Peter Kröger

Almond

 

Einer wie ihr ins Handwerk zu pfuschen war nicht möglich, schon der Versuch wäre unsinnig und aberwitzig gewesen, sie war gütig und gescheit, sagte Chuck später nicht nur aus Höflichkeit, denn wer konnte Rufus J. Almond schon stundenlang auswendig zitieren, Almonds Werk war ja nahezu unbekannt, er lieh sich Geld von mir und zahlte nichts zurück, sonst war er ein sympathischer Niemand, der massenhaft Quarthefte vollschrieb.

 

Ich wunderte mich über die liebe Inge, dass gerade sie Partei für Almond ergriff, aber da kannte ich sein Werk noch nicht, seine Sprüche und Gedichte, die sich nicht an irgendwelche Regeln hielten und dennoch, so hieß es, einen stumpfen Glanz verbreiteten, wie altes, poliertes Silber.

 

Inge war meine Frau, und ich liebte sie abgöttisch und interessierte mich für alles, was sie interessierte, ein Fehler, ein großer sogar, und irgendwann, als ich mich ungünstig über Almond äußerte (ich war ja ahnungslos), verbat sich die Gute solche Herabsetzungen ihres Freundes, wie sie sich ausdrückte und lobte seine Dichtung in höchsten Tönen. Meine schnöden Leihgeschäfte gingen sie nichts an, sagte sie, Leute wie Almond hätten anderes zu tun, als Kredite zu bedienen, sie waren für die Dichtung geboren, also litten und dichteten sie, tranken, aßen, schliefen und litten und dichteten wiederum, und die liebe Inge blätterte den ausstehenden Betrag in bar auf die Durchreiche unserer Reihenhauswohnung und fuhr zu Almond, der in kleiner Runde einen Vortrag über Proportion und Gedicht oder vielleicht auch Zahl und Reim oder Prägnanz und Gedanke halten wollte, wie die sehr liebe Inge mir zurief, als sie mit einem riesigen Seesack voll leerer Quarthefte im Arm (ein Geschenk für Almond) zur U-Bahn marschierte. Ob der Dichter im Bilde war?

 

Ich muss einräumen, ich war froh, das Geld zurück zu haben, aber der Seesack irritierte mich, und in der Tat sah ich Inge erst ein Jahr später anlässlich einer Podiumsdiskussion zum Thema Almond und seine Zeit (mit dem Autor als Überraschungsgast) und reichte ihr meine Hand, die sie, Gott weiß warum, verschmähte. Die Diskussion verlief schleppend, und mein Begleiter Chuck quengelte lautstark, wir seien bei Gelos Bierexpress besser aufgehoben, was in nicht unerheblichem Maße zu tumultartigen Szenen in der Zuhörerschaft beitrug und meine ohnehin kaum mehr existente Ehe endgültig auf die Zielgerade führte. Die merkwürdigen, Hustenreiz befördernden Modegetränke ließen wir stehen und machten uns auf den Weg; Inges verächtlichen Blicke folgten uns. Almond aber stieg vom Podium und schlürfte genussvoll unsere halbvollen Gläser leer. Dann ließ er die dünnen Arme hängen und schaute zur lieben Inge und einem Stapel Quarthefte, den sie bewachte. Ich fühlte einen Stich in der Magengrube und wusste, dass trotz aller Widrigkeiten die liebe Inge für alle Zeit einen Platz in meinem Herzen behielte.

 

In unserem Herzen. Denn noch während Chuck und ich bei Gelo Gedecke in Auftrag gaben, schrieb Almond einen Aphorismus, der mir just wegen seiner hehren Wahrheitsliebe und grazilen Einzigartigkeit zu denken gab und die sonst so trockenen Augen leidlich wässerte. Er erreichte uns mit Eilboten, direkt am Tresen. Ich las:

 

 

Liebe. Inge eint. Ingwer spaltet.

 

 

Ich zahlte und nahm ein Taxi zum Reihenhaus. Chuck half mir, das Türschloss auszuwechseln. 'J' heißt übrigens Jockel.

 

 

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