Hans Raasch

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Was gibt es schöneres, als an einem sonnigen Wochenendmorgen seine Kinder oder mittlerweile auch die Enkel nach einem gepflegten Frühstück auf die Räder zu verfrachten und ab geht es durch das Dorf Richtung Isarbrücke. An der Kreuzung hinter dem Bahngleis bleibt Opa Schorsch stehen und geleitet die beiden Buben sicher durch den Verkehr und über die Gleise. Oma Zenzi ist für die Nachhut zuständig, sie überredet jedoch den Rest der Familie, einen kleinen Abstecher in Richtung Flohmarkt kurz vor dem Sportplatz zu tun.
„Kaft wead ma awa nix!“, grantelt der Schorsch, „ mia ham scho gnuag Glumpzeig dahoam rumflacka.“
„Na, I wui mi nua a bissl umschaung, Opa“.
Der Rundgang dauert aber doch etwas länger als geplant, die zehn- und elfjährigen Buben zeigen Interesse für das Eine oder Andere, aber wer letztlich doch etwas kauft, ist - der Alte. Einen günstigen Momentschlüssel hat er gefunden und noch einmal einige Prozentpunkte herunterhandeln können.
„Glumpzeig ham ma scho gnua dahoam rumflacka“, frotzelt die Oma, wird aber vom kleinen Schorsch unterbrochen.
Opa, was is den des do“, fragt der Bub und fingert an einem aus einer Metallgabel mit Gummizug gebastelten Gerät herum. „Des is a Stoaschleida, Schorschl,awa a richtige - mit der kon ma richtig schiassn und a treffn.“
„Und wenn i de kaaf, i moan von meim Daschngeid?“
„Des kimmt ja üwahaupt net in Frage, a Waffe – na, na, na“, entrüstet sich die Großmutter.
„Awa Zenzi“, verteidigt Opa Schorsch den Buben, „so a Stoaschleida ham mir ois Buam doch a oiwei ghabt.“
„Des warn ganz andere Zeitn und wenn heitzudag irgend ebbas bassiert, san sofort d´Schandarm do. Und dann erscht dene Zwoa ihre Eitan, na, na, na!“
Nach einigem Disput, bei welchem sogar das Wort „du oida Depp“ zu hören ist, kristallisiert sich ein Kompromiss heraus. Großvater, der die Steinschleuder selbst gern hätte, kauft sie und hält sie unter Verschluss, geübt wird mit dem Gerät nur, wenn er dabei ist. Und so geht es weiter auf dem Radlweg über die Arzbacher Brücke Richtung Tölz. Zenzi hat den beiden Buben versprochen, oben auf der Marktstraße beim Italiener einen Eisbecher zu spendieren. Ein bißchen neidisch ist er schon der alte Schorsch, wenn er zusehen muss, wie sich der Eine seinen Bananensplitt und der Andere einen Früchtebecher mit entsprechendem Schlagrahmanteil einverleibt. Die Oma gönnt sich immerhin noch ein Haferl Kaffee und ein kleines Stückchen Tiramisu. Und er kriegt wegen seiner Diabetes nur ein Haferl Kaffee mit Süßstoff.
Die Sonne steht schon hoch am Himmel und spendet ihre wärmenden Strahlen als sich die Radlerfamilie langsam auf dem Heimweg dem Naturwehr an der Isarburg nähert. Obwohl schon bald Mittagszeit ist, dürfen die Buben noch den par Raftern zuschauen, die sich geschickt durch den Miniwasserfall hindurch manövrieren. Gegenüber auf dem Felsen sonnen sich einige Badegäste und frischen sich zuweilen im kalten Isarwasser ab.
„Mia san friara imma zum Schwimma ins Lega einegradlt, da wars meistns a par Grad ……….”
Zenzi hat ihre Bemerkung noch nicht beendet, da bleibt ihr der Mund offen stehen, denn was sie jetzt sehen muss - diese Ungeheuerlichkeit - schlägt dem Fass den Boden aus. Eine Zehnergruppe von Radlern parkt gegenüber auf dem Affenfelsen ein. Sie zeigen ihre Herrlichkeiten in voller Blöße, feiste und dürre, lange und kurze, aber keineswegs appetitlich aussehenden Nackte. Sie empfinden ihre „Ausstattung“ als angemessen und breiten sich auf dem Felsen aus. Von den übrigen Badenden lassen sie sich nicht im Geringsten abhalten. Die allermeisten der vorhandenen Gäste verschwinden ohnehin entweder kichernd oder verärgert.
„Das oiwai de Greislichstn in so oam Aufzug daher kema miassn, kannt ja vielleicht a amoi ebbas Gscheidas daher kema.“
„Jetzt herst awa auf Schorsch, mit deine saubleden Gedanken. Kemt´s Buam, mir fahrn sofort weida.“
„I kim glei nooch, hab no a Kloanigkeit zum Erledigen.“
„Mach koan Schmarrn Schorsch!“
Oma Zenzi´s Mahnung kommt nicht überzeugend genug. Also sammelt sie die Buben ein und radelt weiter in Richtung Dorf.
Schorsch hebt sich einige nicht zu große Kieselsteine vom Boden auf. Er verschwindet hinter einem dichten Gebüsch und jetzt beweist er, dass er noch nichts verlernt hat seit seinen Jugendjahren. Er sucht sich ein nackertes Exemplar mit extrem umfangreichem Hinterteil aus. Offensichtlich ist so eine enorm große Zielscheibe mit der Steinschleuder besser zu treffen. Kurz darauf hört man einen fürchterlichen Schrei. Der Nudist reibt sich seinen Allerwertesten. Entrüstet brüllt er:
„Mich hat was gestochen, kann mal jemand nachschauen.“
Er hält seine Backen einem anderen Nackerten entgegen, doch gerade als dieser seine Untersuchung beginnen will, lässt auch er einen Brüller los. Die anderen Radler fangen an zu begreifen, dass sie unter Beschuss sind. Die Gruppe schnappt sich ihre Handtücher, hüpft auf ihre Räder und ab geht´s schimpfend und fluchend durch die Isarauen Richtung Heimat.

Seit diesem Vorfall wurden im oberen Isartal keine organisierten Nudistenradler mehr gesehen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.03.2018. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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