Heinz-Walter Hoetter

Begegnung mit dem Schicksal

Ein junger Mann verließ kurz nach Mitternacht übermüdet eine feucht-fröhliche Party. Draußen war es ziemlich kalt und es schien, als wollte es bald zu schneien anfangen. Deshalb beeilte er sich. Auf dem Nachhauseweg kam er an einem kleinen Park vorbei, der nur vom schwachen elektrischen Licht einiger sporadisch verteilter Parklaternen trübe beleuchtet wurde.

 

Der Weg mitten durch den Park stellte für ihn eine Abkürzung dar. Ohne lange zu zögern entschloss sich der Partygänger dazu, den Vorteil des kürzen Weges zu nutzen, um schneller nach Hause zu kommen.

 

Etwa in der Mitte des Parks kam er an eine einzeln da stehende Bank vorbei, auf der er sich nur für ein paar Minuten ausruhen wollte, weil ihm seine Füße vom Tanzen weh taten. Er setzte sich also hin, zog den Kragen seines Mantels weit nach oben, zündete sich schließlich noch eine Zigarette an und sog den blauen Dunst Zug um Zug genüsslich in sich hinein.

 

Ganz plötzlich jedoch wurden seine Augen schwer wie Blei, sodass er sich gegen die aufkommende Müdigkeit nicht wehren konnte. Die Zigarette fiel ihm aus der Hand und bald war er tief und fest eingeschlafen.

 

Draußen war es mittlerweile immer kälter geworden. Die Temperatur fiel auf unter Null Grad Celsius. Schließlich fing es sogar noch an zu schneien. Doch der junge Mann schlief immer noch tief und fest und spürte nicht, in welcher Gefahr er schwebte. Er würde bestimmt langsam erfrieren und wohl sterben, käme niemand vorbei, um ihn aufzuwecken.

 

Doch wie aus dem Nichts erschien auf einmal das Schicksal in der Gestalt eines alten Mannes, der sich dem mittlerweile völlig zugeschneiten Schlafenden mit langsamen Schritten bedächtig näherte. Als er den jungen Mann sah, weckte er ihn vorsichtig auf.

 

„Mensch Alter, was soll das? Warum lässt du mich nicht schlafen?“ beschwerte er sich sofort ziemlich mürrisch bei seinem Gegenüber.

 

„Damit du hier auf der Bank mitten im Park nicht erfrierst, mein Junge“, antwortete ihm der Alte mit ruhiger Stimme. Hätte ich dich nicht wach gemacht, würden die Menschen bestimmt wieder mir die Schuld an deinem Unglück geben, statt deine Dummheit und deinen Leichtsinn anzuklagen.“

 

Der junge Mann erhob sich zitternd und frierend von der Bank, klopfte hastig den kalten Schnee von seinem Mantel und verließ schleunigst den nächtlichen Park. Als er noch einmal verstohlen in den Weg mit der einsam da stehenden Bank zurückschaute, konnte er aber niemanden mehr sehen, obwohl er den alten Mann doch vor wenigen Augenblicken erst verlassen hatte.

 

„Der Alkohol lässt mich schon fantasieren“, murmelte er noch in sich hinein, beschleunigte seine Schritte, um jetzt schnell nach Hause zu kommen.

 

Unter einer schwach leuchtenden Parklaterne stand ein alter Mann im heftigen Schneegestöber dieser kalten Nacht, dessen Gestalt sich jetzt aber langsam aufzulösen begann, bis sie schließlich nicht mehr zu sehen war.

 

 

 

ENDE

 

(c)Heinz-Walter Hoetter

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.09.2018. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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