Heinz-Walter Hoetter

Diese Geschichte erzählte mir James Taylor

Das Steuern und Manövrieren eines dieser altmodischen Düsengleiter war reinste Schwerstarbeit, vor allen Dingen dann, wenn das klobige Flugvehikel sich ständig den Bemühungen des Piloten mit aller Gewalt widersetzte, so zu reagieren und zu fliegen, wie er es wollte.

 

Ich setzte dennoch mein ganzes Können ein, um das Ding in der Luft zu halten. Aber das laute Heulen der dualen Antriebsdüsen hörte sich an wie die schrecklichen Todesschreie eines waidwunden Tieres, das sich instinktiv eigentlich nur noch zum Sterben hinlegen wollte.

 

Die metallene Außenwand des Düsengleiters war an vielen Stellen von den Geschossen aus Schnellfeuergewehren und Maschinenpistolen durchlöchert worden. Einige der Projektile mussten wohl die Metallverkleidung der Düsentriebwerke durchschlagen und im Innern der beiden Motoren Schäden verursacht haben, die ich von meinem Pilotensitz aus nicht exakt bestimmen konnte. Ich blickte daher gespannt auf das Armaturenbrett, wo plötzlich ein Warnlämpchen nach dem anderen zu blinken begann und bald eine richtige Lichtshow veranstalteten, die allerdings bei mir einiges an Unbehagen hervorrief.

 

Von hinten hörte ich die laute, hektische Stimme meines Co-Piloten Mark Dammon: „Verdammt noch mal, die rechte Düse hat Feuer gefangen! Wir werden abstürzen! Was sollen wir machen, Taylor?“

 

Die Frage galt mir, James Taylor, und ich versuchte gerade, den stark beschädigten Düsengleiter irgendwo sicher runter zubringen.

 

Ich warf meinem Co-Piloten einen hastigen Blick über die Schulter zu. Durch die feinen Ritzen der Innenverkleidung drang bereits schon schwarzer, ätzender Rauch in die geräumige Kabine.

 

„So eine Scheiße aber auch!“ fluchte ich und wandte meinen Blick wieder nach vorne.

 

Unter uns erstreckte sich die endlos weite Wasserfläche des Atlantiks. Ich hatte vorher ein paar kleine Insel gesehen, die uns möglicherweise als Landeplatz zur Verfügung standen, aber in dem ganzen Chaos um mich herum verlor ich immer mehr die Orientierung. Es war wie verhext. Außerdem galt meine ganze Konzentration im Augenblick der langsam trudelnden Maschine, die immer mehr an Höhe verlor.

 

„Verflucht, wir stürzen ab. Wir können nichts mehr tun“, wiederholte sich auf einmal Mark Dammon mit ruhiger Stimme über den internen Funk. Ich hörte ihm nur ganz nebenbei zu, weil ich mich erneut um die Kontrolle der Maschine kümmern musste. Ich bemerkte jedoch, dass er ganz ruhig und ohne Hektik reagierte. Alles an ihm war jetzt in eine kühle, fast technisch anmutende Ruhe übergegangen. Obwohl ich nicht alles verstanden hatte, antwortete ich ihm trotzdem.

 

„Ich versuche, den Düsengleiter irgendwie sicher runter zubringen. Ich möchte auf keinen Fall im Wasser landen. Direkt vor uns habe ich einen Sandstrand entdeckt. Ich hoffe, dass die beiden Triebwerke noch eine Zeitlang durchhalten werden“, plärrte ich mit lauter Stimme ins Mikrofon meines Helmes und blickte hinüber zu meinem Co-Piloten.

 

„Wir müssen es versuchen, Taylor. Eine Landung auf dem Wasser ist eine ziemlich riskante Sache. Der Gleiter wird wie ein Stein absaufen. Und wenn wir nicht sofort im richtigen Moment aus der Kabine kommen, wird sie uns mit in die Tiefe reißen. Verflucht noch mal! Ich stehe nicht auf ein nasses Grab!“

 

„Nur mit der Ruhe! Ich auch nicht, Dammon. Aber dieses Scheißding lässt sich einfach nicht mehr genau steuern. Wir fliegen jetzt schon weniger als einhundert Stundenkilometer. Die schwenkbaren Düsen stehen fast senkrecht. Sie halten uns in der Luft, obwohl sie beschädigt sind. Sie können jeden Moment ihren Geist aufgeben. Trotzdem ist der Sinkflug viel zu schnell. Bis zur Meeresoberfläche sind es noch knapp 150 Meter. Die Strecke bis zum Strand knapp einen halben Kilometer. Das zeigen mir jedenfalls die Höhen- und Langstreckensensoren an. Die Schubleistung der Düsenmotoren lässt seit einiger Zeit kontinuierlich nach, obwohl ich jeden Gashebel auf Volllast gestellt habe. Ich denke mal, wir schaffen es nicht mehr ganz.“

