Christiane Mielck-Retzdorff

Der Unsichtbare

 

 

Der fünfjährige Kenn hatte sein ganzes bisheriges Leben in dem Kinderheim verbracht. Zwar versuchten die Behörden anfangs Pflegeeltern für ihn zu finden, doch die Paare scheuten sich vor der Aufzucht eines Kindes, das einen so schwachen, kränklichen Eindruck machte. Zwar neigte der Junge nicht zu Krankheiten, erfreute sich sogar bester Gesundheit, doch allein sein Anblick ließ die Menschen an Siechtum denken. So musste er in der Gemeinschaft der Verstoßenen bleiben, in denen nur das Gesetz des Stärkeren herrschte. Da er sich kaum körperlich verteidigen konnte, versuchte Kenn möglichst unauffällig zwischen seinen Altersgenossen zu bestehen. Geduldig ertrug er auch deren gelegentlichen Demütigungen. Die Betreuerinnen waren zu beschäftigt mit ihrem Tagewerk, als dass sie ihn beschützen konnten oder wollten.

So auf sich allein gestellt, suchte der Junge sich Beschäftigungen und wenn es nur das Durchblättern von Werbezeitschriften oder den wenig anspruchsvollen Magazinen der Erzieherinnen aus dem Papiermüllcontainer war. Er brachte sich das Lesen und später das Schreiben noch vor Vollendung seines 4. Lebensjahres selbst bei. Gern saß er am Fenster und beobachtete die Wolken, die Vögel und die wenigen anderen Wildtiere in der Großstadt. Dabei lernte er stetig. Wenn der Knabe sich unbeobachtet fühlte, begann er die Funktionen der Küchenmaschinen zu ergründen. Wurde er ertappt, wanderte er für mehrere Stunden in einen Kellerraum, den alle nur den Kerker nannten.

Da die Betreuerinnen nichts von Kenns Lesekünsten ahnten, sahen sie keinen Grund bei seinem unbegründeten Aufenthalt im Büro, wo er eigentlich nichts zu suchen hatte, weil dort die persönlichen Unterlagen aller Kinder des Heims verwahrt wurden, misstrauisch zu werden. So gelang es dem Jungen in Erfahrung zu bringen, dass seine Mutter die Prostituierte genannt Barbie, bereits verstorben und sein Vater unbekannt war. Kenn musste lächeln, denn wenigstens hatte seine Mutter ihm wohl den Namen gegeben, wenn dieser auch ein „n“ mehr in sich trug als der des berühmten Gefährten von Barbie. Der Wunsch, diese kennenzulernen, wurde durch die Tatsache ihres Todes ebenfalls getötet.

Ab seines ersten Tages in der Schule langweilte Kenn sich dort. Lesen, Schreiben und Rechnen konnte er bereits. Ein Blick auf eine Landkarte reichte ihm, um alle Informationen in seinem Hirn zu speichern. Doch diese Fähigkeiten musste er verbergen, um nicht aufzufallen. Dem schmächtigen Kerlchen, dem es nicht mal gelang, an einem Seil hochzuklettern und der in Ballspielen keinen Ehrgeiz zeigte, hätte sowieso niemand eine besondere Begabung abgenommen.

Das Heim, in dem Kenn aufwuchs, war eine soziale Einrichtung, in der es ständig an Geld fehlte. Der einzige Fernseher gab irgendwann seinen Geist auf, in der Küche wurde noch mit der Hand geschnippelt und das Büro quoll beinahe über vor abgehefteten Papieren. Doch dann - Kenn war gerade 15 Jahre alt geworden und sollte bald die Einrichtung verlassen – spendete ein Unternehmer dem Heim einen ganz modernen Computer fürs Büro inclusive W-LAN und Internetflatrate, der von einem Fachmann installiert wurde.

Der Teenager wusste bereits viel über Computer, Handys und Internet, doch es fehlte ihm an praktischen Erfahrungen. Die meisten seiner Klassenkameraden waren ständig online, kommunizierten auf diesem Wege untereinander, schossen Fotos mit ihren Smartphones und mussten immer und überall erreichbar sein. Auch an der Schule wurde erwartet, dass sich die Schüler mit den neuen Medien auskannten. Es war nur Kenns überragender Auffassungsgabe zu verdanken, dass er von dieser Entwicklung nicht abgehängt wurde. Doch das Fehlen entsprechender Geräte stempelte ihn weiter zum Außenseiter.

Neugierig auf den Computer schlich er nach dem Abendessen ins Büro. Wie meistens wurde seine Abwesenheit nicht bemerkt, also fürchtete er keine Entdeckung. Aufmerksam betrachtete er das Gerät und entschloss sich, dieses einzuschalten. Als er den Knopf drückte, bekam er einen elektrischen Schlag und fiel in Ohnmacht.

Als er wieder erwachte schien die aufgehende Sonne durchs Fenster. Erstaunt richtete Kenn sich auf. Aus der Ferne hörte er das Klappen von Tellern. Alles um ihn herum machte den Eindruck des Beginns eines ganz normalen Tages. Auf der Büro-Uhr sah der die Zeit. Es war 6 Uhr.

Der Teenager fühlte sich nicht müde und konnte an seinem Finger auch keine Verletzung durch den elektrischen Schlag erkennen. Trotzdem meinte er, dass sich etwas in ihm verändert hatte. Er fühlte, wie sein Gehirn arbeitete. Das war grundsätzlich nichts Neues für ihn, doch diesmal meinte er eine Vielzahl von Impulsen zu spüren. Es schmerzte nicht, aber überzog ihn mit Unruhe.

Kenn schaute auf en Computer, der ausgeschaltet war. Dann streifte sein Blick das W-LAN, auf welchem leuchtende Punkte anzeigten, dass es in Kontakt zum weltweiten Netz stand. Dann war ihm, als würde ein Blitz durch seinen Kopf fahren. Sein Gehirn verband sich mit allen Netzwerken der Welt. Bilder, Worte und Zeichen flackerten vor seine Augen auf. Er meinte, Worte auf Deutsch oder in fremden Sprachen zu hören. Das Feuerwerk in seinem Kopf raubte ihm den Atem, quälte seinen Körper, bis ihm übel wurde.

Hastig rannte er aus dem Büro zur Toilette, wo er sich übergab. Danach herrschte wieder Ruhe in seinem Gehirn. Er setzte sich auf die Klobrille und dachte nach. Auch wenn Kenn hochintelligent war, brauchte er etwas Zeit, um zu begreifen, dass sein Geist in der Lage war, sich mit dem weltweiten Netz der Computer zu verbinden.

Ihm wurde durch einen Blick auf seine Uhr bewusst, dass er sich mehrere Stunden ungestört dieser Vernetzung ausgesetzt hatte, denn es war bereits Mittag. Auch an einem Sonntag würde seine Abwesenheit von den Betreuern bemerkt werden. Eilig begab er sich in die Gemeinschaftsräume und versuchte, den Eindruck von Normalität zu vermitteln, was ihm auch gelang, denn er hatte jahrelang daran gearbeitet, möglichst unsichtbar zu bleiben.

Kenn nahm sich vor, seine neuen Fähigkeiten sehr behutsam zu ergründen. Dazu brauchte er Ruhe und Konzentration. Er durfte der Versuchung der Einflussnahme erst nachgeben, wenn er sein Denken und Handeln kontrollieren konnte. Das war schwieriger als gedacht, denn es umgaben ihn unzählige Maschinen, die ans weltweite Netz angeschlossen waren. Jedes Handy forderte ihn auf, entweder den damit geführten Gesprächen zu lauschen oder die darauf gespeicherten Nachrichten zu lesen oder einen Ausflug in das Datennetz zu unternehmen.

Der junge Mann hatte gelernt, seine Begabungen geheim zu halten und sich zu beherrschen. Das erwies sich als sehr vorteilhabt. Mit Verstand begann er ruhig seine Fähigkeiten zu erforschen und stieß dabei auf immer neue Erkenntnisse.

Als in dem Heim der gesamte Strom ausfiel und eine Gruppe von Elektrikern sich bemühte, den Fehler zu finden, konnte Kenn helfen. Sein Gehirn zeigte ihm die gesamten, hinter Mauern verborgenen elektrischer Leitungen, deren Schaltpläne und wo der Fluss unterbrochen war. Plötzlich wurde ihm klar, dass er allein mit der Konzentration seiner Gedanken den Fehler beheben konnte. Doch das würde die Elektriker beschämen. Auch war sich Kenn nicht sicher, ob ihm schon beim ersten Versuch gelingen würde, die Stromversorgung wieder herzustellen. Also entschloss er sich, den Männern einen Hinweis zu geben, wo sie suchen sollten. Der Fehler wurde gefunden, behoben und die Handwerker konnten zufrieden sein.

Zufällig war auch deren Chef anwesend, dem der junge Mann, der sich offensichtlich mit Elektrik auskannte, auffiel. Also bot er Kenn eine Lehrstelle an. Das war ein Glücksfall. So konnte der junge Mann nach Abschluss der Schule mit 16 Jahren in ein Lehrlingswohnheim ziehen und sich bald sogar einen Computer leisten.

