Felicia Rüdig
Agropolis
Wie das Zusammenleben von Tier und Mensch in Zukunft funktionieren kann, damit beschäftigt sich eine Denkfabrik im niederländischen Landwirtschaftsministerium. "Präzisionslandwirtschaft" heißt der neue Ansatz. Im Hochhaus sind Tiere nicht nur platzsparend untergebracht. Man kann sie auch noch besser ausschlachten. Das Biogas, das sie produzieren, wandelt ein Energiekonzern beispielsweise in Elektrizität um.
Die gläsernen Agrarfabriken sollen nicht nur die Zukunft der Landwirtschaft darstellen, sondern auch die Städte prägend. Ein Beispiel: Die Gewächshäuser sollen ihren Platz inmitten von Wohnsiedlungen finden. "Produktionseinheiten" von 10.000 Menschen können so mit Wärme, Energie und Nahrungsmitteln versorgt werden.
Durch unterirdische Rohre werden pflanzliche Rohstoffe in die Fabriken transportiert, die Treibstoffe aus Kartoffeln herstellen. Agrarüberschüsse gibt es bei diesen Visionen nicht mehr. Jedes Gramm Biomasse und jeder Quadratzentimeter Fläche sind verplant.
Im modernsten Gewächshaus Hollands sind zwei Agrarvisionäre voll in ihrem Element. Alles ist schnell, akkurat und vor allem platzsparend von Roboterhand gesteuert. In altmodischen Gewächshäusern ist normalerweise alles flach. Die Pflanzen, die im modernsten Gewächshaus Hollands in die Höhe gehen, hätten dort drei- bis viermal so viel Quadratmeter nötig. Mit der Zersiedlung der Landschaft durch die Landwirtschaft soll jetzt Schluß sein.
Aber die beiden Landwirtschaftsvisionäre wollen noch höher hinaus. Sie gehören zum Innovationsnetzwerk grüner Raum. Dessen Aufgabe liegt darin, Zukunftsszenarien für Hollands Landschaft und Landwirtschaft zu entwerfen. Ihre künste Vision haben sie im Hafen von Rotterdam geplant. Eine gigantische Agrofabrik ist einen Kilometer lang und sechs Stockwerke hoch. Das bedeutet übereinander geschichtete Lachse, Hühner und Schweine sowie Massentierhaltung in ungekannten Dimensionen.
In dunklen Zwischengeschossen gedeihen Champignons und oben, unterm Glasdach: Tomaten, Gurken und Paprika. Gewärmt wird das Hollandgemüse durch die Abwärme abertausender Tiere, die wiederum mit Pflanzenabfüllen gefüttert werden. So bleiben ihnen und der Umwelt Transporte erspart, denn der Schlachthof ist gleich darunter. Die Fische freuen sich über die Schlachtabfälle.
"Uns geht es nicht nur um die Landwirtschaft," berichtet Wim van de Wim. Er arbeitet im Landwirtschaftsministerium. "Wir binden auch die Forstwirtschaft ein."
Auf einer Studienreise nach Heidelberg entdeckte die niederländische Ministerialbürokratie die Weinsorte "Vinum gigantum pfalzum". Sie zeichnet sich durch besonders dicke und harte Rebstöcke aus. "Sie sind bruchfest und eignen sich daher gut zum Häuserbau. Wer möchte, braucht zur Weinlese nicht einmal vor die Haustür." Eventuelle Löcher in der Wand werden durch dickfaserige Spargelstangen aus dem Rheinland gestopft.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.03.2019.
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