Gertraud Widmann

Glück und “Gas“


Es war einmal ...

... ein Heizungsmonteur - ich nenne ihn mal „Herr Maier“ -, der war zwar recht nett,
aber häufig „geistig abwesend“ ...

Es ist schon etliche Jahre her, dass er sich zwei Tage lang an unserer Gas-Therme
„austobte“. Das kostete uns nicht nur eine Stange Geld, sondern auch Nerven - sehr
viele Nerven.
Ja und außerdem musste mindestens ein Schutzengel ganze Arbeit leisten!

Jedenfalls, die Gas-Therme musste wieder einmal repariert werden. Deshalb deckte
ich bereits in aller Herrgottsfrüh in der Küche alles rund um dieses Gerät mit Folien
ab. Denn was da jedes Mal an Ruß und Rost herausgefallen ist, das war schon
beachtlich. Dann stellte ich eine kleine Leiter bereit und kochte, wie sich das in den
letzten Jahren so eingebürgert hatte, eine große Kanne Kaffee.

Schlag acht stand der Monteur auf der Matte - na ja pünktlich war er, der Herr Maier.
Während er in aller Seelenruhe die erste Tasse Kaffee trank, schilderte ich, welche
Macken das zwanzig Jahre alte Gerät schon wieder hatte. Er hörte mir aufmerksam
(?) zu und begann schließlich langsam aber sicher dieses Gerät zu zerlegen.
   Als erstes drückte er mir gleich mal ein Seitenblech in die Hand, damit ich es in der
Badewanne säubern konnte - außen von seinen „Fingerabdrücken“ und innen
von fettigem Ruß. Das zweite Seitenblech schien ihm aus den Händen gerutscht zu
sein, denn es war laut scheppernd zu Boden gefallen. Eine Ecke war verbogen und
das Email abgesplittert ... Des geht ja scho guat los.
Kurz darauf hatte Herr Maier aber das Blech schon wieder in die ursprüngliche Form
gebogen. Die abgeblätterte Stelle wollte er später irgendwie überpinseln!
Und schon kniete ich wieder vor der Badewanne und reinigte die restlichen Teile der
Geräte-Verkleidung. Herrn Maier hörte ich währenddessen pfeifen und klopfen, alles
schien in bester Ordnung!

Plötzlich ein knirschen, das mir direkt  die Haare zu Berge stehen ließ, danach ein
undefinierbares „knack“ - anschließend folgte ein deftiger Fluch. Als ich in die Küche
gerannt kam, schaute Herr Maier hilflos auf die zwei Teile einer riesigen Schraube in
seiner Hand.
   »Siehie, Frau Widmann, sie haben nicht zufällig so eine Schraube im Haus? «,
fragte er gedehnt. »Die hier ist mir eben abgebrochen! «
Ich musste direkt schmunzeln, denn vor vielen Jahren hatte mir mein Vater zwar
eine Menge Schrauben, Beilagscheiben, Muttern und Nägel „vererbt“, aber so ein
Trumm war dann doch nicht darunter.
   »Also ich hab jetzt auch keine solche dabei«, sinnierte Herr Maier, »da muss ich
schnell in die (8km entfernte) Firma fahren und dort eine besorgen. «.
Nach einer guten halben Stunde war er, samt einer neuen Schraube, wieder da und
werkelte ganz locker weiter.

Ein paar Zigaretten- und Kaffeepausen später kam der Spruch:
   »Frau Widmann, helfen sie mir mal? «
Darauf hatte ich direkt schon gewartet, denn es war immer das Gleiche. Ich war der
„Handlanger“ und er stand oben auf er Leiter und kommandierte:
   »Schraubenzieher, Zündelektronik, Zange, Messer (!), Schmirgelpapier ...«.
Was mich während dieser Arbeit aber am allermeisten störte war, dass er dabei fast
pausenlos laberte. Ja Herrschaftszeiten, bei der Reparatur einer Gas-Heizung sollte
man sich da nicht vielleicht ein bissl konzentrieren? Als hätte ich`s geahnt: Mitten in
einem Schwank aus seiner Jugend - ein Fluch.
   »Zefix, jetzt passt des wieder net. Frau Widmann, geben`s mir mal das Klebeband
und d Schaar (Schere) «.
Schließlich schien es dann aber doch dem Ende zu zu gehen, denn er verlange den
kleinen Kehrbesen. Damit fegte er den restlichen Ruß, Rost und was weiß ich noch
alles aus dem Gerät - g`rad g`staubt hat`s ...

Während ich das Gröbste zusammen kehrte, vertrat sich Herr Maier im Flur ein bissl
die  Beine.
   »Frau Widmann, wer spielt denn bei ihnen Gitarre? «, hörte ich ihn sagen.
   »Niemand, das ist ein Erbstück meines Va ...«, weiter kam ich nicht, denn ich hatte
ein deutliches „pling“ gehört. Ja und da lag sie auch schon - eine kleine, glänzende
nigelnagelneue Schraube ...
   »Herr Maier, kümmern sie sich mal nicht um die Gitarre, sondern um die Schraube
die ich g`rad gefunden hab! « Ich war stinksauer!
Geschlagene fünf Stunden war dieser Mensch jetzt schon da, alles war voller Dreck
und jetzt bleibt auch noch eine Schraube übrig.
   »Ja, ich weiß schon wo die hingehören könnte « sagte er und lachte. »Die gehört
sicher zur neuen Zünd-Elektronik! Aber das macht jetzt nix wenn die fehlt. «.
Wie? Macht jetzt nix? Für irgendwas wird die doch gut sein? Aber er machte keine
Anstalten, sich weiter damit zu beschäftigen, sondern er steckte sie einfach in die
Tasche seines Arbeitsmantels.