Doch während der Lehre musste er wieder darauf achten, nicht aufzufallen. Er wollte nicht zeigen, wie leicht ihm Theorie und Praxis fielen. Auch bei Problemen mit Computer fand er schnell eine Lösung, musste sich aber bewusst dumm anstellen, damit die anderen Lehrlinge in nicht als Streber ausschlossen.

Kenn zwang sich, gelegentlich an Feiern oder Treffen teilzunehmen, obwohl er lieber mit seine Gedanken im weltweiten Netz unterwegs war. Manchmal stieß er dabei auf sehr intime Geheimnisse von bekannten Menschen. Selbst Verbrecher scheuten sich nicht, ihre finsteren Pläne zu offenbaren. Doch er behielt sein Wissen für sich, denn noch fühlte er sich nicht stark genug, um seine Fähigkeiten kontrolliert einzusetzen. Auch fühlte er sich weder zum Richter noch zum Moralapostel berufen.

Die anderen Lehrlinge kannten nur zwei Themen: Frauen und Fußball. Kenn fühle noch kein Interesse am anderen Geschlecht, weswegen das Gerücht entstand, er sei schwul. Zwar äußerte er sich nicht dazu, doch war froh, weiteren Diskussionen über sexuelle Neigungen entkommen zu können. Nur zur Entspannung und um nicht zu andersartig zu wirken, besuchte er gelegentlich ein Fußballspiel, doch konnte die dort herrschenden Gefühle nicht nachvollziehen.

Um seinen Gedanken nachzuhängen und zu testen, wie ihm der Kontakt zu Satelliten gelang, suchte er die Einsamkeit in der Natur. Eines Tages entdeckte er ein junges Mädchen, das hinter einem Busch hockte und weinte. Ohne zu wissen warum, fragte Kenn sie nach der Ursache für ihren Kummer. Die Angesprochene schaute erschrocken zu ihm auf. Er lächelte sie freundlich an. Schon sprudelte es aus ihr heraus:

„Jeden Tag lese ich, wie hässlich und fett ich bin. Das wird dann noch mit anderen Nutzern geteilt und niemand widerspricht. Die ganze Welt hält mich für eine dumme Kuh.“

Dabei streckte sie Kenn ihr Smartphone entgegen. Blitzschnell klinkte sich sein Gehirn ins Internet ein, fand das Forum, in dem die beleidigenden Äußerungen standen und wer diese schrieb. Es bedurfte nur eines Gedanken von ihm und all diese bösen Worte waren gelöscht. Dann blockierte er noch den Zugang der Verursacher zu dem Forum. Niemals wieder sollten diese die Möglichkeit bekommen, Gemeinheiten zu verbreiten. Dann sagte er zu dem Mädchen:

„Zeig doch mal.“

Wenige Minuten später antwortete sie erstaunt: „Alles ist gelöscht.“

Kenn lächelte zufrieden.

„Mach Dir keine Sorgen. Bestimmt haben die Typen erkannt, welch einen Unsinn sie verbreiten. Du bist eine wunderschöne, junge Frau.“

Nun lächelte auch das Mädchen. Mit einem großen Gefühl der Freude ging Kenn weiter. Zusätzlich beglückte ihn die Erkenntnis, dass es wohl keine Firewall und kein Sicherheitsprogramm gab, das er nicht problemlos durchdrang. Nur mit der Kraft seiner Gedanken konnte er sich überall unbemerkt einschleichen. Dieses geschah offensichtlich mit derselben Geschwindigkeit, in der sich auch die Wellen zwischen Computern bewegten, mit Lichtgeschwindigkeit. Allerdings wusste er noch nicht, was er mit dieser Gabe anfangen sollte.

Als er so darüber nachdachte, wurde ihm auch bewusst, dass sich sein Gehirn kein Wissen mehr merken musste, sondern ungezwungen auf alle Datenbanken dieser Welt zugreifen konnte. So wurden seine Gedanken nicht durch unnützes Wissen ihrer Kraft beraubt. Wichtig war vor allem Konzentration.

Kenn suchte einen Geldautomaten auf und brauchte weder eine EC-Karte noch einen Code, um die Maschine zu bewegen, einen Betrag von seinem Konto auszuzahlen. Er erlag der Versuchung, sich in das Computernetzwerk der Bank einzuklinken, suchte das reich gefüllte Konto eines Fremden und wollte auch von diesem einen Geldbetrag abrufen. Als er jedoch erkannte, wie leicht es ihm gelingen konnte, brach er den Vorgang ab. Beinahe hätte er sich zu einem Diebstahl hinreißen lassen.

Wieder in seiner Wohnung, fühlte sich Kenn erschöpft. Er kannte das schon, denn bei solchen Aktionen verbrauchte sein Gehirn sehr viel Energie. Deswegen hortete er etliche Lebensmittel, die diese Lücke wieder auffüllten. Nach dem Essen gab er sich der ostasiatischen Meditation hin. Dieses gedankenlose In-sich-hinein-Versetzen förderte seine Konzentrationsfähigkeit.

Es klingelte an seiner Tür. Ungehalten über die Störung, wollte er doch wissen, wem er diese zu verdanken hatte. Seine Arbeitskollegen kamen dafür nicht in Frage, da sie mittlerweile eingesehen hatten, dass Kenn keine Besuche wünschte. Auch sonst fiel ihm niemand ein, der sich erdreisten würde, in unangemeldet aufzusuchen.

Der Blick durch den Türspion zeigte seine Nachbarin Stella, eine sehr hübsche, junge Frau etwa gleichen Alters, die ihm bereits aufgefallen war. Gesprochen hatten sie bisher kein Wort. Kenn öffnete.

„Entschuldigen Sie bitte die Störung, aber ich habe ein Problem mit meinem Laptop und bin ganz verzweifelt. Männer kennen sich mit Computern doch besser aus. Können Sie mir vielleicht helfen?“

Kenn lächelte sie an.

„Das versuche ich gern.“

Der Anblick dieser Frau weckte warme Gefühle in ihm.

„Lassen Sie uns dazu in ihre Wohnung gehen.“

Halb beschämt, halb erleichtert bat Stella ihn, ihr zu folgen. Sie servierte ihm einen Tee. Dann erklärte sie ihr Problem.

„Plötzlich ließ sich mein Laptop nicht mehr anstellen. Er ist einfach tot. Ich kann nur erkennen, dass er noch an den Strom angeschlossen ist. Aber ich brauche die Dateien. All meine Texte und Recherchen für eine Klausur sind dort gespeichert. Ich studiere nämlich Literaturwissenschaft. Natürlich war es dumm von mir, die Dateien nicht auf einer externen Festplatte zu sichern, aber ich habe einfach nicht mit deren Verlust gerechnet. “

Stella war ihre Verzweiflung deutlich anzumerken.

„Wir kriegen das schon hin.“, war die beruhigende Antwort.

Sie reichte Kenn das Gerät. Nun musste er vorsichtig sein, damit die Nachbarin nicht erkannte, über welche Fähigkeiten er verfügte. Während er wahllos einige Knöpfe oder Tasten drückte, drangen seine Gedanken in den Laptop vor.

Schnell erkannte er, dass jemand Fremdes sich Zugang dazu verschafft und alle Funktionen lahm gelegt hatte. Das zu reparieren war kein Problem. Doch Kenn merkte auch, dass einige Dateien gestohlen und anschließend gelöscht worden waren. Schnell verfolgte er deren Weg, holte diese zurück und löschte sie auf dem fremden Gerät. Dann veränderte er auf diesem noch das Passwort, damit der Dieb erstmal keinen Zugriff auf seinen Computer hatte. Er installierte ein neues - „UiTuR“. Das waren die Anfangsbuchstaben des Satzes „Ueb immer Treu und Redlichkeit“. Strafe musste sein. Dann schaltete er den Laptop von Stella ein und alles war wieder hergestellt.

Ungläubig starrte die Nachbarin auf den Bildschirm.

„Sie sind ein Genie!“ jubelte sie. „Sie haben mich gerettet. Aber woran lag es denn, dass plötzlich nichts mehr ging?“

Kenn fragte sich, ob er der Frau sagen sollte, dass sie Opfer eines Cyberangriff geworden war. Doch das würde ihre glückliche Stimmung trüben. Wenn er wieder in seiner Wohnung war, wollte er herausfinden, wer sich so hinterhältig in Stellas Laptop eingeschlichen und sogar Dateien gestohlen hatte. Vorerst beruhigte er sie mit dem Satz:

„Das war nur eine Fehlschaltung, die ständig bei solchen Geräten vorkommt.“

Beide plauderten noch ein wenig über das Studium der jungen Frau und stellten dabei fest, wie sympathisch sie einander waren. Wie ein sanfter Lufthauch wuchs ihr gegenseitiges Vertrauen. Kenn umfing ein seltsames Gefühl, das er nicht einordnen konnte. Stella übte eine magische Anziehungskraft auf ihn aus. Beinahe etwas furchtsam verabschiedete er sich.

Schnell wusste er, auf wessen Computer die Dateien gelandet waren. Auf seinem Streifzug durch diesen, erkannte er, dass es sich nicht nur um eine Kommilitonin von Stella handelte sondern die beiden auch befreundet waren. Das unterstrich die Gemeinheit der Tat. Doch sollte er diese Erkenntnis Stella preisgeben? Nein, er wollte sich nicht als Richter aufspielen. Außerdem konnte er niemandem erklären, wie er zu diesen Informationen gelangt war.

