Sabine Sener

Familienbande, Teil 3

Opa Rudi und Oma Traude waren das seltsamste Pärchen, das ich je gesehen habe. Opa Rudi konnte sich sehen lassen; mit seinen 72 Jahren war er immer noch in Höchstform, da er öfters Sport trieb. Auf seinen Kaiser-Wilhelm-Bart, den er hegte und pflegte, war er besonders stolz.
Oma Traude, eine herzensgute Seele, war dagegen etwas unscheinbar, deshalb bevorzugte sie gerne bunte Kleidung und die dazugehörigen Halsketten und Ohrringe. Mit ihren 68 Jahren dachte sie wohl auch: Je oller, je doller!
Warum auch nicht, man lebt schließlich nur einmal!

"Baby Mike" war etwas traurig, dass seine Großeltern wieder weg waren, denn er war ihr besonderer Liebling und wurde dementsprechend verwöhnt, eben unser Nesthäkchen. Um ihn wieder aufzumuntern ging mein Vater mit ihm in den komplett neu renovierten Aquazoo. Dort gab es viel zu sehen, Pinguine, Fischotter und viele verschiedene Insekten, ganz nach "Baby Mikes" Geschmack. Und die aufgespießten Käfer hatten es ihm angetan! Mal wieder sehr zum Leidwesen meiner Mutter schleppte er fünf Käfer nach Hause, die allerdings noch lebten. Auf der Terrasse versuchte er dann, die armen Tiere mit einer Nähnadel (wo hatte er die schon wieder her?) aufzuspießen. Gerade noch rechtzeitig konnte meine Mutter das Schlimmste verhindern und "Baby Mike" bekam Fernsehverbot.

Nachdem meine Schwester Britta ihre Friseurprüfung mit Ach und Krach schaffte, entschloß sie sich, eine Kosmetikschule zu besuchen. Das lag ihr wesentlich mehr, denn für Farben interessierte sie sich schon immer. Ich kann nur sagen, dass ich davon profitiert habe, denn sie probierte sämtliche Kosmetikartikel an mir aus; und ich weiß jetzt endlich, was mir gut steht! Vielleicht wird sie Visagistin, da kann sie sich dann so richtig austoben.

Mein Bruder Klaus hat den verpatzten Haarschnitt überwunden, den ihm Britta einst verpasst hat. So konnte er sich nirgends mehr blicken lassen, und ich schickte ihn zum Friseur, der die Frisur gerade noch retten konnte. Klaus hatte jetzt große Pläne und möchte sein eigenes Restaurant eröffnen. Mediterrane Küche, der absolute Renner! Diese Chance durfte er sich nicht entgehen lassen und seine Zukunft wäre gesichert. Das nötige Know-how hatte er dafür und ich wünsche mir sehr, dass alles gut klappt!

Gut geklappt hat auch meine Stelle als Fremdsprachenkorrespondentin. Ich bin sehr zufrieden und habe einen supernetten Chef. Mal wieder Schwein gehabt!

Apros pro Schwein, meine Mutter versammelte uns eines Abends und erklärte uns demonstrativ, dass es von nun an kein Schweinefleisch mehr gäbe. Sie möchte einfach den ganzen Fleischkonsum reduzieren und dafür mehr Gemüse sowie einmal die Woche Rindfleisch und etwas Hähnchen- und Putenfleisch auf den Tisch bringen. Oh je, keine fetten Bratwürste und Schweinehaxe mehr, aber nach einigem Zögern waren wir alle damit einverstanden, weil es für die Gesundheit doch besser war.
Auch Katze Mimi ist wieder rank und schlank und tobt im Garten herum, nicht gerade zur Freude der kleinen Singvögel, aber wir passen schon auf!

Langsam wird es kühler und wir bauen auf der Terrasse ein Vogelhäuschen auf, damit die kleinen Vögel auch satt werden. Erdnüsse und Sonnenblumenkerne mögen sie besonders gerne, und wir haben unsere Freude daran, sie dabei zu beobachten. "Baby Mike" liegt ständig auf der Lauer, um die vier Ringeltauben zu vertreiben, die sich natürlich auch satt fressen und viel Schmutz machen. Aber wir sind ja tierlieb!

Unseren Beo haben wir nun doch in einem Vogelpark abgegeben, da hat er es bestimmt besser und kann dort schwatzen, so viel er will.
Wir konnten nun endlich wieder ungestört Besuch empfangen, ohne dass ein Vogel ständig laut dazwischen plapperte.
"Baby Mike" bekam zwei bunte Prachtfinken, die auch meiner Mutter gut gefielen.

Opa Rudi und Oma Traude kamen total begeistert von ihrer Kreuzfahrt zurück und hatten jede Menge zu erzählen. Besonders gut gefiel ihnen die abendlichen Shows und Tanzabende, und Opa Rudi schwang ordentlich das Tanzbein, denn die Mahlzeiten auf dem Schiff waren nicht ohne.
Er nahm glatt zwei Kilo zu, die jetzt wieder runter mussten. Oma Traude hatte da weniger Probleme, sie konnte essen was sie wollte, sie nahm nur wenig zu. Und das hatte seine Vorteile, denn sie entdeckte auf Ibiza jede Menge bunte Kleider, natürlich in ihrer Größe und auch der Modeschmuck konnte sich sehen lassen! Beladen mit ihrer Beute kehrte sie glücklich aufs Schiff zurück und Opa Rudi fielen fast die Augen aus dem Kopf. "Wo willst du das alles anziehen? An Karneval?" Oma Traude tat beleidigt und erwiderte: "Ich werde schon noch genug Gelegenheiten haben, die Sachen zu tragen, spätestens auf unserer nächsten Gartenparty."
Opa Rudi war einsichtig, denn er wollte keinen Streit provozieren. Schnell gab er ihr ein Küsschen und die Angelegenheit war damit erledigt.
Sie planten schon für das nächste Jahr eine weitere Kreuzfahrt, diesmal nach Brasilien. Na, da konnte Oma Traude doch ihre neuen Errungenschaften vorführen ohne groß aufzufallen, denn bunt ist schön und macht glücklich!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.12.2017. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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