Jürgen Skupniewski-Fernandez

Das indische Pentagramm 4

 

Es war bereits nach 15.00 Uhr, als Maurice Bertrams Handy ihn mit sirenenartigen Geräuschen aus den Gedanken riss. Er zuckte kurz zusammen; nahm das Handy vom Tisch und meldete sich, ohne seinen Namen zu nennen: “Oui?!“

Ein Beamter von der Polizeistation Abercrombie aus Port Louis war am anderen Ende. Man wollte ihn gegen 16.30 Uhr zur Befragung abholen.

„Ok!, ich halte mich zur Verfügung und warte dann auf Ihren Beamten“.

Maurice Bertram war ein fitter und ruhiger Typ mit kleinem festem Bäuchlein. So einer, von dem man annahm, dass er immer die Übersicht behielt und seine Gefühle sehr gut zu kontrollieren verstand.

„Du bist der geborene Diplomat“, hatte Veronique zu ihm öfters gesagt.

Bei ihr aber hatten seine kontrollierten Emotionen leider vollkommen versagt. Sie waren mit ihm durchgegangen; gleich im ersten Moment, als sie sich im Café an der Waterfront zum ersten Mal begegneten.

Es waren schöne Momente. Er erhob sich aus dem Rattan Sessel, ging in die Küche, füllte ein Glas mit Eiswürfel und goss sich einen weiteren Scotch ein. Seine Gedanken schweiften zurück an jenem Tag, als sie sich kennenlernten.

„Leider!“, protestierte Veronique und setzte ihren verführerischen Körper dabei voll in Szene. Er konnte Veroniques herausforderndes „Leider“ nie vergessen.

So reagierte sie immer, wenn sie abends mal etwas Zeit fanden und sich über jenen Tag unterhielten. Das Leider stand für: leider habe ich mich in Dich hoffnungslos verliebt!

Raffiniert hatte sie ihn im Café vor drei Jahren um den Verstand gebracht. Sie saßen sich gegenüber. Veronique hatte ihn sofort wahrgenommen und beobachtete ihn ganz dezent aus unmittelbarer Nähe. Ihr Blick wanderte von seinem braunen, leicht nach hinten gekämmten Haar. Sie hielt an seinen blaugrünen Augen fest, schweifte weiter über seine aristokratische, feine Nase, hin zu seinen kräftigen Lippen. Seine Zornesfalte und die Fältchen an den Mundwinkeln waren so etwas wie ein Charakterstempel für sie. Sie schätze ihn auf 1,80/85 Meter und ca. Mitte/Ende vierzig.

Wie sich später herausstellte, hatte er gerade seinen sechsundvierzigsten Geburtstag gefeiert. Sie lag mit ihrer Vermutung also gar nicht so falsch.

Maurice bemerkte sofort ihr Interesse. Er hatte ein gutes Gespür und war sehr empfänglich für diese Art von „scannen“. Dann plötzlich trafen sich ihre Augen. Veronique ging nun voll zur Eroberung über und setzte von vorn herein auf Sieg. Sie führte ihre weiße Porzellantasse behutsam zu ihren leuchtend, roten Mund. Er verfolgte ihre kleine Anmache Aktion mit sinnlichen Blicken. Dann küsste sie ganz langsam das weiße Porzellan, sodass das Rouge einen kräftigen Abdruck hinterließ. Dabei schaute sie zu ihm hinüber.  „Trinken Sie auch so gerne Kaffee?“

„Ja, sehr gerne, besonders wenn die Tasse so schön bemalt ist“.

Beide lachten. Maurice stand auf und ging auf Veronique zu. Sie erhob sich. Sie war bestimmt um 1,70 m und hatte einen durch und durch trainierten Körper. Er musste sofort an Kampfsport denken. Das kurze, eng anliegende weiße Sommerkleid schien ihr auf den Leib geschneidert zu sein. Dann dieses wilde blonde Haar! Beide stellten sich einander vor und bestellten zwei Gläser Weißwein.

Maurice seufzte. „Und jetzt ist sie tot, ermordet unter so mysteriösen Umständen“. Er merkte gar nicht, wie die Zeit verging. Es klopfte an der Haustür. Er schaute auf seine Armbanduhr. Die Beamten kamen, um ihn abzuholen.

 

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