 

Ein heftiger Ruck ging durch die gesamte Maschine. Ich schüttelte mir mit einer ruckartigen Kopfbewegung den Schweiß aus dem Gesicht, der mir von der Stirn in die Augen zu laufen drohte. Mit den Händen konnte ich ihn nicht wegwischen, da ich sie dazu brauchte, den Düsengleiter mit der manuellen Steuerung so gut es ging in der Luft zu halten. Ich arbeitete verbissen gegen alle Widerstände daran, das beschädigte Fluggerät kontrolliert zu landen. Und tatsächlich klappte es irgendwie. Die Flughöhe halbierte sich und wir kamen trotzdem dem rettenden Strand um mehr als die Hälfte der Strecke näher.

 

Doch plötzlich stotterten die Düsenmotoren. Dann krachte es fürchterlich und aus dem rechten Motor schoss eine gewaltige Flamme, die das Triebwerk augenblicklich in Brand setze. Die Maschine begann sich auf die andere Seite zu neigen. Noch einmal gab ich den letzten, verzweifelten Höchstschub auf beide Düsen, was den Gleiter für den Bruchteil eine Sekunde stabilisierte. Doch dann war es vorbei und beide Aggregate setzen schlagartig aus.

 

Die Sekunden dehnten sich zur Ewigkeit. Wir waren noch etwa zwanzig Meter über dem Wasser und der weiße Meeresstrand lag keine 100 Meter vor uns. Der antriebslose Gleiter begann wie ein Pendel hin und her zu trudeln, dann sackte er mit einem Schlag nach unten weg. Im gleichen Augenblick wären Dammon und ich fast aus unseren Sicherheitsgurten gerissen worden, doch glücklicherweise hielten sie der enormen, ruckartigen Belastung stand. Verzweifelt umklammerte ich den vibrierenden Steuerknüppel und hielt mich mit aller Kraft daran fest. Ich hatte das komische Gefühl, in einem nach unten rasenden Aufzug zu sitzen, bei dem alle Bremssicherungen gleichzeitig versagt hätten, und der in wenigen Sekunden auf dem harten Betonboden des Aufzugschachtes fürchterlich zu zerschellen drohte.

 

Fast war es so. Der brennende Düsengleiter schlug mit der Flanke krachend auf die Meeresoberfläche. Abermals wurden Dammon und ich heftig durchgerüttelt. Dann versank das Fluggerät augenblicklich zur Hälfte in brodelndem Schaum und platzenden Blasen. Danach war das Geräusch von brechendem Glas zu hören. Die Pilotenkanzel hatte den Aufprall offenbar nicht standgehalten und von allen Seiten schoss das kalte Atlantikwasser in die Kabine.

 

„Wir müssen hier sofort raus!“ rief ich meinem Co-Piloten zu, der mich mit starrem Blick benommen ansah, aber offenbar bei vollem Bewusstsein war. Der Aufprall hatte ihn wohl heftiger getroffen als mich.

 

„Los Dammon! Worauf warten Sie? Wollen sie hier wie eine Katze im Sack elendig ersaufen? Nun machen Sie schon ihren Gurt los! Schnell!“ brüllte ich ihn an.

 

„Sag ich doch, Taylor“, keuchte plötzlich Mark Dammon, blickte mich erstaunt an, löste seinen Sicherheitsgurt und schwamm mit einem kräftigen Stoß hinaus durch das zerborstene Kabinenfenster nach oben an die helle Wasseroberfläche.

 

Unterdessen stand mir selbst das gurgelnde Wasser bis zum Hals. Ich hatte den Sicherheitsgurt schon abgelegt und wollte gerade die schaukelnde Kabine verlassen als ich mich an diesen Lederbeutel mit dem seltsamen, faustgroßen Artefakt darin erinnerte. Oder war es möglicherweise der schwarze Kristall, der sich ganz von alleine in mein Gedächtnis zurückmeldete? Ob er noch an dem Pilotensitz hing? Ich tauchte deshalb sofort kurz ab und fand ihn auf Anhieb. Der braune Lederbeutel mit dem Kristall hing oberhalb an einem Haken direkt auf der Rückseite des Pilotensitzes. Ich griff sofort nach dem Halteriemen des Beutels und hielt ihn fest umklammert. Anschließend zwängte ich mich durch eines der zerborstenen Kabinenfenster, erreichte einige Sekunden später schnaufend und prustend die Oberfläche des Wellen durchwühlten Wassers und hielt gleichzeitig Ausschau nach Mark Dammon.

