Sigrid Penz

Freitag der 13.

2. 
Ihre Freundin Bea hatte ihr von einer feinen und etwas teureren Boutique erzählt. Dort wollte sie sich als Nächstes umschauen. Als sie ankam, stand schon eine Kundin vor der Tür.
Montag - Freitag ab zehn bis siebzehn Uhr geöffnet, stand an der durchsichtigen Scheibe der Ladentür. Laura warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. In zehn Minuten. Prima. Sie unterhielt sich ein wenig mit der anderen Kundin, um sich die Zeit zu vertreiben. Diese erzählte, dass sie unbedingt in den Laden muss, weil sie für sich eine Jacke bestellt hatte. Es wurde nach zehn, aber der Laden war und blieb dunkel. Die Kundin sagte: "Ich warte noch bis viertel elf Uhr, dann gehe ich!"
Laura wollte nicht noch so lange warten. Sie hatte für sich noch fünf Minuten eingeplant. Plötzlich schoss ein Auto um die Ecke, in dem eine aufgetakelte Blondin saß, sich kurz zum Seitenfenster herauslehnte und sagte: " Ich bin gleich da!"
"Sie sind zu spät.", rief Laura.
"Das ist die Chefin persönlich!" , ließ sich die Kundin vernehmen. Nach einer Weile eilte die Chefin auf die Ladentür zu und schloss auf. "Warten sie schon lange?", fragte sie in die kleine Runde.
"Seit halb zehn.", sagte die Kundin. "Wir haben aber erst ab zehn Uhr geöffnet!" Laura enthielt sich eines Kommentars.
Die Chefin kümmerte sich sogleich um die Kundin und Laura hatte etwas Muse, die Kleidung zu betrachten. Nach einer Weile kam die Verkäuferin wieder und fragte Laura nach ihren Wünschen.
"Ich brauche eine Abendgarderobe für eine Hochzeit."
"Ach, die haben wir hier drüben." , sagte sie und ging wieder in Richtung Ausgangstür. Laura lief ihr nach. Die Verkäuferin unterdessen ließ sie einfach stehen, drehte ihr demonstrativ den Rücken zu und begann, ihren bepflanzten Blumenkübel auf die Straße zu schleppen. Gutes Beispiel für Kundenfreundlichkeit, dachte Laura. Aber sie war höflich. Sie hatte gute Laune.
Als die Verkäuferin begann, auch den zweiten Blumenkübel zu transportieren und noch eine Schaufensterpuppe auf die Straße zu schleppen, langte es Laura endgültig.Sie drehte sich um und lief in die angegebene Richtung. Einige Augenblicke später kam die Wasserstoffblondine hinterher und suchte einiges heraus. Ein kurzes rotes Oberteil, betrachtete Laura schon skeptisch, aber. "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt."
In der Kabine untersuchte Laura als Erstes, wie sie das Teil überhaupt anbekäme. Von unten anzuziehen, war es definitiv nicht. Es war zu eng, obwohl die Verkäuferin für Laura zwei Nummern größer veranschlagt hatte. Laura war ja schon einiges gewohnt. Diese Teil war seitlich mit einem Reissverschluss zu öffnen, den man erst auf den zweiten Blick bemerkte. Er ging von oben bis nach unten durch. Irgendwie kam er Laura bekannt vor und sie dachte gleich wieder an die Blamage mit dem Abendkleid. Endlich hatte sie das Teil an. Witzigerweise kam sie nicht an den Reissverschluss ran, um ihn zu schließen. Sie versuchte es mehrmals, dann gab sie es auf und zog es frustriert wieder aus. Was man nicht alleine zu Hause anziehen kann, konnte man auch nicht gebrauchen. Im zweiten Kleidungsstück hätte sie noch für eine zweite Laura Platz gehabt. Soviel zum Augenmaß der Verkäuferin. 
Sie entschloss sich fast sofort, nichts zu kaufen und zog sich ihr T-Shirt wieder an. Sie öffnete den Vorhang, um die Kabine zu verlassen. "Hat es denn gepasst?"
"Das Teil hier, damit hielt sie das Rote hoch, " kann man ja nicht einmal selbstständig zu machen."
"Aber ich hätte ihnen doch geholfen!", entgegnete die Chefin bereitwillig.
"Wenn ich zu Hause bin, macht mir auch keiner das Teil zu!", machte sich Laura Luft.
"Und das Andere?"
"Das ist viel zu weit und außerdem noch langärmelig."
"Ich hätte hier noch ein Ensemble. Wollen sie daß nicht mal probieren?"
Laura schaute sich die Bluse mit der passenden Jacke an, bis sie feststellte, dass die Bluse genau so geschnitten war, wie das rote Teil, das sie allein nicht anziehen konnte. 
"Nein, danke, das ist ja der gleiche Schnitt!" Nun hatte sie die Nase voll und verließ den Laden. Definitiv würde sie ihn nicht mehr betreten. Allesamt inkompetente, teils beleidigende und ignorante Verkäuferinnen. Langsam nahm die Sache Ausmaße an und Laura fragte sich, ob das nicht Schicksal ist. Sobald sie irgendetwas dafür unternahm, wurden ihr Steine in den Weg gelegt. Sehr mysteriös!
Nach einigen schnellen Schritten an der frischen Luft, hatte sie sich soweit wieder beruhigt, daß sie eine neue Aktion in Bezug auf die Kleiderfrage startete. 