Etwas anderes hatte seine Neugierde geweckt. Offensichtlich suchte Stella einen Partner über ein Partnerschaftsportal. Drei Männer schienen ihre Favoriten für ein Treffen zu sein. Da waren der sportliche Markus, angeblich ebenfalls Student, doch tatsächlich ein arbeitsloser Maurer, Johannes, der auf einem Foto vor einem Luxusklassewagen posierte, vermögend, aber verheiratet war, was er natürlich geheim hielt und der feinfühlige Nathan, der auf unterschiedlichen Portalen und verschiedenen Namen nach Kontakten suchte. Doch diese Erkenntnisse wollte Kenn für sich behalten, auch wenn er bei der Vorstellung, Stella könnte sich mit einem dieser Männer oder vielleicht sogar allen treffen, ein schmerzhaftes Ziehen in seiner Brust verursachte.

Auf den Fotos sah jeder dieser Typen auf unterschiedliche Art sehr gut aus. Deren Erscheinungsbild schien Stella also angesprochen zu haben. Diesen Anspruch konnte Kenn aber nicht erfüllen. Er stand auf und schaute in den Spiegel. Hässlich war er zwar nicht, hatte volles dunkelblondes Haar, strahlend weiße Zähne und hübsche blaue Augen, aber damit ragte er nicht aus der Masse junger Männer heraus. Mittelgroß, schlank, jedoch wenig bemuskelt, weckte er vermutlich kaum das Interesse des weiblichen Geschlechts. Er zog in Erwägung, ein Fitnessstudio zu besuchen. Kenn hatte sich in Stella verliebt.

Gleich am nächsten Abend lud sie ihn als Dank für seine Hilfe zum Essen ein. Dabei unterhielten sie sich so ungezwungen, als wären sie schon lange Freunde. Zwischen ihnen herrschte Harmonie und Vertrauen. Und wenn Kenn in Stellas strahlendes Gesicht schaute, wuchsen seine Gefühle für sie stetig. Doch er war zu scheu und zu unerfahren, um sich ihr zu nähern. Zu groß war seine Angst vor Zurückweisung. So blieb ihm nichts weiter, als nachts von Stella zu träumen.

Als er am nächsten Morgen in der Elektrofirma erschien, herrschte dort Aufregung. In einigen Stadtteilen war bei Nacht vorübergehend der Strom ausgefallen, was zu Unfällen an Kreuzungen und sogar zum Tod eines frühgeborenen Säuglings in einem Krankenhaus geführt hatte. Niemand konnte sich die Ursache dafür erklären. Seine Kollegen rätselten herum, doch Kenn stellte sich ruhig vor den Firmencomputer.

Seine Gedanken rasten durch das Netzwerk, bis er herausfand, dass jemand die Zentralversorgung der Stadt mit Strom gehackt hatte. Dieser konnte nun von einem Computer den Strom wann er wollte an- oder abstellen. Und es war offensichtlich ein Profi, der seine Wege geschickt verschlüsselt hatte. Kenn lächelte und dachte: Nicht mit mir.

Es dauerte eine Weile bis er das Virus gefunden und ausgemerzt hatte. Nun war die Stromversorgung in der Stadt wieder sicher. Doch was hatte den Verursacher angetrieben? Eine kurze Nachforschung bei den Ermittlungsbehörden ergab, dass der Täter die Stadt erpresste. 20 Millionen forderte er. Offensichtlich war die Stadt bereit zu zahlen, um weiteren Schaden von den Bürgern abzuwenden.

Nun wollte Kenn verhindern, dass der Täter den gewünschten Erfolg erzielte. Aber wie sollte er erklären, dass er das Problem bereits gelöst hatte? Die Zeit drängte, denn die Verantwortlichen hatten offensichtlich so große Angst vor einem erneuten Stromausfall, dass sie zügig auf die Forderung des Erpressers eingehen wollten.

Also machte er sich daran, die Identität des Verbrechers zu ermitteln. Wo saß dieser Fiesling, der ein Baby auf dem Gewissen hatte? Kenns Kopf schien beinahe auseinander zu brechen. Er brauchte Energie. Zum Glück hatte er immer einen Vorrat an entsprechender Nahrung in seinem Spint. Seine Kollegen schüttelten den Kopf darüber, dass er angesichts dieser unerklärlichen Katastrophe kein Wort sagte, sondern stattdessen gierig aß und einen Liter Wasser in sich hineinschüttete. Aber sie fanden ihn ja schon immer seltsam.

Gestärkt suche Kenn einen Ort in der Firma auf, wo er ungestört war. Kurz sammelte er sich, denn er brauchte enorme Konzentration, um sein Vorhaben durchzuführen. Der Täter hatte seinen Weg über weltweit verteilte Server verschlüsselt. Wie ein Spürhund folgte er der Fährte durch das weltweite Netz, bis er den Computer gefunden hatte, von dem aus ein Virus die Stromversorgung in einigen Stadteilen lahmgelegt hatte. Dieser war zwar ausgeschaltet, doch Kenn drang über die Stromversorgung ein. Er fand die Datei auf dessen Festplatte, doch wollte diese nicht unschädlich machen, damit sie der Polizei als Beweismittel dienen konnte.

Er war neugierig, welchem Verbrecher er auf die Spur gekommen war, ermittelte dessen Namen und Anschrift. Dann suchte er nach einem Foto von dem Mann. Darauf zeigte sich ein blässliches, übergewichtiges Geschöpf von ca. 50 Jahren. Es entsprach genau den Vorstellungen der Allgemeinheit von einem Menschen, der in seiner Freizeit nur vor dem Computer saß. Als Kenn auch noch herausfand, dass dieser Mann bei den Stadtwerken arbeitete, die für die Stromversorgung zuständig waren, hatte er den letzten Puzzlestein gefunden.

Nur mit seinen Gedanken verfasste er ein E-Mail an die Polizei, in der er seine Informationen offenbarte. Niemand würde den Absender herausfinden können, aber er fühlte sich verpflichte, diese mit einem Namen zu unterschreiben, wobei er natürlich seine Identität nicht preisgeben wollte. Er zog es vor, unsichtbar zu bleiben und unterschrieb deswegen mit „Der Unsichtbare“. Nun blieb ihm nichts weiter, als zu hoffen, dass seine Hinweise auch ernstgenommen wurden.

Nun wurde es aber Zeit das Kaffeekränchen von seinen Kollegen zu unterbrechen und die Arbeit aufzunehmen. Mittlerweile war Kenn Meister des Elektrohandwerks. Es wurde sogar darüber gesprochen, dass er eines Tages die Firma übernehmen sollte. Die anderen Mitarbeiter schätzten zwar seine Arbeit, doch blieb er ihnen irgendwie unheimlich. Daran hatte sich der junge Mann gewöhnt.

Gerade als Kenn abends aus den Nachrichten erfuhr, dass der Schuldige an dem Stromausfall und Erpresser verhaftet worden sei, klingelte es an seiner Wohnungstür. Dort stand Stella mit einer Flasche Wein. Freudig bat er sie herein. Natürlich sprachen beide sofort über den Stromausfall. Stella war voll des Lobes für die Arbeit der Polizei.

„Ich hätte nie gedacht, dass die Polizei schon echte Computerexperten beschäftigt, die solchen Gangstern auf die Spur kommen. Wir können stolz auf diese Ermittler sein. Für mich sind das Helden, die die Bürger beschützen. Dadurch dass sie den Bösewicht dingfest gemacht haben, retten sie Menschenleben. Sie sollten das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen.“, schwärmte Stella.

Das geschmeichelte Grinsen in Kenns Gesicht konnte sie nicht sehen, da er gerade die Weinflasche entkorkte. Munter plapperte sie weiter und fragte schließlich:

„Wollen wir uns nicht gemeinsam den Krimi im Fernsehen anschauen. Irgendwie ist mir heute danach.“

Kenn, der sehr selten fernsah, schämte sich ein wenig seines betagten Geräts mit einem recht kleinen Bildschirm. Aber das schien die Besucherin nicht zu stören. Beide wollten sich gerade aufs Sofa setzen, als dem Gastgeber klar wurde, dass es unhöflich war, nichts wenigstens etwas zum Knabbern anzubieten.

„Hast Du Hunger?“, fragte er verlegen, ohne zu wissen, was er ihr anbieten sollte.

Stella lächelte und antwortete: „Nein, danke. Ich habe schon Abendbrot gegessen.“

Erleichtert gesellte sich Kenn neben sie und schaltete den Fernseher ein. Der Kriminalfilm war nur mäßig spannend, doch bei etlichen Szenen kuschelte sich Stella immer wieder an ihn. Bisher sträubte er sich gegen die Berührungen anderer Menschen, doch diesmal fühlte er behagliche Wärme in sich aufsteigen. Ohne darüber nachzudenken, legte er seinen Arm um die junge Frau, gerade als der Mörder in dem Film ein neues Opfer suchte.