 

Ich blickte gespannt um mich. Mark Dammon schwamm bereits in Richtung der kleinen Insel, deren weißer Strand direkt vor uns lag. Erleichtert atmete ich tief durch. Dann schwamm ich ihm hinterher und schon bald hatten wir kurz hinter einander das sichere Ufer erreicht.

 

„Da haben wir ja noch mal richtig Glück gehabt, Taylor. Wäre die Kiste weiter draußen im Meer niedergegangen, hätten wir die Insel hier sicherlich nicht so schnell erreicht. Ich schätze mal, dass sie an die dreißig Kilometer lang ist und eine Breite von ca. fünf bis sechs Kilometer hat. Ich kann mich daran erinnern, dass ich sie früher schon mal überflogen habe. Mit ihnen zusammen, Taylor. Komisch, dass mir das ausgerechnet jetzt ins Gedächtnis zurückkommt. Mir fällt aber im Moment nur der Name dieser Insel nicht mehr ein. Wie auch immer, wir haben wirklich großes Glück gehabt.“

 

„Ja, das haben wir, Dammon. Doch..., was bei der ganzen Sache noch viel wichtiger als alles anderer ist, ist das, was ich hier in meiner Hand halte. Das Artefakt! Ein wunderschöner, schwarzer Kristall. Ich konnte ihn im letzten Augenblick aus dem sinkenden Düsengleiter bergen. Um ein Haar hätte ich das Schmuckstück beinahe vergessen. Aber der schwarze Kristall hat sich bei mir anscheinend im Gedächtnis rechtzeitig bemerkbar gemacht.“

 

„Sie meinen das seltsame Artefakt da in dem Lederbeutel, das wir in der verfallenen Ruinenstadt zwanzig Meter unterhalb der Meeresoberfläche gefunden haben? Ach was, Taylor! Das sind doch nur alte Märchen aus längst vergangener Zeit. Dieses schwarze, Licht schluckende Ding da in ihrer Hand hat doch keine magischen Kräfte. Das ist bloß eine Legende, die schon über viele, viele Hunderte von Jahren im Umlauf ist. Eine uralte Geschichte, mehr nicht. Die einheimischen Indios mochten solche geheimnisvollen Sagen. Sie gehörten zu ihrer traditionsreichen Kultur, wie ihre Tänze und oft blutigen Rituale auch. Trotzdem, wir sollten lieber schleunigst dafür sorgen, dass wir so schnell wie möglich einen sicheren Ort auf der Insel finden. Hier wird es nämlich bald ungemütlich kalt. Die Sonne steht schon tief und die kommende Nacht wird bald hereinbrechen.“

 

„In Ordnung, Mr. Dammon. Sie haben wie immer Recht. Also gehen wir los, bevor es dunkel wird“, antwortete ich ihm kurz und bündig.

 

Unterwegs stellte mir Mark Dammon plötzlich eine Frage.

 

„Mr. Taylor? Darf ich Sie aus reiner Neugierde mal was fragen?“

 

Ich hob im beginnenden Halbdunkeln die Schulter. „Von mir aus. Fragen kosten nichts.“

 

„Nun ja..., eigentlich weiß ich nicht, wie ich anfangen soll. Aber glauben Sie denn wirklich, dass dieser schwarze Kristall in dem Lederbeutel da über magische Kräfte verfügt? Ich meine, wir leben doch im 25. Jahrhundert, haben den Mond und den Mars besiedelt und bauen Raumstationen außerhalb unseres Sonnensystems. Wir erobern gerade das Universum mit neuen Raumschiffen, die bis an den Rand der Milchstraße reisen können. Und ausgerechnet ein Mann der archäologischen Wissenschaften wie Sie, Mr. Taylor, der glaubt an magische Kräfte, an die vielleicht mal die alten Azteken, Mayas und Inkas geglaubt haben. Aber diese Urzeitvölker Mittel- und Südamerikas sind doch schon längst ausgestorben. Von ihnen ist fast nichts mehr übrig geblieben, außer ein paar steinerne Denkmäler, die irgendwo im Dschungel herumstehen und heute noch besichtigt werden können.“

 

Innerlich musste ich über die Einfältigkeit meines Co-Piloten grinsen. Er war viel ahnungsloser, als ich dachte.

 

Ich blieb jetzt stehen und ließ Mark Dammon an mir vorbei gehen. Dann bat ich ihn darum, ebenfalls stehen zu bleiben, damit er sich mir in aller Ruhe ungestört zuwenden konnte.

