Ulrich Gugenhan

Der Hund

Düren, 09.11.1986 Uli
Skeptisch betrachtete ich die Türe. Ohne ein Geräusch öffnete sie sich weit über meinem Kopf. Wie durch einen Magneten angezogen stieg ich ein. Ich nahm in einem spartanisch wirkenden Sessel Platz und schaute erwartungsvoll auf einen Monitor. Lautlos öffnete sich die Türe, ich stieg aus. Wo soeben noch eine Wiese war, konnte ich nun keine zwei Meter mehr weit sehen. Lehmverschmierte Felsen umschlossen mich. Ich stieg die aus dem Felsen geschlagene Treppe empor, um an ihrem Ende erstaunt in die Knie zu gehen. Soweit meine Augen sahen, war kein Gebäude zu sehen. Ich versuchte den Grund für meine Situation zu erkennen, oder heraus zu finden, wie ich hier her kam. Mein Blick zurück in die Tiefe, aus der ich kam, brachte mir leider auch keine Erkenntnis bezüglich meiner Herkunft. Außer Felsen und Lehm nichts zu sehen. Richtung Norden hinter einem Hügel stieg Rauch auf. Nach fast sieben Stunden Marsch stand ich auf der Kuppe. Mein Blick blieb auf einer Matte aus Stroh und Lehm haften. Aus einer Öffnung im Dach stieg gelber Qualm auf. Vor Hunger und Neugier getrieben pirschte ich mich an. Durch einen Spalt blickte ich in die Hütte hinein. Vom Feuer angeschienen konnte ich einen alten vollbärtigen Mann erkennen, der seinen Kopf auf ein Fell gelegt hatte. Zu seinen Füßen lag ein strohgelber langhaariger Hund, vom Körperbau und Größe einem Rottweiler nicht unähnlich. Seine Nackenhaare sträubten sich, er hatte mich bemerkt. Ein Geräusch des Mannes beruhigte das Tier und ich fühlte mich aufgefordert durch eine Felltür in die schmutzige stinkende Hütte ein zu treten. Er sprach zu mir, ich konnte ihn nicht verstehen. Ich trat näher, obwohl der Gestank unerträglich war. Der Hund beobachtete jede meiner Bewegungen und ich war mir seiner Anwesenheit sehr wohl bewusst. Der Mann hatte braune lange Haare und war ganz in Leder und Felle gekleidet. Er sah krank aus. Ich nahm einen Lederlappen und tauchte ihn in das schale Wasser in der Tonschale. Den feuchten Lappen legte ich ihm auf die heiße Stirn. Sein Gesicht entspannte sich. Zurück sinnend schaute ich ihn an. Ich erwachte durch ein lautes animales Aufstöhnen. Mit meinem Feuerzeug entzündete ich ein Bündel Stroh, er sah grauenvoll aus. Er hatte sich erbrochen und starrte mit geistesabwesenden, starren Augen an die Hüttendecke und zuckte beängstigend. Ich erneuerte den Lappen und wusch ihm das Gesicht. Der Hund saß mit eingekniffenem Schwanz vor dem Mann und zitterte. Am anderen Morgen war der alte Mann tot und kalt. Er war noch in der Nacht lautlos verstorben. Mit mir verließ der Hund die Hütte, die in lodernden Flammen über dem Leichnam zusammen brach. Lautlos öffnete sich die Türe weit über unsere Köpfe, und der Hund und ich traten ein. Ich nahm in einem spartanisch wirkendem Sessel Platz. Der Hund sprang auf meinen Schoß und wir schauten erwartungsvoll in den Monitor.

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