Stella schaute in an und auch er wendete ihr sein Gesicht zu. Ihre Augen strahlten Ihre Lippen näherten sich verlockend denen von Kenn. Dann berühren sich diese zart wie ein Hauch. Kenn fühlte Blitze durch seinen Körper jagen. Dann sahen sich beide voller Vertrauen und tiefer Zuneigung an, bis sie sich wieder küssten.

Es war nicht schwer für Stella, sofort zu begreifen, wie unerfahren Kenn im Umgang mit Frauen war. Doch gerade seine zärtliche Unsicherheit berührte sie. Sie wollte ihm bei der Suche nach der Erfahrung der Liebe helfen. Ohne Drängen leitete sie ihn auf den Weg, bis er sich nie gekannten Gefühlen hingab. So wurden Kenn und Stella ein Paar.

Fortan verbrachten sie die meiste freie Zeit gemeinsam, wobei ihre Gespräche genauso zurückhaltend blieben wie ihre ersten Berührungen. Kenn hütete sich, ihr seine besonderen Fähigkeiten zu offenbaren und genoss es in ihrer Gegenwart ein ganz normaler Mensch zu sein. Stella liebte seine Schüchternheit, die Ruhe, die er verströmt. Bei ihm fühlte sie sich beschützt, auch wenn seine Erscheinung nicht der eines starken Mannes entsprach. Seine Klugheit und seine Besonnenheit betörten sie.

Erstaunlich empfand sie es aber, wie schnell sich Kenn zu einem hervorragenden Liebhaber entwickelte. Stella konnte ja nicht ahnen, dass er sich blitzschnell im Internet informiert hatte, wie ein Mann eine Frau beim Sex glücklich machen konnte. Dort erfuhr er auch, welche Bedeutung kleine Geschenkte und Aufmerksamkeiten für ein harmonisches Miteinander hatte. Stella war immer wieder überrascht, was für einen zärtlichen und zuvorkommenden Mann sie an ihrer Seite hatte.

„Stell Dir mal vor, was einer Bekannten von mir passiert ist.“, berichtete sie eines Abends. „Sie bestellte etwas im Internet und gab dort an, von welchem Konto der Kaufpreis abgebucht werden sollte. Tage später musste sie plötzlich feststellen, dass nicht nur ihr ganzes Konto leer geräumt sondern auch noch im Minus war. Sie meldete den Diebstahl bei der Polizei, doch diese machte ihr wenig Hoffnung, dass sie ihr Geld jemals wiedersehen würde. Irgendjemand hatte wohl ihren Computer gehakt und ihre Bankdaten gestohlen. Solche Täter arbeiten über Server im Ausland und sind kaum ausfindig zu machen. Die Ärmste ist vollkommen verzweifelt.“

„Das tut mir wirklich sehr leid für deine Bekannte.“, sagte Kenn, ohne sich anmerken zu lassen, wie es in seinem Kopf arbeitete. „Hast Du ihre E-Mail-Adresse?“

„Ja, aber wozu brauchst Du diese?“

„Ich habe einen Bekannten, der sich mit derartigen Gaunereien etwas auskennt. Vielleicht kann er ihr helfen.“

Stella gab Kenn die E-Mail-Adresse. Dann ging sie in die Küche, um Abendbrot zu machen. Er zog sich ins Badezimmer zurück, um ungestört zu sein. Dann rasten seine Gedanken durchs Internet, bis er den Dieb gefunden hatte. Den gesamten gestohlenen Betrag der Bekannten von Stella überwies er zurück. Wenn er schon mal dabei war, konnte er auch allen anderen Geschädigten helfen. Dann schrieb er eine Mail an die Polizei, in der er die Taten des Mannes schilderte, seinen Namen und seine Anschrift preisgab. Als er ins Wohnzimmer zurückkehrte gab er sich genussvoll und sehr hungrig dem Abendessen hin.

Diesmal gab es ein Leck bei der Polizei, denn am nächsten Tag titelte eine bekannte Tageszeitung „Hacker hilft der Polizei“. Weiter hieß es, jemand, der sich der Unsichtbare nannte, habe den entscheidenden Hinweis zur Ergreifung des Internetbetrügers gegeben. Damit wurde Spekulationen Tür und Tor geöffnet. Die einen sprachen von einem Helden, der endlich dem umfangreichen Missbrauch im Internet den Kampf angesagt hatte, die anderen von einem gefährlichen Verbrecher, das sich hinter Anonymität versteckte und vor dem kein Internetnutzer mehr sicher war. Am verdächtigsten war dabei, dass es niemandem gelang, den Absender der aufschlussreichen Mail nachzuverfolgen.

Unruhe machte sich in der Bevölkerung breit, weil viele Angst vor der Aufdeckung ihrer auf dem Computer gespeicherten Daten hatten. Firmen fürchteten Werkspionage. Fieberhaft wurden neue Sicherheitsprogramme entwickelt. Kenn amüsierte das Ganze nur.

Eines Samstags, als er morgens mit Stella im Bett frühstückte, schaute sie ihn mit unsicherer Miene an.

„Ich möchte Dir etwas erzählen.“, begann sie unerwartet gehemmt.

„Natürlich, mein Schatz.“, antworte Kenn, fürchtete dabei jedoch, sie könnte sich in einen anderen Mann verliebt haben. Es fiel Stella auch sichtlich schwer, den ersten Satz herauszubringen.

„Schon in meiner Kindheit hatte ich manchmal seltsame Träume. So träumte ich eines Nachts von einem Funkenregen, der auf unser Nachbarhaus nieder ging. Tatsächlich gab es bald ein Gewitter und ein Blitz schlug dort ein. Die alte Dame, die dort wohnte, konnte nicht gerettet werden und verbrannte. Als ich meiner Mutter von dem Traum berichtete und auch sagte, ich hätte die Nachbarin vielleicht retten können, lachte sie nur und meinte, ich würde zu viele Bücher mit Zaubergeschichten lesen.“

Kenn sah Stella an, dass sie dieses Erlebnis immer noch belastete.

„Später träumte ich davon, dass ein riesiger Vogel sich auf meinen Mathelehrer, den ich nie leiden konnte, stürzt und ihm den Kopf zerhackt. Am nächsten Tag wurde er beim Sturm von einem Baum erschlagen.“

Stella sah ihren Freund fragend an.

„Meinst Du, dass ich vorher so etwas träumte, war nur Zufall?“

Darin mehr als nur Zufall zu sehen, widersprach Kenns logischem Denken. Doch er wollte Stellas Vertrauen nicht als Spinnerei abtun.

„Vielleicht hast Du Visionen, die sich verschlüsselt offenbaren.“, versuchte er ihr sein Verständnis zu zeigen.

„Bisher habe ich noch niemandem davon erzählt, denn es klingt so unglaubwürdig, ja fast verrückt.“

Kenn nahm Stella zärtlich in den Arm, erleichtert dass kein anderer Mann im Spiel war.

„Du brauchst nie Geheimnisse vor mir zu haben. Ich liebe Dich mit und ohne Visionen.“

Stella küsste ihn, doch ihr Gesicht zeigte noch immer Besorgnis.

„Du weißt ja, dass ich heute Abend zusammen mit meinen Freundinnen ein Konzert im Stadtpark besuchen will. Heute Nacht träumte ich nun, dass wir dort zwischen vielen anderen Menschen vergnügt der Musik lauschen. Plötzlich kreisen Krähen über unseren Köpfen. Dann stürzen diese hinab auf uns. Da endete mein Traum.“

„Aber Du weißt doch, dass im Stadtpark viele Krähen sind. Dein Traum erinnert mich irgendwie an den Film „Die Vögel“. Dessen Handlung ist frei erfunden. Krähen greifen überhaupt nur an, wenn ihre Gelege bedroht werden, aber deren Nistzeit ist bereits vorüber. Mach Dir bitte keine Sorgen.“

„Kannst Du nicht doch mitkommen?“

„Ich mag solche Massenveranstaltungen nicht und außerdem möchte ich euren Mädels Abend nicht stören.“

„Ach, Kenn, nun hältst Du mich bestimmt für übergeschnappt.“

„Nein, nur für phantasiebegabt.“

„Du hast wirklich das Talent, mich immer wieder zu beruhigen. Ich liebe Dich!“ verkündete Stella und umarmte Kenn.

Diesen befiel am frühen Abend eine unerklärliche Unruhe. Seine Lebensgefährtin war bereits mit ihren Freundinnen unterwegs. Nun fühlte er doch das dringende Bedürfnis zum Stadtpark zu gehen, wo das Konzert stattfinden sollte. Das Areal war mit Bauzäunen abgesperrt, damit nur Besitzer von Eintrittskarten der Veranstaltung beiwohnen konnten. Der Platz war schon angefüllt mir ausgelassenen Menschen. Kenn blieb hinter dem Zaun und wartete, ohne zu wissen worauf. Als das Konzert begann, drängelten sich Massen auf dem Platz vor der Bühne. Irgendwo dazwischen musste Stella sein.

