Erinnern Sie sich noch an das Biedermeierbild vom armen Poeten, das Carl Spitzweg einst schuf ? In einer viel zu engen Dachstube kauert ein Dichter in seinem Schlafrock und hält in seiner linken Hand ein paar Manuskriptseiten. Das Dach ist undicht, weshalb sich der Dichter mit einem Regenschirm vor den Wassertropfen schützt. Gemalt hat Spitzweg einen Poeten, der ständig knapp bei Kasse war. Im Umgang mit Geld waren auch Dichterfürsten unterschiedlich talentiert.
Heutzutage müssen Schriftsteller und Dichter in aller Regel zwar nicht mehr in einer undichten Dachstube kauern, doch können nur die wenigsten von ihren Honorareinnahmen leben. Allerdings gab es schon zu allen Zeiten große Ausnahmen. Manche Dichter brachten es durchaus zu bemer -kenswerten Wohlstand. Im 18. Jahrhundert zeichneten sich zum Beispiel Friedrich Gottlieb Klopstock, Christoph Martin Wieland und Jean Paul durch beachtliche Solvenz aus. Sie gehörten vorübergehend zu den Top-Verdienern der schreibenden Zunft.
Dann kam der große Johann Wolfgang von Goethe, mit seiner eigenen Affinität zu Geld und Finanzen. Er zählte viele Bankiers zu seinen Freunden und hatte so seine Geldquellen - wie man heute sagen würde - diversifiziert. Etwa die Hälfte stammte aus Honoraren und ein Drittel aus Dienstbezügen und ein kleiner Teil aus Theatertantiemen. Laut seinen akribisch geführten Haushaltsbüchern gab der deutsche Dichterfürst während seines Lebens 350.000 Taler aus. Als er starb, hinterließ er seinen Erben immerhin noch 63.000 Taler. Zum Vergleich: Ein Handwerker hatte in diesen Zeiten ein Jahreseinkommen von 200 bis 400 Taler. Obwohl Goethe durchaus zu den "Besserverdienenden" zählte und nur vier Prozent Steuern zahlen musste, soll er gegenüber demFiskus getrickst und unzutreffende Angaben gemacht haben. Kollege Friedrich von Schiller war zwar brillant, aber ohne nennenswertes Barvermögen. Selbst sein Schauspiel "Kabale und Liebe" änderte nichts an seiner prekären wirt -schaftlichen Lage. Hinzu kamen gesundheitliche Probleme. Freund Goethe verschaffte ihm schließlich eine Anstellung als als Geschichtspro-professor in Jena, die Schiller ein festes Einkommen sicherte.
Friedrich Dürrenmatt, schweizerischer Nationalautor, verdiente fürstlich - undwar von Geld stets fasziniert. Angeblich ließ er sich in seiner Bank von seinem Konto eine MillionSchweizer Franken auszahlen. Er schaute sich den Stapel bunter Banknoten freudig erregt an und bat anschließend den Kassierer um Wiedereinzahlung auf sein Konto: "Er habe nur mal eine Million auf einen Haufen sehen wollen", erzählt eine Anekdote von ihm. Während Schriftstellerkollege Ernest Hemingway vor allem in Immobilien investierte, gönnte sich Dürrenmatt einen legendären Bordeaux-Weinkeller.
Gewiss keine "arme Poetin war auch die Ende 2009 verstorbene Ruth Lilly. Die Hobbydichterin überließ im Jahr 2003 dem kleinen Lyrikmagazin "Poetry" sage und schreibe 200 Millionen US-Dollar, die in eine neu gegründete Stiftung flossen. Bevor manche von Ihnen über eine Alter- nativkarriere als Autor nachdenken, sollten Sie wissen, dass Ruth Lilly, Großenkelin von Eli Lilly, dem Gründer des gleichnamigen Pharmakonzerns war.
(C) Olaf Lüken (2018)
Erschien im Onlinemagazin von Adrea Lumina (2018)
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.05.2018.
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