Christa Astl

Allein auf der Insel – positive Einsamkeit

 

 

Ja, das Leben auf der Insel, allein eine ganze Woche…Klar bin ich kein gestrandeter Robinson, sondern einfache Urlauberin, aber mein Urlaub ist anderer Art.

Wer sagt denn, dass man immer Menschen bei sich und um sich haben muss, immer „action“ vor sich, dass einem (von außen) ständig Unterhaltung und Anregung geboten sein muss? Dass auch hier am entlegenen Urlaubsort, wo man ausspannen möchte, der Tagesablauf streng reguliert sein muss?  

Die meisten Zeitgenossen glauben es, wissen oder kennen es nicht anders. Allein haben sie Angst, verloren zu gehen, sich zu langweilen, … Es ist auch schon Gewohnheit, immer in jedem Raum sofort Radio oder Fernsehen einzuschalten,-  ob nun ein anderer Mensch darin ist oder nicht, warum? Damit man eine menschliche Stimme hört? Sicher nicht oder nur selten, um wirklich diese Sendung hören/sehen zu wollen.

 

Um das alles nicht haben zu müssen, fahre ich auf die Insel. Der Fernseher im Zimmer bleibt die ganze Woche unangetastet, ebenso das Radio. Smartphone, Internet, u. ä. habe ich gar nicht dabei. Nur ein einfaches Handy, um im Notfall angerufen werden zu können oder selber anzurufen. Eingeschaltet ist es.

Diese Zeit, ohne etwas, mit dem Fehlen all dieser Kommunikationsmedien, bietet mir keinen Mangel, sondern reichen Gewinn. Ich versäume oder verliere nichts, aber ich gewinne viel: mich. Meine Gesundheit, meine wiedergefundene Gelassenheit, mein Einssein mit der Natur. Mich als Teil eines Ganzen, unseres Universums, zu erleben, als ein winziges Körnchen, mit vielen anderen Körnchen rundum, Körnchen, die sich als Menschen so groß und wichtig nehmen, die mir hier gewissermaßen fern sind, und die ich gar nicht wichtig nehme.

Wenn die Sonne ins Bett scheint, und das ist dort um diese Jahreszeit schon um halb sechs Uhr, stehe ich oft auf. In aller Ruhe kann ich mein Frühstück bereiten, schon allein der Geruch frisch aufgebrühten Kaffees belebt. Ich kann das genießen, habe keine Eile, kann warten, decke inzwischen den Tisch, auch für mich allein, betrachte während des Frühstücks die ziehenden Wolken am Himmel, nicht die momentanen Kämpfe, Kriege und Intrigen und Morde im Fernsehen. – Davon muss man ja krank werden! Hier halte ich mich fern davon. Meine Zeit, mein Leben, und wie ich es im Moment lebe, nur das zählt. Bei meinen Wetterbetrachtungen überlege ich auch schon, was ich in nächster Zeit machen könnte. – Natürlich, wenn es nicht gerade Bindfäden regnet, hinaus in die Natur, und diese hat meine Insel noch unverbaut und unbeeinflusst von menschlicher Technik.

Wenn Bäume krumm und schief wachsen dürfen, lassen sie erkennen, wie sie sich gegen Stürme stemmen, um ihren Stand kämpfen müssen. Die magere Vegetation zeigt, dass hier Sand und Meer die Herrschaft führen, Menschen nur so viel abringen können, wie sie für ihr Leben brauchen, man sieht, sie können weder festhalten noch verhindern. Manchmal sind ihre Wiesen und Gärten vom Hochwasser bedeckt, manchmal auch vom Sand, damit lebt man. Im Einklang mit der Natur.

Mein Weg führt mich ein Stück zwischen den Häusern, dann hinaus ins nicht mehr bewohnte Naturschutzgebiet. Was kann man hier sehen, wo nicht mehr der Mensch der Herr der Welt ist, sondern die Natur die Herrschaft über den Menschen hat? Tief muss man sich bücken, weit muss man schauen, still muss man sein, achtsam und aufmerksam. Und man erkennt die Fülle, auch wenn sie sich um die Zeit, wenn ich dort bin, erst in ihren Anfängen zeigt. Knospen an den Bäumen, die noch keine Blüten oder Blätter erkennen lassen, um den Baum überhaupt bestimmen zu können, ich befühle die Rinde, Kraft dringt von dieser in mich, wie wenn ein Freund mir die Hand gibt. Geborgenheit, Dazugehören, Aufgenommen sein – das zeigt mir der Baum. Die ganze Landschaft nimmt mich auf, lässt mich teilhaben an ihrem jährlichen Wiederentstehen, am liebsten würde ich warten und dem Wachstum zuschauen. Wie herrlich ist das, jedes menschliche Wort würde diesen Dialog mit der Natur stören!

 

 

ChA 31.05.18

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