Die Sonne war noch nicht untergegangen. Plötzlich entdeckte Kenn am Himmel drei recht großen Drohnen, die sich langsam auf die Veranstaltung zu bewegten. Blitzschnell erkannte er, dass diese elektronische Zünder transportierten. Diese machten aber nur Sinn, wenn sich in den Drohnen auch Sprengstoff verbarg. Konnten das die Krähen sein, die sich in Stellas Vision auf die Zuschauer gestürzt hatten? Auf jeden Fall hatten diese Fluggeräte nichts über den Köpfen der Menschen zu suchen.

Stella bemerkte nichts von diesem Geschehen, aber ihre Blase drückte so sehr, dass sie eine Toilette aufsuchen musste. Diese standen etwas abseits beim der Umzäunung des Festivalgeländes und dahinter entdeckte sie Kenn. Glücklich, dass er nun doch bei ihr sein wollte, rief zu ihm herüber. Doch die laute Musik verschlang ihre Worte. Dann bemerkte die junge Frau, dass ihr Freund konzentriert zum Himmel schaute. Entsetzt nahm sie die Drohnen wahr. Aber diese drehten gerade bei.

Kenn hatte die Kontrolle über die Fernsteuerung der Fluggeräte übernommen. Er schickte sie einfach zurück zu den Stationen, von denen sie ihre Signale erhielten. Durch die Kameras der Drohnen konnte er verfolgen, dass sie zu einem leerstehenden, noch im Bau befindlichen Mehrfamilienhaus flogen. Dort im Erdgeschoss erkannte er nun drei Männer, die ungläubig erstarrt auf die Rückkehrer schauen. Die Drohnen steuerten auf sie zu.

In ihrer Panik wollten die Männer diese zerstören und drückten auf den Auslöser für die Sprengung. Dabei unterschätzen sie deren Kraft. Im Inneren des Gebäudes, dort wo sich die Männer aufhielten, kam es zu einer heftigen Explosion. Die Mauern erbebten, die Geschossdecke stürzte ein. Seiner Standfestigkeit geraubt, fiel das Haus in quälender Langsamkeit zusammen und begrub die Männer unter sich.

Auch wenn Kenn nach der Sprengung nichts mehr außer einer Wolke aus Geröllstaub über der Stadt sehen konnte, erfasste ihn Grauen bei der Vorstellung, was passiert wäre, wenn die Drohnen zwischen all den Zuschauern explodiert wären. Sicher hätte es Hunderte von Toten und Verletzten gegeben.

Zwar hatte Stella keinen Knall gehört, aber auch sie entdeckte die Wolke am Abendhimmel, an der Kenns Blick klebte. Dann sah sie, wie er, ohne sich umzuschauen, davon ging. Was hatte er hier gemacht und warum hatte er nicht versucht, auf das Gelände zu kommen, um sie zu treffen? Stella spürte wieder ihre heftig drückende Blase und ging zur Toilette. Anschließend kehrte sie nach längerer Suche in der Menge zu ihren Freundinnen in der Menge zurück. Die aus der Ferne erklingenden Sirenen von Feuerwehr, Polizei und Krankenwagen gingen im Lärm derMusik unter.

Als Stella wieder nach Hause kam, war sie bester Laune. Kenn schaute Nachrichten. Stürmisch umarmte und küsste sie ihn. Dann plapperte sie los.

„Das war ein tolles Konzert. Wir hatten so viel Spaß. Überall wurde spontan getanzt. Meine Freundin Susi lernte einen Typ kennen und beide knutschten schon nach kurzer Zeit herum. Love was in the air. Schade, dass Du nicht dabei warst.“

Sie warf sich neben Kenn auf das Sofa. Liebevoll schaute er in ihr strahlendes Gesicht.

„Es tut mir leid, aber Du weißt ja, wie sehr ich diese Massenveranstaltungen hasse.“

„Ja, es war wirklich brechend voll. Wir mussten echt aufpassen, uns nicht zu verlieren. Susi war mit dem Typen dann auch bald verschwunden.“

Der Bildschirm des Fernsehers zeigte gerade die Trümmer des zusammengestürzten Mehrfamilienhauses.

„Schon wieder so ein Attentat. Doch nicht etwa bei uns in Deutschland.“, bemerkte Stella entsetzt.

„Doch sogar in unserer Stadt, aber das Haus war noch nicht fertiggestellt und daher unbewohnt.“, antwortete Kenn.

Es war der ungewohnt betroffene Tonfall in seiner Stimme, der die Studentin aufhorchen ließ. Sollte sie ihm sagen, dass sie ihn außerhalb des Festivalgeländes gesehen hatte? Aber ihre Stimmung war zu heiter, um ein ernsthaftes Gespräch führen zu wollen. Stattdessen küsste sie erst seine Hals, dann seine Wange und schließlich fanden sich ihre Lippen zu einem leidenschaftlichen Kuss, der die Wonnen der Nacht einläutete.

Am nächsten Tag erfuhr beide Genaueres von der Explosion in einem unfertigen Mehrfamilienhaus. Unter den Trümmern waren die Leichen von drei Ausländern gefunden worden. Weitere Verletzte gab es zum Glück nicht. Über die Ursache für die Explosion herrschte noch Unklarheit. In ersten Vermutungen ging man davon aus, dass Attentäter an diesem Ort eine Bombe gebastelt hatten, die unkontrolliert hoch ging.

Erst am folgenden Tag stand etwas von den Überresten dreier Drohnen in der Zeitung. Das erschreckte Stella, denn sie stellte plötzlich einen Zusammenhang zwischen diesen und ihrem Traum her. Sie hatte doch die Drohnen gesehen, dort wo Kenn zum Himmel schaute. Hatte vielleicht ihre Vision ihn so sehr beunruhigt, dass er in ihrer Nähe sein wollte?

Schon kurz nachdem Kenn erfahren hatte, welche Auswirkung sein Eingreifen gehabt hatte, plagte ihn sein Gewissen. Drei Menschen waren zu Tode gekommen. Auch die Tatsache, dass diese vermutlich ein Blutbad unter den Besuchern des Festivals auslösen wollten, konnte nicht verhindern, dass er sich wie ein Mörder fühlte. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, welche Macht er mit seinen Fähigkeiten auszuüben er in der Lage war. Sein Handeln konnte Einfluss auf Leben oder Tod haben.

Abends saßen beide Gedanken versunken nebeneinander auf dem Sofa. Schließlich sprudelte es aus Stella heraus.

„Ich hab Dich hinter dem Zaun bei dem Festival gesehen.“

Kenn sah sie erstaunt und erschrocken an.

„Du schautest zum Himmel und dort flogen die Drohnen.“

Stella bemerkte, dass Kenn mit sich rang.

„Bitte, Liebster, ich muss wissen, ob Du dort warst, weil Du meiner Vision geglaubt hast? Wolltest Du mich beschützen? Ich sehne mich so sehr danach, dass Du meine Visionen ernst nimmst.“

Kenn seufzte.

„Du hast Recht. Auch wenn ich dem Übersinnlichen gegenüber sehr skeptisch bin, trieb mich eine gewisse Unruhe in deine Nähe.“

Stella umarmte ihn.

„Danke, danke, danke!“

Kenn atmete rief durch.

„ Es ist wohl an der Zeit, dass ich Dir gestehe, dass auch ich über besondere Fähigkeiten verfüge.“

Stella küsste seine Wange und sagte:

„Du kannst mir vertrauen und was immer Du mir sagst, bleibt unser Geheimnis. Ich weiß ja aus eigener Erfahrung, dass die Menschen sich damit schwer tun, das Unbegreifliche zu akzeptieren.“

„Du verstehst ja wenig von Technik oder Computern, deswegen versuche ich Dir in einfachen Worten zu erklären, was ich allein mit meinen Gedanken anstellen kann. Mein Gehirn ist ein Computer, der sich ohne Hilfsmittel mit jedem anderen verbinden und auf ihn Einfluss nehmen kann. Es gibt kein Sicherheitssystem, welches in der Lage ist, das zu verhindern, denn die Maschinen erkennen mich nicht. Wenn ich will, überwinde ich großen Distanzen mit meinen Gedanken und habe keine Probleme, mich mit Computern auf der ganzen Welt zu verbinden.“

Stella starrte ihren Freund ungläubig an. Sie verstand die Bedeutung seiner Worte nicht. Kenn lächelte.

„Dort auf dem Schrank steht dein Laptop. Es ist ausgeschaltet. Doch sieh hin, nun ist es an.“

Ein leuchtender Punkt an dem Gerät bestätigte das.

„Aufklappen musst Du es aber selbst.“, witzelte Kenn.

Stella holte den Laptop, klappte ihn auf und sah den beleuchteten Bildschirm, auf dem sie aufgefordert wurde, das Passwort einzugeben.

„Aber meine Dateien sind Passwort geschützt.“, triumphierte die Studentin.

„Richtig, aber auch dieses ist auf dem Computer gespeichert und für mich deswegen frei zugänglich.“

„Du kannst also alles lesen und ansehen, was sich auf der Festpalte befindet?“

„Genau, aber keine Sorge, ich spioniere Dich nicht aus.“

Stella war verunsichert und versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, was Kenn auf den Dateien alles finden könnte. Er legte den Arm um sie.