Doch nun kam jener Teil der Reparatur, der bei mir jedes Mal Angstzustände und
Schweißausbrüche hervorrief und den „Schutzengel“ zu vollem Einsatz zwang:
Es musste nämlich geprüft werden, ob die Leitungen in der Therme auch alle dicht
wären ...
   Normalerweise wird das lt. Kaminkehrer mit einem Schaum, einem sogenannten
„Lecksuch-Spray“ gemacht. Dort, wo der Schaum Blasen wirft, tritt Gas aus - die
Leitung ist also undicht. Aber der liebe Herr Maier hielt nichts von diesem Spray, er
machte den Test lieber auf seine Weise - und zwar mit seinem Feuerzeug !!!!!
   Er leuchtete also damit in der Therme herum ... Wusssccchhh .. eine Stichflamme
schoss aus dem Gerät ...
   »Sch ...« fluchte Herr Maier. Zack - Gashahn wieder zu!
Unter Kopfschütteln klopfte er verschiedene Teile ab.
   »Aha« ... klopfen, schrauben - nächster Versuch... Wusssccchhh...
Sicherheitshalber hatte ich mich schon mal ins Wohnzimmer verzogen; eigentlich
ein Schmarrn, weil bei einer Gasexplosion ist`s egal wo Du stehst oder sitzt. Jetzt
weiß ich auch, warum einmal ein alter Feuerwehrmann auf unsere Frage grinsend
antwortete: „Bei so einer Gasheizung brauchen`s keinen Feuerlöscher ...“
Endlich waren die Leitungen dicht und die Therme wieder zusammengeschraubt.
Als er den Gas-Haupthahn aufdrehen wollte, zeigte ich nur wortlos auf das noch in
die Luft stehende Ofenrohr ... Leise fluchend stieg er auf die Leiter, ein kräftiger
Schlag mit der Faust und das Rohr saß fest in der Wand.

So, geschafft ... Herr Maier packte seine sieben Sachen zusammen, da entdeckte
ich - Himmel nochmal, warum musste ich jetzt da noch hinschauen -, dass an dem
Gerät ganz hinten links ein Stück dünner, grüner Draht herunter hängt!
   »Sie Herr Maier, ich will ja nicht lästig sein, aber was ist das für ein Draht, der da
heraushängt? «
   »Ja leck mich am A ... das ist ja die Leitung zum Thermostat, den habe ich ganz
vergessen! «, fluchte er. »Ja und an den Draht komme ich sowieso jetzt nicht mehr
hin, da müsste ich das Gerät wieder komplett auseinandernehmen. «.
   »Ja und nun? « Schön langsam wurde ich grantig – aber so richtig grantig!
   »Den Thermostat brauchen sie eh nicht, denn sie können ja die Temperatur gleich
hier am Gerät einstellen«, meinte er allen Ernstes und „zack“, schon hatte er den
Draht gekappt.
Ja geht`s noch?

Mittlerweile war es fast vierzehn Uhr geworden. Herr Maier schenkte sich eine letzte
Tasse Kaffee ein und begann von Hand die Rechnung zu schreiben.
   »Jetzt warte ich noch, bis die Heizung anspringt, dann ist für heute Feierabend! «
Das Gerät schaltete sich ein. Plötzlich „tack-tack-tack-tack-tack...“, ein nicht enden
wollendes, blechernes Geräusch.
Herr Maier drückte auf den Notschalter!
Auch wenn`s heißt, Erdgas riecht man nicht - ja von wegen. Also wieder alle Fenster
und Türen auf.
Jedenfalls, Herr Maier wusste gleich, was das gewesen war.
Ja und ich auch, hatte ich doch die letzten gut vierzig Jahre Erfahrungen mit diesen
Gas-Thermen sammeln können.
   Das Problem war in diesem Fall, dass der Zündfunke das einströmende Gas nichtt
"getroffen“ hatte!
   »Ja Sakradi, des glaub ich jetzt nicht, ich hab doch eine neue Zünd-Elektronik
eingebaut!? «
Langsam packte mich der Zorn und ich konnte nicht anders:
   »Ob`s nicht vielleicht doch an dieser übrig gebliebenen Schraube liegt? «
Herr Maier sah mich überrascht an, griff aber schließlich doch in die Tasche seines
Arbeitsmantels und holte jene Schraube heraus. Dann sah er sie lange an, wobei
er immer wieder den Kopf schüttelte.
   »Morgen Mittag komm ich wieder, ich muss mich erst mal schlau machen«,
murmelte er. »Ist ja bloß gut, dass es nicht so kalt ist und sie die Heizung noch nicht
unbedingt brauchen. Also nacha, pfüad Eahna! «

Am nächsten Tag die gleiche Prozedur wie tags zuvor - nur diesmal ohne Dreck ...
Nach zwei Stunden und dem Einbau der neuen Zünd-Elektronik lief die Heizung
endlich wieder.
Allerdings nur ein paar Wochen - denn dann hat sie richtig „Feuer gespuckt“ und war
nicht mehr zu reparieren!

Übrigens: „Herr Maier“ kündigte bei seiner Heizungs-Firma und „spezialisierte“ sich
auf Schank-Anlagen für Gaststätten - die sind halt doch nicht so gefährlich ...

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.01.2018. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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