Sie klapperte alle Geschäfte ab, die dafür in Frage kamen, aber  nichts hatte sie gefunden. Sie beschloss nochmals ins Auto zu steigen und einige Kilometer weiter zu fahren, um vielleicht dort fündig zu werden. Der Laden war riesig und es gab eine Menge an Markenprodukten. Nach einer halben Stunde stand Laura wieder vor der Tür. Sie hatte einen Beutel mit dem Markennamen des Geschäftes in der Hand. Darin befand sich- eine Sonnenbrille-.Gehe ich eben nackt mit Sonnenbrille, dachte Laura in einem Anflug von Galgenhumor.  Ein Geschäft war da noch. Sie hatte schon leichte Probleme beim Laufen, die Schuhe drückten bereits etwas, aber das eine Geschäft wollte sie kleidertechnisch noch abhaken. 
Sie probierte einiges, hängte mehr auf die Rücklaufstange, als sie wirklich in der Hand hatte. Eine kleine rote Bluse, die sie nicht so richtig toll fand, aber zur Not...
Ein Überziehhängerchen aus Spitze, welches überall golden funkelte. Vielleicht geht das ja auch, dachte sie und fuhr endlich heimwärts. 

Zu Hause angekommen, probierte sie als erstes die rote Bluse mit ihrem schwarzen Rock vor ihrer großen Spiegelwand. Nach einigen beschwingten Drehungen stellte sie fest, dsss es einfach nur furchtbar aussah. Danach probierte sie das Spitzenteil. Es sah ganz gut aus, fühlte sich aber irgendwie seltsam kratzig an. Das war ihr in der Umkleidekabine garnicht aufgefallen.Sie zog es wieder aus. Na ja, das würde sie den ganzen Tag nicht aushalten. Aber wie sah sie  aus? 
Überall auf ihrer Haut
klebte das goldene Funkeln. Nicht nur das! Der gesamte Teppich funkelte wertvoll vor sich hin. Das Bett funkelte edel, da sie das Spitzenteil vor dem Ankleiden auf dem Bett abgelegt hatte. Na, prima! Fazit war, dass sie binnen zwei Stunden shoppen, außer einer Sonnenbrille, eine Blase am Fuß hatte, ein wertvolles Schlafgemach ihr eigen nennen konnte. Sie hatte eine ignorante Verkäuferin kennengelernt und immer noch nichts zum Anziehen für die Hochzeit.
Sie beschloss, die Kleiderfrage hinten an zu stellen und sich nicht mehr wegen der Hochzeit verrrückt zu machen. Sie würde schon noch das Richtige finden. 

Ein paar Wochen später...
Eine kleine unauffällige Boutique, die man leicht übersieht. Eine nette, freundliche und kompetente Verkäuferin und das schicke kleine Schwarze. Hmm...

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.02.2018. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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