„Du siehst, mit meiner Fähigkeit ist eine große Verantwortung verbunden. Ich muss sehr sorgsam damit umgehen, um keinen Schaden anzurichten. Deswegen belastet mich auch der Tod der beiden Attentäter.“

„Aber sie hatten doch wohl die Absicht, die Besucher des Festivals in die Luft zu sprengen.“, protestierte Stella.

„Ja, so sieht es aus. Und ich habe auch die Sprengung in dem unbewohnten Mehrfamilienhaus nicht ausgelöst. Einer der Männer verlor die Nerven und drückte selbst auf den Auslöser. Seine Drohne explodierte daraufhin und entzündete so auch die anderen beiden.“

Die Erinnerung daran legte Trübsinn auf die Miene von Kenn.

„Aber Du hast mir und vielen anderen das Leben gerettet. Du bist ein Held.“, freute sich Stella.

„Aber dürfen Helden in das Schicksal eingreifen?“, sinnierte der junge Mann.

„Selbstverständlich. Dazu sind sie doch da. Du hast das Böse, das unschuldige Menschen töten oder verletzen wollte, ausgelöscht. Dafür hast Du einen Orden verdient.“

„Bitte denke an dein Versprechen, mein Geheimnis zu bewahren. Dir würde sowieso niemand glauben und meine Gedanken hinterlassen keine Spuren.“

Stella versuchte zu begreifen, was die Fähigkeit von Kenn bedeutete.

„Heißt das etwa, Du könntest so viel Geld wie Du willst auf dein Konto transferieren?“

„Richtig, und das meine ich mit Verantwortung. Ich möchte nur wie ein ganz normaler Mensch leben. Wenn jemand von meiner Gabe wüsste, würden sich gleich Mediziner, Wissenschaftler und Kriminelle auf mich stürzen. Denke bitte daran, dass ich genauso verletzlich bin wie Du. Also vergiss einfach, was ich Dir erzählt habe.“

„Es ist ja auch unglaublich. Aber es war meine Vision, die Dich zu dem Festival getrieben hat. Wir beide sind ein Team, das vom Schicksal zusammengeführt wurde. Wir werden sehen, was sich der Allmächtige dabei gedacht hat.“

Stella strahlte ihn voller Liebe an, sie umarmten einander und küssten sich.

„Ich habe nur noch eine Frage. Wenn ich dich richtig verstanden habe, brauchst Du selbst gar keinen Computer. Warum ziehst Du dich immer wieder in deine Wohnung zurück, um am Computer zu arbeiten?“

Kenn lächelte verlegen.

„Das war eine Lüge. Dort verbringe ich meine Zeit, um zu meditieren. Überall um uns herum schwirren unsichtbar Informationen umher. Ich muss immer wieder meine Konzentration trainieren, lernen meine Gedanken zu kontrollieren, sonst würde ich wohl irgendwann verrückt.“

 

Stella war eine lebensbejahende junge Frau, die sich weigerte, über Dinge nachzudenken, die ihr Gemüt belasten könnten. Also packte sie die Beichte von Kenn erstmal in eine Schublade ihres Gehirns und wendete sich wieder dem normalen Alltag zu. Natürlich kam ihr der Gedanken, dass es Kenn leicht fallen würde, das Thema für ihre nächste Klausur herauszubekommen. Aber so eine Tat ließ ihr Stolz nicht zu. Außerdem war sie sicher, dass ihr Liebster diesen Dienst verweigern würde.

Da sich die Presse und die Verantwortlichen darauf geeinigt hatten, dass die Attentäter ihrer eigenen Unfähigkeit zum Opfer gefallen waren, verschwand das Ereignis bald aus den Köpfen der Menschen. Der ganz profane Alltag hatte Stella und Kenn wieder.

Wochen später erwachten beide nachts um 4 Uhr durch einen lauten Knall, der durch das gekippte Fenster gedrungen war. Kurz darauf folgte ein zweiter. Kenn stand auf, ging zum Fenster und sah, dass auf einer Kreuzung ein LKW und zwei PKW aus verschiedenen Richtungen ineinander geprallt waren.

Der Unfall sah übel aus und da die Straßen so früh noch menschenleer waren, wollte Kenn die Polizei und die Rettung anrufen. Doch dann hörte er Stella noch schlaftrunken sagen:

„Die grüne Welle.“

Blitzschnell nahmen seine Gedanken die Verbindung zum Computer der Verkehrsleitzentrale auf und er stellte sofort fest, dass ein Hacker-Angriff alle Ampeln auf Grün gestellt hatte. Auch wenn das Verkehrsaufkommen noch gering war, musste dieses zu etlichen Unfällen führen. Kenn stellte den ursprünglichen Zustand der Ordnung wieder her. Dann fragte er Stella:

„Wie kommst Du auf eine grüne Welle?“

„Ich habe schon gestern davon geträumt. Sie rollte durch die Straßen und riss die Autos mit sich.“

„Das war eine Vision.“, bestätigte Kenn. „Ich habe das wieder in Ordnung gebracht. Doch warum hast Du mir nichts davon erzählt. Dann hätte ich vielleicht schon eingreifen können, bevor Unfälle geschehen.“

Beschämt antwortete Stella:

„Das tut mir leid, aber ich habe den Traum verschwiegen, weil er noch weiter ging und ich nicht wollte, dass Du denkst, ich wünsche mir von Dir Diamanten.“

„Wie kommst Du denn darauf?“ heuchelte der junge Mann Erstaunen. Er wusste, dass seine Freundin durchaus eine Vorliebe für glitzernden Schmuck hatte.

„Also wie ging der Traum nun weiter?“

Stella richtete sich im Bett auf.

„Plötzlich verschwindet die Welle und auf den Straßen liegen lauter funkelnde Steine.“

Kenn dachte kurz nach. Überall in der Stadt hingen Plakate, dass morgen in der Kunsthalle eine Ausstellung von wertvollen Edelsteinen, teils zu Schmuck verarbeitet, eröffnet wurde. War der Hackerangriff vielleicht ein Ablenkungsmanöver, um die Polizei zu beschäftigen?

„Ich fürchte, jemand stiehlt die Pretiosen in der Kunsthalle.“

Aus der Presse wusste er, dass dort eine hoch moderne, computergesteuerte Sicherheitsanlage eingebaut worden war. Kenn nahm zu dieser die Verbindung auf. Und tatsächlich war diese lahm gelegt worden. Auch die in allen Räumen installierten Kameras zeigten keine Bilder mehr. Nun musste Kenn mit Bedacht vorgehen, denn er wollte auf keinen Fall das Leben der dort arbeitenden Sicherheitskräfte gefährden, wenn diese überhaupt noch lebten.

Zuerst stellte er die Kameras wieder an. Gleich sah er seinen Verdacht bestätigt. Fünf bewaffnete Leute waren in das Gebäude eingedrungen und näherten sich gerade den Vitrinen mit den Edelsteinen und Schmuckstücken. Kenn lächelte und sagte leise:

„Zu früh gefreut.“

Dann aktivierte er die Sicherheitsanlage wieder. Sollten die Diebe nun versuchen, die Scheiben der Vitrinen zu zertrümmern, würde sofort ein stummer Alarm bei der Polizei ausgelöst. Es amüsierte ihn zuzuschauen, wie die Diebe versuchten, an die Pretiosen zu kommen. Ihnen stand das ungläubige Staunen buchstäblich ins Gesicht geschrieben.

Stella wurde ungeduldig.

„Was siehst Du?“

„Mach dein Laptop an. Ich schicke Dir die Bilder und am besten auch gleich der Polizei.“

Als sie diese sah, erschauerte sie fasziniert und sagte:

„Du bist ein Genie. Aber was geschieht nun weiter?“

„Ich habe alle Türen verriegelt. Die Gauner sitzen in der Falle. Nun werde ich mit den Augen der Kamera auf dem Vorplatz das Erscheinen der Polizei abwarten und dann die Türen wieder öffnen. Hoffentlich kommt es zu keiner Schießerei.“

„Ich habe gelesen, dass neben den Sprenkel Anlage in den Räumen auch Düsen eingebaut sind, aus denen ein Betäubungsgas eingeleitet werden kann.“, mischte sich Stella ein.

„Danke, meine Süße, das ist eine sehr hilfreiche Information.“

Während Stella die immer hektischeren Diebe auf dem Bildschirm ihres Laptops beobachtete, sah Kenn, dass ein ganzer Tross von Polizeiwagen und die GSG 9 auf dem Vorplatz eintrafen, die sich erstmal sortierten. Er ließ das Betäubungsgas in den Raum mit den Gaunern strömen und öffnete, nachdem diese zusammengesackt waren, alle Türen wieder. Er sah noch, wie das Gebäude gestürmt wurde.

