Olaf Lüken

Jammern - ein deutsches Handwerk

Deutschland einig Jammerland. Auf der Straße, im Supermarkt, am Arbeitsplatz oder in der Kneipe. Alles jammert und das gar nicht einmal erfolglos. Durch Jammern zeigen wir, dass uns etwas nicht passt. Im Idealfall macht man andere auf das eigene Problem aufmerksam. Beispiel Berufsalltag. Ein wenig Jammern, wenn sich die Unterlagen auf dem Schreibtisch stapeln wirkt wahre Wunder. Weder Kollegin noch Kollege werden es wagen, noch mehr Arbeit dazuzupacken. Nörgeln entwickelt sich in meiner Umgebung zu einer Art Dauersport. Vielleicht steckt eine Art Lebensangst dahinter, ein Ausdruck für eine tiefsitzende Unzufriedenheit und latente Unsicherheit. Laut Statistik hat die Mehrheit der Deutschen Angst vor einem Verlust des Arbeitsplatzes. Auf den zweiten Rang kommt die Angst "krank" zu werden.

Jammern scheint vorrangig im deutschsprachigen Raum angesiedelt zu sein. Ein Untersuchungsbericht von British Airways hält fest, dass deutsche Flugpassagiere mit deutlichen Abstand am häufigsten meckern und wehklagen. Bevorzugte Opfer sind Fluggäste von anderen Nationen. Jammern gehört zum Handwerk. Und gelernt ist halt gelernt. Wenn ich von Köln nach Hamburg, München oder Leipzig ziehe, dann werden die Menschen mein Gejammere auch ohne Nachdenken verstehen. Ganz anders verhält es sich in Japan, wo die Menschen über das Genörgel den Kopf schütteln oder in den Vereinigten Staaten, wo der Bürger auf die Frage "Wie geht es ?" immer mit "fine" antworten wird. Die Angst, die hinter dem Gejammer steckt, ist ja nicht unbedingt etwas Schlechtes. Es kann auch ein Warnsignal sein. Der Jammernde offenbart ein Gefühl, auf das andere reagieren können. Jammern scheint auch die Seele zu beruhigen. Und Jammern schafft Kontakt und Gemeinschaft. Dazu fallen mir die unterschiedlichsten Treffen ein. Die Leute meckern gemeinsam über's miserable Wetter. Jammern liefert oft einen guten Gesprächsstoff. Während meine Bekannten eher über das verlorene Fußballspiel, über eine Krankheit oder über politische Nah-Ereignisse lamentieren, neigen viele Frauen eher dazu, auftretende Fehler bei sich zu suchen, trotz gelungener Emanzipationsbemühungen.

Mein Tipp: Jammern Sie auf die besondere Art. Wenn ich morgens nach dem Aufstehen in den Spiegel meckere, habe ich den Lacher auf meiner Seite. Dauernörgler fallen auf und riskieren offenen und lautstarken Widerspruch. Sie werden auf ihr Fehlverhalten hingewiesen. Durchaus sinnvoller ist es, wenn das Gejammere mit einer konstruktiven Kritik endet.

(c) Olaf Lüken (2010)

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Olaf Lüken).
Der Beitrag wurde von Olaf Lüken auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.02.2018. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Olaf Lüken als Lieblingsautor markieren

Buch von Olaf Lüken:

cover

Die Stunde des Fisches: Plädoyer für eine bedrohte Lebensart von Olaf Lüken



Die Stunde des Fisches ist ein Stundenbuch für die Wasserbewohner und eine Achtsamkeitslektüre für Anglerin und Angler. Der Leitgedanke: Folge dem Fisch sonst folgt er dir. Flüsse und Meere sind stark verseucht und verschmutzt, die Fische fast vollkommen weggeputzt. Ich war so frank und frei, aß Fisch, Plastik, Quecksilber für einen Schuss Omega 3. Tiere haben Emotionen, Gedanken, Sprache, ein Sozialleben und scheinen auch den Tod zu fürchten. Fische sind meine Freunde. Und meine Freunde esse ich nicht. Das Buch enthält zahlreiche Fischgedichte, Witze, Sprüche, Satire und Aphorismen, Kurzgeschichten und wissenschaftliche Beiträge.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Gesellschaftskritisches" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Olaf Lüken

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Kind und Geld - ein Besuch im Kindergarten von Olaf Lüken (Sonstige)
Ali von Claudia Lichtenwald (Gesellschaftskritisches)
Absurd von Klaus-D. Heid (Absurd)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen