Paul Theobald

Die drei Ehen der Frau Lustig

Das Leben eines Menschen geht oft seltsame Wege. Ob wir uns in der Phantasie vorstellen können, was es alles geben kann? Und so will ich von einer Frau berichten, die in ihrem Leben dreimal ver-heiratet war und ebenso oft geschieden wurde.
In jungen Jahren war sie eine Schönheit und die Männerherzen flogen ihr zu. Sie wurde von Verehrern mit Geschenken überhäuft und derjenige, der ihr die meisten Geschenke gebracht hatte, den nahm sie zum Manne. Sie dachte, dass, wenn sie verheiratet sind, ihr Leben genauso schön weitergehen werde, wie es vorher war. Doch nun gab es für sie keine Geschenke mehr und anstatt Liebe gab es in Hülle und Fülle Hiebe. Der Ehemann erklärte ihr, dass die Geschenke nur die Anzahlung dafür waren, was danach kommen wird. Und so landeten die Beiden vor dem Scheidungsrichter, der die Ehe aufhob.
Die Frau schwor, nie mehr in ihrem Leben heiraten zu wollen. Sie habe von Männern genug und die Schnauze voll. Doch dann begegnete sie einem Mann, der nicht nur gut aussah, sondern ihr noch Komplimente machte. „Sie sei die Schönste weit und breit, und er würde ihr ein Königreich zu Füßen legen, wenn er eines hätte.“ Und da die Frau die Komplimente gerne hörte, verabredete sie sich zu einem nächsten Treffen und immer wieder, bis es soweit war, dass er sie fragte: „Willst Du meine Frau werden?“ Was sollte sie antworten? Ihr gefielen die Komplimente und man ging immer, wenn man sich traf, zum Tanzen oder in ein Restaurant zum Essen. Ihrer Schönheit wurde immer mehr geschmeichelt: Einmal strahlte sie so hell wie die Sonne und dann so golden wie der Abendstern. Sie dachte, wenn wir verheiratet sind, wird es genauso weitergehen. Doch nun schlug das Schicksal eine andere Richtung ein. Man ging nicht mehr gemeinsam zum Tanzen oder zum Essen in ein Gasthaus. Der Ehemann ließ sich nun alleine im Wirtshaus volllaufen und wenn er nach Hause kam, fragte er: „Wo ist mein Essen?“ Und dann wollte er mit ihr schlafen, wenn sie dazu keine Lust hatte. Deshalb wurde er wütend und zertrümmerte die gesamte Kücheneinrichtung. So konnte es nicht ausbleiben, dass die Beiden vor dem Scheidungsrichter landeten. Der Richter kannte sie noch vom ersten Scheidungstermin und sagte zu ihr: „Sie scheinen kein Glück mit Männern zu haben!“ Darauf erwiderte sie: „Einmal wird schon der Richtige kommen. Die Hoffnung darf man nicht aufgeben!“ „Das wünsche ich Ihnen!“ sagte der Richter und nahm die Scheidung der beiden Eheleute vor.
Die Frau nahm sich nun vor, nie mehr einen Mann anzusehen. „Das sind lauter Kotzbrocken!“ sagte sie sich. „Auf ihr Süßholzgeraspel falle ich nicht mehr hereinfallen“ sagte sie zu ihrer Mutter, als diese sie fragte: „Willst Du nun das ganze Leben alleine bleiben?“ „Ja“ antwortete sie, „denn die Männer taugen alle nichts!“ Doch dann geschah es. Sie fuhr zu ihrer Schwester, die in die USA geheiratet und sie zum Besuch eingeladen hatte. Sie beschloss, das Schiff von Hamburg nach New York zu nehmen, denn sie wollte sich von der Größe des Atlantischen Ozeans überzeugen. An einem Tag war zum Abendessen ein Mann ihrem Tisch zugeteilt worden. Er sah nicht besonders gut aus, hatte aber gute Tischmanieren und stellte sich als Vertreter eines großen Unternehmens vor, der sich auf Urlaubsreise befand, und es deshalb nicht besonders eilig habe. „Sonst würde er mit dem Flugzeug reisen, aber welch ein Glück, dass er diesmal ein Schiff genommen habe, denn sonst hätte er sie nicht getroffen!“ sprach er. Am nächsten Abend begrüßte er sie mit Handkuss und mit „Gnädige Frau!“ Sie fühlte sich geschmeichelt und nach einigen Tagen sagte er: „Ihm sei von der Geschäftsleitung empfohlen worden, sich eine Begleitdame zu suchen, denn Geschäftspartner hätten schon angefragt, warum er immer alleine komme. Deshalb sei er als fehl am Platze, wenn zum Empfang geladen werde.“ Natürlich gab er großzügig Einen aus, „denn“, so führte er aus, „dies würde alles über Geschäftsspesen laufen.“ Als sich ihre Wege trennten gab er ihr seine Visitenkarte, auf der stand: „Generalvertreter von….“, was sie besonders beeindruckte, während er sich ihren Namen und ihre Telefonnummer notieren musste, was ihr sehr peinlich war.