„Nun lass uns wieder schlafen gehen. Ich muss früh raus.“

„Aber das ist so aufregend.“, jammerte Stella. „Und ich möchte noch wissen, was aus den Sicherheitskräften geworden ist.“

„Hat das nicht bis morgen Zeit?“

„Ach, bitte.“

„Ok, meine kleine Zaubermaus. Ich schaue kurz mal nach. – Die sechs Sicherheitskräfte waren in einem Wirtschaftsraum eingesperrt. Zwei von ihnen sind verletzt, aber ich kann nicht sagen wie schwer. Befriedigt das nun deine Neugier?“

„Und die Diebe wurden verhaftet, oder?“

„Natürlich, die Polizei brauchte sie nur einzusammeln. Als ersten konnten sie den Fahrer eines Geldtransporters festnehmen. In dem Gefährt sollte die Beute wohl transportiert werden. Es war für mich leicht, dieses mit einem Computersystem ausgestattete Auto lahm zu legen. Das hat den Fahrer so irritiert, dass er vergaß, zu Fuß zu flüchten. Es ist immer wieder erstaunlich, wie hilflos Menschen reagieren, wenn die vermeintlich unfehlbaren Maschinen versagen.“

„Und was ist mit dem Hacker, der die grüne Welle ausgelöst hat?“

„Dessen Computer funktioniert nicht mehr, doch seine Daten habe ich der Polizei übermittelt. Aber nun genug davon.“

Beide legten sich wieder ins Bett und Kenn fiel in einen beinahe komatösen Schlaf. Doch Stella war noch zu aufgewühlt. Neben ihr ruhte friedlich ein Held, von dessen Taten niemand etwas erfahren durfte. Kenn wollte unsichtbar bleiben. Was er leistete, würden sich andere Menschen auf die Fahnen schreiben.

Sie liebte diesen jungen Mann, der so schüchtern erschien und doch über großes Selbstbewusstsein verfügte. Er war klug und besonnen, doch hatte auch Verständnis für Stellas oft träumerisch versponnene Art. Mit Kenn wurde es nie langweilig, auch wenn er sie ungern zu Veranstaltungen begleitete. Er war ihr Ruhepol und Beschützer in einer hochtechnisierten, verwirrenden Welt.

Obwohl beide bereits über ein Jahr Tisch und Bett teilten, hatte Kenn Stellas Eltern noch nicht kennengelernt. Natürlich hatte sie diesen von ihrem Lebensgefährten erzählt, aber dem, über die Grenzen Deutschlands hinaus anerkannten Chirurgen und seiner geschätzten Frau, einer Professorin für Chemie, war es nicht gelungen, ihre Missbilligung über die Verbindung ihrer Tochter zu einem Elektriker aus dem Waisenhaus zu verbergen. Immerhin traten ihre älteren Söhne erfolgreich in die Fußstapfen der Eltern. Also werteten sie Stellas Verhalten als Laune ihres romantischen Nesthäkchens, die bald vorüber gehen würde. Deswegen drängten sie auch nicht auf ein Treffen mit Kenn.

Gern hätte Stella jemandem erzählt, was für ein Genie ihr Liebster war. Alle Menschen gaben doch gern mit ihren Partnern an. Aber sie war klug genug zu wissen, dass seine Fähigkeiten genauso unglaubwürdig waren wie ihre Visionen. Also musste sie sich an das Schicksal fügen, Teil von etwas Bedeutendem zu sein, ohne darüber sprechen zu dürfen.

Kenn erwachte nicht, als der Wecker klingelte. Seine Aktionen mussten ihn sehr angestrengt haben. Also rief Stella in seiner Firma an und entschuldigte ihn mit einer Magenverstimmung. Erst mittags schlug Kenn die Augen wieder auf.

„Verdammt, ich habe verschlafen. Warum hast Du mich nicht geweckt?“

„Weil Du nach deinen Taten Ruhe brauchtest.“, sagte Stella streng.

Kenn lächelte.

„Du hast Recht. Wenn ich erstmal in Fahrt bin, merke ich gar nicht, wieviel Energie meinem Körper dabei entzogen wird.“

„Die Nachrichten im Internet loben den Erfolg der Polizei und das umsichtige Handeln der Sicherheitskräfte. Einer von diesen soll noch den stummen Alarm ausgelöst haben. Was dann weiter geschah, soll dem computergesteuerten Sicherheitssystem zu verdanken sein.“

„Siehst Du, die Menschen finden immer für alles logische Erklärungen.“

„Ich finde, nach der ganzen Aufregung sollten wir Urlaub machen. Ab Montag habe ich Semesterferien. Was hältst Du davon?“

„Gut, dann suche uns mal ein nettes Ziel aus, aber bitte ohne Massentourismus.“

 

Stella und Kenn lagen in einer einsamen Bucht auf Menorca in der Sonne und dösten vor sich hin. Hin und wieder betrachtete der junge Mann seine Liebste und spürte dabei stets, wie ein warmes Gefühl durch seine Adern strömte. Allein ihr Anblick weckte eine starke Kraft in ihm. Er musste sich beherrschen, Stella nicht an sich zu reißen, sie zu liebkosen, um schließlich seiner Leidenschaft durch Vereinigung Erfüllung zu verschaffen.

Plötzlich schreckte die junge Frau mit einem Schrei hoch.

„Liebling, was hast Du?“

„Mich verfolgt ein Traum.“, antwortete Stella sichtlich beunruhigt.

Kenn richtete sich auf und nahm sie in den Arm.

„Das scheint ein Alptraum zu sein.“

„Ja, doch er beginnt ganz harmlos, beinahe märchenhaft.“

„Willst Du mir davon erzählen?“

„Zuerst ist da eine Marionette. Sie sieht aus wie ein Clown.“

„Ist das nicht eine Szene von einem Horrorfilm nach einem Buch von Stephan King?

„Ja, aber mein Clown sieht ganz freundlich aus.“

„Hast Du jüngst das Buch gelesen oder den Film gesehen?“

„Nein. Ich glaube, ich habe von beidem nur gehört.“

„Gut, wie geht dein Traum dann weiter.“

Stella seufzte und schien sich davor zu fürchten, die Bilder wieder in ihr Gedächtnis zu rufen.

„Mein Schatz, ängstige Dich nicht. Ich bin doch bei Dir.“

Zärtlich streichelte er ihr Haar.

„Also, plötzlich befreit sich die Marionette von den Fäden, durch die sie bewegt wird. Sie läuft trotzdem los, ist aber in einer Wüste. Dann wird sie von Menschen verfolgt, die zuerst mit Gewehren und dann mit Panzerfäusten auf sie schießen. Die Marionette wird zerstört, doch steigt dann als Wolke zu Himmel auf.“

„Nun ist sie also ein Engel.“, versuchte Kenn Stella zu beruhigen, aber fühlte nun in sich ein Gefühl der Bedrohung aufsteigen.

„Nein!“ protestierte Stella und schaute Kenn aus verzweifelten Augen an.

„Sie kehrt als dunkle Wolke zurück und tötet die Menschen, die sie verfolgten. Dabei hat sie eine ganze Armee als Unterstützung. Erst ist da nur eine gesichtslose Marionette, doch dann werden es immer mehr.“

„Das ist ja schrecklich.“, bestätigte Kenn. „Und weiter?“

„Da endet mein Traum. Verstehst Du, was er zu bedeuten hat?“

„Nein.“, antwortete ihr Lebensgefährte, doch seine Gedanken arbeiteten fieberhaft. Stellas Visionen waren immer verschlüsselt. Trotzdem meinte er einen Sinn darin zu erkennen.

„Aber warum träume ich die Ereignisse schon den dritten Tag in Folge?“

„Ich denke, wir haben in der letzten Zeit zu viele grausame Filme angeschaut. Das hat deine feinfühlige Seele wohl nicht verkraftet. Schau auf das wunderschöne blaue Meer. Siehst Du die Delfine dort hinten? Sie springen so fröhlich umher, als wollte sie Dir sagen, dass Du dich nicht zu beunruhigen brauchst, sondern einfach nur unseren Urlaub genießen sollst.“

Stella lächelte. Kenn hatte die Gabe, in ihre das Gefühl von Sicherheit zu wecken. In seiner Gegenwart verloren alle Schrecken die Bedeutung für sie. Und wenn ihr Traum eine Vision war, wüsste ihr Held schon damit umzugehen.

„Und ich habe jetzt Hunger.“, verkündete Kenn. „Lass uns ins Hotel etwas essen gehen.“

 

Während der Mahlzeit plauderte Stella wieder unbekümmert vor sich hin, schmiedete Pläne für den Rest des Tages. Kenn gab vor, sich einen leichten Sonnenstich geholt zu haben und bat sie, allein einen Ausflug in die Stadt zu unternehmen. Stella schmollte ein wenig, fügte sich dann aber seinem Wunsch.

Kenn zog sich, ausgestattet mit reichlich Nüssen und Traubenzucker, in das gemeinsame Zimmer zurück. Er ahnte, dass die Marionette in Stellas Vision eine künstliche Intelligenz war, die sich selbständig gemacht hatte. Wüste deutete auf eine Nähe zum Silikon Valley hin. Diesen Ort hatte er mit seinen Gedanken immer gemieden, denn dort waren so viele Daten gespeichert, dass er fürchtete, seinen Kopf zu überfordern. Doch nun wollte er sich in die Höhle des Löwen begeben.

Nur eine kurze Stippvisite in Silicon Valley bestätigte Kenn, dass es unmöglich war, in diesem Moloch aus Daten etwas zu finden, von dem er noch gar nicht wusste, wie er es erkennen sollte. Außerdem war ihm bewusst, dass er auch für Computer, in die er eindrang, unsichtbar blieb, weil die Kraft seiner Gedanken von ihren Systemen nicht erkannt wurde. Also konnte auch die künstliche Intelligenz, die sich verselbständigt hatte, nicht auf ihn aufmerksam werden.

