Jürgen Berndt-Lüders

Ich könnte lachen, wenn’s nicht so traurig wäre

Eigentlich halte ich mich für resistent gegenüber dem negativen Gefühl, das manchen beschleicht, wenn er Männer sieht, deren Herkunft nicht auf den ersten Blick erkennbar ist. Dunkle Gestalten sozusagen, Leute, denen mancher Ängstliche, Übervorsichtige  einiges zutraut. Heute früh beim Einkaufen wurde ich eines Besseren belehrt. Ich empfinde genau wie andere. Eine Schande ist das!

 

Wenn ich einkaufen gehe, klappere ich im Zickzack alle Gänge ab, sammle links und rechts Gewohntes, Bewährtes in meinen Einkaufswagen. Heute war das auch so, nur dass mir zwei Exemplare solcher Gestalten entgegen kamen, gleich zweimal. Da dachte ich schon, dass die beiden ein ganz anderes Kaliber seien als diese Jungspunde aus Syrien oder sonstwoher. Wohl Ende dreißig, unrasiert, ungepflegt, mit tiefschwarzen Augen und einem schrecklichen Rollen im Buchstaben R.

 

Naja, dachte ich, nun reiß dich mal zusammen, Denkfix. Nicht jeder, der nicht wie ein Deutscher aussieht, ist automatisch gefährlich. Was bildest du dir ein? Meinst du, dass du im Ausland besser ankommen würdest? Dass man dir nicht auch einiges zutrauen würde?

 

Die beiden waren an der Kasse direkt hinter mir, und als ich meinen Einkaufswagen nach draußen schob, sah ich einen Geldtransporter vor der Tür stehen.

 

Pass auf, Denkfix, befahl ich mir. Das passt ja wie die Faust aufs Auge. Merk dir mal die Gesichter. Wer weiß...

 

Ich ludt meine Einkäufe in den Kofferraum meines Wagens, als die beiden Finsterlinge an das Fahrzeug neben meinem traten und ihre Türen und Kästen dort einluden. Den Geldtransporter schienen sie nicht überfallen zu haben, dann ist ja alles in Ordnung, dachte ich.

 

Das Fahrzeug mit den Fremden fuhr davon. Ich sah auf das Kennzeichen. Europpäische Union und ein „H“ erkannte ich. Also Ungarn, das Viktor  Orbán Land, des Mannes, der keine Flüchtlinge will. Der seine ungarischen Landsleute so liebt, dass er die nicht mit Fremdlingen erschrecken will. Mit welchen, die sie nicht kennen und akzeptieren wollen. Na, da war ich ja anders... Gottseidank. Von wegen.

 

Ich schäme mich immer noch.

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