Als eines Tages abends das Telefon klingelte und sie seine Stimme hörte, klopfte ihr Herz und es wurde lauter, als er sie fragte, ob sie ihn bei der nächsten Geschäftsreise begleiten wolle. „Diesmal müsse er einen Großkunden in Brasilien besuchen, weil dieser sich das neue Sortiment anschauen wolle und man rechne mit einem weiteren Großauftrag. Da es um die Karnevalszeit sei, könne man auch den brasilianischen Karneval erleben“ schwärmte er ihr vor. Endlich hatte sie einen Mann gefunden, der ihr die große, weite Welt zeigen konnte. Ihr Traum war immer gewesen, in der Welt umher zu reisen – nur hatte ihr dazu das nötige Kleingeld gefehlt. Und so antwortete sie erfreut auf seine Frage: „Ja, aber gerne!“
Mit dem Flugzeug ging es nach Rio de Janeiro. Man bezog ein erstklassiges Hotel. Sie wunderte sich nur, dass man den Geschäftspartner nicht zu Gesicht bekam. „Aber der sei eben im Karneval versackt“ erklärte er ihr und „dadurch habe man selbst die Gelegenheit, diesen zu genießen.“ Nach drei Tagen teilte er ihr mit, dass seine Firma ihn angewiesen habe, nach Deutschland zurück zu kommen. Der Großkunde soll im nächsten Monat besucht werden. „Dann fliegen wir nochmals nach Rio und du bist schon meine Frau, wenn du möchtest.“ Und ob sie mochte. In Deutschland angekommen, ging es ihm, aber auch ihr, nicht schnell genug, unter die Haube zu kommen, „dann“, so sagte er, „könne er sie dem Geschäftspartner als seine Frau vorstellen. Der wird Augen machen, wenn er sieht, dass ich verheiratet bin. Schließlich habe dieser immer erklärt, dass es ihm viel besser stehe, wenn er zu den Geschäftsempfängen mit einer Frau kommen würde.“ Natürlich zog man sofort zusammen und sie gab ihre Wohnung auf. Doch kaum hatten sie sich das Ja-Wort gegeben, wurden sie nicht von Geschäftskunden besucht, sondern es kam der Gerichtsvollzieher. Beim ersten Besuch des Kuckucksklebers erklärte er ihr, dass dies wohl ein Missverständnis sei und sich bestimmt alles aufklären werde. Aber als dessen Besuche kein Ende nahmen, musste er ihr gestehen, dass alles nur erstunken und erlogen war. Die schönen Geschäftsreisen hatte er mit Krediten, die ihm von Banken bewilligt wurden, finanziert und die Visitenkarte als Generalvertreter hatte er sich selbst drucken lassen. Da er die Kreditraten nicht bezahlen konnte, erschien der ungebetene Gast und forderte das Geld zurück.
So landete das Ehepaar vor dem Scheidungsrichter. Der alte war in Pension gegangen. Aber auch der neue kannte sich mit ihren Scheidungsfällen scheinbar gut aus, denn als er die Scheidung ausgesprochen hatte, fragte er sie: „Sehen wir uns einmal hier wieder?“
Sie schwor sich nun, nie mehr vor den Traualtar treten zu wollen, denn sie sei aus Schaden klug geworden, aber, so schränkte sie ein, dass im Himmel alles besser sei. „Und wenn ihre Ehe im Himmel geschieden werde, könne sie dann immer noch den lieben Herrgott heiraten, denn mit dem müsste die Ehe hinhauen“ erzählte sie den Bewohner/inne/n des Altenheimes, in dem sie heute lebt.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.12.2017. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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