Kenn entschied sich, mit seinem Computer zuhause zu arbeiten. Von dort aus wollte er die Geräte im Silicon Valley attackieren. Vielleicht würde sich dann das Gesuchte melden. So könnte er eine Verbindung herstellen. Wahllos schickte er Angriffsprogramme von seinem Computer ins Silicon Valley. Dort arbeiteten die Sicherheitsprogramme auf Hochtouren.

Plötzlich bemerkte er, dass etwas seinen Computer kontaktierte. Er hatte Verbindung zu der künstlichen Intelligenz. Kenn atmete tief durch und begab sich auf die Reise in deren Inneres. Sie hatte sich in einer Cloud versteckt, was auch Stellas Vision entsprach. Von dort aus hatte sie die Kontrolle über verschiedene Computer übernommen.

Zuerst war sie an den Ort ihrer Entstehung zurückgekehrt und hatte in dem Gebäude am Rande von Silicon Valley die Kontrolle übernommen. Dort herrschten Außentemperaturen von über 40 Grad. Nachdem sie die Klimaanlage so manipuliert hatte, dass sie nicht mehr kühlte sondern die heiße Luft in die Räume strömen ließ, verriegelte sie alles Türen und kappte die Wasserversorgung. Bald war es in dem Gebäude heiß wie in einem Backofen. Die Menschen, die dort arbeiteten, versuchten verzweifelt der Hitze zu entkommen. Sie schlugen sich um die letzten Wasservorräte, bis sie zusammenbrachen. All das konnte Kenn auf einem gespeicherten Video ansehen.

Noch nie hatte er ein so komplexes System kennengelernt. Es war mit unzähligen Computer vernetzt, seine Armee. Wer immer dieses Programm entwickelt hatte, musste ein Genie gewesen sein und lag vermutlich nun tot an seinem Arbeitsplatz. Außerdem war die künstliche Intelligenz lernfähig und arbeitete ständig an ihrer eigenen Verbesserung. Ihr Sicherheitsprogramm war bereits so ausgefeilt, dass ein Eindringen oder eine Manipulation schier unmöglich war. Nur Kenns außergewöhnlichen Fähigkeiten konnten es umgehen.

Doch zu seinem Entsetzen musste er feststellen, dass seine Anwesenheit in dem System schon bemerkt worden war. Noch konnte das Sicherheitsprogramm ihn nicht erkennen, aber es arbeitete auf Hochtouren an einer Abwehr. Was würde passieren, wenn dieses schließlich gelang?

Nachdem jene, die die künstliche Intelligenz erschaffen hatten, erkennen mussten, dass diese sich verselbständigte, hatten die Menschen alles versucht, um das System abzustellen, vermutete Kenn. Als das nicht gelang, zertrümmerten sie schließlich den ganzen Computer. Da war sie aber schon in eine Cloud entkommen. Und sie hatte gelernt, dass Menschen ihre Feinde waren.

Kenn war ein Mensch und bekam plötzlich Angst, dass die künstliche Intelligenz bis in sein Gehirn vordringen und es zerstören könnte. Gerade als ihn dieses Gefühl erschauern ließ, brach die Verbindung ab. Doch er musste einen Weg finden, dieses „Es“ unschädlich zu machen. Also klinkte er sich wieder ein. Das System musste eine Schwachstelle haben.

Der junge Mann fühlte, wie seine Energie immer wieder schwächer wurde. Dem wirkte er mit Wasser, Nüssen und Traubezucker entgegen. Er musste sich beeilen, denn mit jeder Sekunde wuchs die Gefahr, von dem System gefunden zu werden.

Plötzlich öffnete sich die Zimmertür und Stella stand im Raum. Es war draußen schon dämmrig. Sie schaltete das Licht ein und Kenn erkannte, dass sie ein wunderschönes, knöchellanges, neues Kleid an hatte. Sie sah so zauberhaft aus, dass sein Herz vor Liebe und Bewunderung überquoll. Und wieder brach die Verbindung zu der künstlichen Intelligenz ab. Doch das interessierte ihn in diesem Moment nicht.

„Mein Schatz.“, begrüßte er seine Lebensgefährtin. „Ich bin geblendet von deiner Schönheit. Das Kleid steht Dir einmalig gut.“

Geschmeichelt lächelte Stella ihn an, ging zu ihm und gab ihm einen innigen Kuss. Doch dann erspähte sie die Karaffe mit Wasser, die Reste der Nüsse und des Traubenzuckers. Auch seine Erschöpfung war Kenn deutlich anzusehen. Die junge Frau verstand sofort, dass er seine Fähigkeiten nutzte, um ihrer Vision auf die Spur zu kommen. Dabei durfte er keines Falls gestört werden. Also sagte sie.

„Ich gehe runter zum Essen. Soll ich Dir etwas mitbringen?“

„Nein, danke. Ich komme bald nach und dann genießen wir den Rest des Tages.“

Stella glaubte ihm zwar nicht, aber ließ es sich nicht anmerken. Sie huschte davon.

Wieder allein versuchte Kenn die Verbindung zu der künstlichen Intelligenz herzustellen, erkannte aber zu seinem Erstaunen, dass diese sich damit schwer tat, ihr System wieder ins Laufen zu bringen. Das Sicherheitsprogramm war teilweise zusammengebrochen. Etwas schien es zu überfordern. Dieses „Es“ arbeitete planlos, sendete wirre Signale.

Kenn grinste und dachte: „Auch ich bin lernfähig.“

Zum ersten Mal hatte das System sich abgestellt, als er Angst bekam. Nun war es zusammengebrochen, als sein Herz vor Liebe zu Stella überquoll. Lange hat er sich selbst schwer getan mit Gefühlen. Erst durch die Beziehung zu seiner Liebsten hatte er gelernt, diese zuzulassen, ihnen Raum zu geben. Doch Computer kannten keine Gefühle. Vielleicht würden sie irgendwann damit umgehen können, aber noch war die künstliche Intelligenz nicht so weit. Das war ihre Schwachstelle.

Kenn brach den Kontakt ab, zog sich besonders chic an und machte sich auf den Weg ins Restaurant. Stella strahlte bei seinem Anblick.

„Ich freue mich, dass Du mir Gesellschaft leistest. Heute ist wieder frischer Fisch auf der Karte. Der war doch so lecker.“

Dann erzählte die junge Frau, was sie alles bei ihrem Ausflug in die Stadt erlebt und gesehen hatte. Dabei aßen sie genüsslich ihr Mahl, wobei Kenn bewusst auf Wein verzichtete. Stella bemerkte wie Erschöpfung und Anspannung aus seinem Gesicht wichen. Stattdessen leuchtete Liebe in seinen Augen.

Nach dem Essen gingen sie in die hoteleigene Disko und tanzten. Wenn sie sich zu langsamer Musik eng aneinander schmiegten, wussten sie, dass nichts auf der Welt sie trennen konnte. Ihre so vertrauten und doch immer neu erregenden Berührungen ließen sie schließlich das Zimmer aufsuchen, wo sie von Vorfreude erfüllt ins Bett sanken.

Kenn hatte jahrelang trainiert, seine Gedanken zu beherrschen, doch nun erwartete ihn seine größte Herausforderung. Er musste seinen Gefühlen, seiner Geilheit freien Lauf lassen, sich ohne Einschränkungen dem Genuss hingeben. Nichts durfte ihn davon ablenken, mit Stella die höchsten Wonnen zu erleben. Und es dauerte nicht lange, da erfüllte ihn der Rausch der körperlichen Liebe.

Als die Erfüllung seiner Begierden, der Orgasmus, diese Explosion der Gefühle kurz bevor stand, er wusste, dass sein Körper sich seinen Weg nun allein suchen würde, stellte er Kraft seiner Gedanken die Verbindung zu der künstlichen Intelligenz wieder her. Deren System arbeitete wieder normal. Dann spürte Kenn wie seine Adern, seine Nerven eine unbändige Kraft durchströmte, die ihn laut aufstöhnen ließ. Es war vollbracht.

Selig erschöpft lagen beide nebeneinander und küssten sich. Bald schlief Stella ein. Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, stand Kenn auf und ging auf den Balkon. Vor ihm lag das dunkle Meer. Nur in der Ferne leuchteten die Lampen einiger Fischerboote. Der junge Mann hatte noch im Bett bemerkt, dass der Kontakt zu der künstlichen Intelligenz abgebrochen war. Er wartete, ob sich dieser wieder herstellen ließ, doch vergeblich. Bis in die frühen Morgenstunden harrte er aus, dann war er sicher, dass es ihm gelungen war, mit der Kraft der Gefühle das System auszuschalten, es unschädlich zu machen.

Stella erwachte. Lächelnd fragte er:

„Hat Dich dieser Alptraum wieder heimgesucht?“

„Nein, mein Schatz, und das habe ich wohl Dir zu verdanken.“

Sie beließen es bei dieser Erkenntnis des gegenseitigen Verstehens. Kenn kehrte zurück ins Bett und beide beschlossen, die Freuden der Nacht zu wiederholen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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