. „Also, so was haben wir nicht.“ In dem Moment teilte sich der Vorhang, der wohl den Shop vom Wohnraum abtrennte und ein junger Mann – anscheinend der Sohn der Dame – kam durch.

„Doch, doch, wir haben Zahnbürsten. Irgendwo muss noch eine sein.“ Mit diesen Worten tauchte er unter dem Ladentisch ab. Dann fühlte ich mich an einen Zeichentrickfilm erinnert: Wo eine Figur nach etwas sucht und dabei wahllos die verschiedensten Dinge in die Luft wirft. Genauso war's hier auch, der Jüngling brachte die unglaublichsten Sachen zum Vorschein, seine Mutter nahm sie ihm ab und legte sie auf die Theke. Ich amüsierte mich köstlich und musste immer mehr an Zeichentrickfilme denken. Derweil verschwand der Jüngling immer tiefer in den Eingeweiden der Ladentheke, zum Schluss waren nur noch die Füße zu sehen. Und ab und zu eine Hand, die die Dinge herausreichte.

Dann tauchte der junge Mann wieder auf, über das ganze Gesicht strahlend: „Hier, da ist noch eine. Ich wusste doch, dass wir Zahnbürsten haben.“ Und tatsächlich, unter einer dicken Staubschicht war ein – zum Glück gut verschlossener – Blister mit einer Zahnbürste. Die ich natürlich sofort kaufte. Die Inderin und ihr Sohn strahlten mich an, ich strahlte auch und verließ den Laden wieder. Dann überlegte ich, wie lange wohl die Leute hier eine Zahnbürste benützen, wenn die so wenig gefragt waren – aber eigentlich wollte ich das gar nicht so genau wissen …

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