Eva-Maria Herrmann

Pubertät

Pubertät, was für ein blödes Wort.
Meine beiden Kinder sind nun an diesem Zeitabschnitt angelangt und ich bekomme in vollem Umfang die weibliche sowie die männliche Variante dieser Erscheinung ab.
Irgendwie hatte ich von mir immer die Vorstellung, als Freundin meiner Kinder, mit der sie über alles reden können. Eine Übermutter, die immer Rat weiß, deren Kinder keinen Grund für üble Launen haben. Ich habe mich darauf vorbereitet und stets offen mit ihnen über alles gesprochen, über die Schule, das Leben, die Liebe und Sex. Ich war der Überzeugung, wenn MEINE Kinder in die Pubertät kommen, werden wir keine Probleme haben.
Pustekuchen.
Meine Tochter schließt sich plötzlich im Badezimmer ein und kleidet sich in Sack und Asche um ihre frauliche Figur zu kaschieren.
Zitat: „Ich habe es nicht nötig, mit meiner Kleidung von meinem Gesicht abzulenken!“
Jedes Gespräch das ich mit ihr beginne, endet damit, dass sie mich mitleidig betrachtet und mich fragt, was ICH für ein Problem habe?
Mein Sohn schließt sich ebenfalls im Bad ein. Er kleidet sich zwar besser als seine Schwester, verbraucht aber kübelweise Haargel und kann selbstverständlich weder bei 30 Grad im Schatten noch bei minus 20 Grad eine Kopfbedeckung aufsetzen, da sonst die Frisur darunter leiden würde. Während meine Tochter die Erfindung der Haarbürste wohl gänzlich übersehen haben muss. Weise ich sie freundlich darauf hin, dass demnächst wohl ein Meisenpärchen in ihren Haarnestern hausen wird, ernte ich nur böse Blicke. Was geht mich IHR Aussehen an?
Bei meinem Sohn löst der Satz: „Könntest du bitte das Licht in der Toilette ausmachen und den Klodeckel runterklappen!“ bereits einen Tobsuchtsanfall aus, weil ich ihn ständig wie ein Kleinkind behandle.
Ich versuche diese Anfälle mit Humor zu betrachten und meistens schaffe ich es auch, mich aus der Gefahrenzone zu bewegen, bevor ich explodiere. Leider habe ich mit meinem Mann das dritte pubertäre Kind, das keine Gelegenheit auslässt mit den beiden anderen zu streiten. Während ICH eingesehen habe, dass es eben zum Erwachsen werden gehört, immer erst einmal zu maulen, wenn einem die Eltern Arbeiten übertragen und sich erst nach der dritten Aufforderung im Zeitlupentempo aus seinem Sitzsack zu wälzen, verliert mein Mann dabei jedesmal die Beherrschung, ohne zu kapieren, dass es den lieben Kindern genau darum geht.
Fast jeden Sonntagmorgen wünsche ich mich irgendwo auf eine einsame Insel.
Während ich der Meinung bin, dass auch die Kinder einmal die Woche solange schlafen dürfen wie sie wollen, ist mein Mann der Ansicht, wenn er aufsteht, haben alle das Bett zu verlassen. Er spaziert also trampelnd ins Kinderzimmer, reißt die Jalousie hoch und das Fenster auf, weil es laut seinen Worten stinkt wie in einem Iltisbau. Während unsere Kinder noch völlig geblendet und benebelt im Bett aufschrecken, werden ihnen schon die ersten Befehle erteilt. Aufstehen, Anziehen, Frühstücken, Aufräumen, etc. etc. etc.
Selbstverständlich hüpfen die beiden nicht sofort aus den Betten um all die aufgetragenen Arbeiten zu erledigen, sondern drehen sich erst einmal um und ziehen die Bettdecken über ihre Köpfe, um noch ein bisschen zu dösen. Diese Ignoranz seiner Persönlichkeit kann mein Mann nun wiederum nicht auf sich sitzen lassen und bevor der Sonntag richtig begonnen hat, sind wir schon wieder mitten im größten Streit. Die Kinder weil sie noch schlafen wollen, mein Mann weil die Kinder nicht tun was er sagt und ich weil ich eigentlich nur in Ruhe meinen Kaffee trinken wollte. Das Ende vom Lied ist, dass er es irgendwann schafft die beiden aus den Betten zu sprengen und sie dann alle drei missmutig bei mir am Frühstückstisch sitzen und jeder versucht, von mir Recht zu bekommen.
In solchen Augenblicken beneide ich Robinson Crusoe und freue mich auf Montag, wenn wir alle zu unterschiedlichen Zeiten frühstücken.
Dabei sind ist das erst der Anfang !
Wahrscheinlich müssen wir diese Zeit durchmachen, um irgendwann einmal froh zu sein, wenn unsere Kinder ausziehen.

Wenn die lieben Kleinen groß werden. Waren wir auch so? Ja? Unsere armen Eltern! Eva-Maria Herrmann, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.08.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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