Hans Fritz

Geborgter Strom

 - oder: Die vier Growiane*
*In Anspielung auf Wolf-Ferraris Oper «Die vier Grobiane (I quattro Rusteghi)»

 

Da stehen sie, ragen stolz in den grauen, wolkenverhangenen Himmel, nämlich die Vier Growiane. Das sind Grosse Windkraftanlagen als Stromerzeuger.

An manchen Tagen weht Wind auf der lichten Höhe. Doch an anderen Tagen weht kein Wind, nicht einmal ein Hauch. Da erhebt sich natürlich in Fachkreisen die berechtigte Frage, wie man den Rotorblättern zu windstiller Zeit das Rotieren beibringen könnte. Denn, so wird befürchtet, könnte eine unerwünschte Flaute gerade dann eintreten, wenn die schon lange angekündigten Landtagsmitglieder auftauchen sollten. Noch prekärer würde sich die Situation gestalten, wenn der Tross der Presseleute zwangsläufig davon Wind bekäme.

Was also bleibt zu tun? Es rät der Rat der Stadt, um einen Ratschlag nie verlegen, die Anlagen für den Fall eines Falles an das mit Atomstrom (!) gespeiste konventionelle Netz anzuschliessen. Strom würde dann in die umgekehrte, eigentlich falsche Richtung fliessen. Das einzige Problem dabei wäre die enorme temporäre Belastung des Netzes. So soll peinlichst vermieden werden, dass eine hochoffizielle Besichtigung während der Spitzenzeit des Stromverbrauchs stattfindet.

Auch für promenierendes Volk könnte am frühen Sonntagmorgen, noch vor dem Kirchgang, der Trick mit dem geborgten Strom herhalten. Schliesslich ist man auch dem Wähler und Stromrechnungszahler gegenüber den sichtbaren Beweis schuldig, dass sich der Bau der Anlage auszahlt, koste es was es wolle.

"Sieh mal Mutti, wie rasch sich die Propeller bewegen, aber es weht doch gar kein Wind", ruft ein kleines Mädchen an einem vorfrühlingshaften Feiertagmorgen. Der mutmassliche Monteur im grauen Overall, der für einen namhaften Stromkonzern Aufsichtsdienst tut, hat das mitbekommen und sagt: "Doch, dort oben in Rotorhöhe schon." "Unschuld nimmt Wind erst ab der Stärke vierkommafünf wahr, meine Damen und Herren, das sollten Sie doch wissen", deklamiert lautstark ein kleiner dicker Herr mit roter Schiebermütze. Die Umstehenden nehmen ihm das kommentarlos ab und nicken zufrieden. Eine vorzeitig erschienene Vertreterin der lokalen Presse glaubt urplötzlich eine mittlere Windstärke zu verspüren und hält vorsorglich ihren Monsterhut fest.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.02.2018. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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