 

Dammon tat das von mir Geforderte ohne Widerspruch. Als er mich schließlich erstaunt und erwartungsvoll ansah, öffnete ich den braunen Lederbeutel und hielt im nächsten Augenblick einen pechschwarzen, faustgroßen, glatt polierten Kristall in meiner rechten Hand.

 

„Eigentlich bin ich kein Freund voreiliger Worte, aber diesmal muss ich ihnen wohl die Wahrheit sagen, Mr. Dammon. Dieser Kristall hier ist einer der letzten von drei ziemlich gleich großen und fast identisch aussehenden Kristallen, die ich bis jetzt hier in dieser Gegend gefunden habe. Die anderen zwei Kristalle befinden sich bereits seit einiger Zeit schon auf dieser kleinen Insel, genauer gesagt, ganz in der Nähe unseres Standortes. Der Kristall hier in meiner Hand hat bereits seine Macht gezeigt und meine Gedanken perfekt in die Tat umgesetzt. Der Absturz des Düsengleiters war kein Unfall, sondern ein bewusst herbei geführtes Ereignis, das ich mir ausgedacht habe. Und dass wir beide den ach so verheerenden Absturz trotzdem glimpflich überlebt haben, das ist natürlich auch kein Zufall, sondern war von vorneherein so geplant. Die magische Kraft des Kristalls hat meine eigenen Gedanken und Vorstellungen haargenau in die Tat umgesetzt. Um alle drei jedoch wieder dauerhaft zusammenzufügen, bedarf es allerdings eines ganz besonderen Saftes, den unter anderem auch wir Menschen in uns tragen. Ich meine damit das Blut in uns, Mr. Dammon. Es muss das Blut eines Menschen sein, denn ohne dem geht es nicht. Die drei Kristalle würden sich miteinander ohne das Opferblut eines Menschen nicht zu einer Einheit verbinden können, um ihre jeweils einzelne, unabhängige Kraft zu einer einzigen, gemeinsam wirkenden Kraft zu bündeln. Können Sie sich vorstellen, was das heißt, Mr. Dammon? Wer die vereinten Kristalle danach in seinen Händen hält, der kann per Gedankenkraft so gut wie alles machen. Er kann Reisen wohin er will. Er kann sich durch Raum und Zeit bewegen und jeden Planeten in einer noch so weit entfernten Galaxie im Universum erreichen. Und das Ganze spielt sich ohne Zeitverlust ab. Alles ist per Gedankenkraft blitzschnell machbar und möglich. Die Insel hier war einmal die Heimat eines kleinen Mayastammes. Sie fanden vor langer, langer Zeit zwei der schwarzen Kristalle bei einem außerirdischen Raumfahrer, der mit seinem gewaltigen Sternenschiff vor ihrer Küste ins Meer gestürzt war und dabei offenbar umkam. Sie verehrten die Kristalle seither als Geschenk der Götter. Den dritten Kristall aber fanden sie nicht, weil sie nicht wussten, dass es noch einen dritten gab. Auch ahnten sie nichts von der Macht der Kristalle. Ihre primitiven Gedanken wurden ihnen daher zum Verhängnis. Ihr eigener Aberglaube wurde ihnen zum tödlichen Schicksal. Es passierten Dinge um sie herum, die von den unheimlichen Kräften der Kristalle ausgingen, an denen sie aber letztendlich selbst schuld waren. Durch Zufall entdeckte ich diesen dritten Kristall letztes Jahr beim Tauchen im Meer hier vor der Küste dieser einsamen Insel, nicht unweit der Stelle, wo das außerirdische Raumschiff wohl einmal abgestürzt sein musste. Damit fängt ja auch gewissermaßen ihre Geschichte an. Der schwarze Kristall selbst hat sich von mir finden lassen, weil ich mich als erster in seiner unmittelbaren Nähe befand. Hat man erst einen Kristall, führt er den Besitzer zu den zwei anderen hin, die ich natürlich ebenfalls bald in meinen Besitz bringen konnte. Es ist tatsächlich so: Sobald man nur einen in der Hand hält, will er sich mit den anderen zwei vereinigen. Dafür tut er alles. Er dient sich seinem Besitzer gleichsam an, man wird nach und nach zum Herr über die drei schwarzen Kristalle. Es ist allerdings ein Jammer, dass ich ihr Blut brauche, Mr. Dammon. Es tut mir aufrichtig leid, dass ich Sie dafür töten muss. Natürlich lege ich nicht selbst Hand an, denn der Kristall erledigt diese Arbeit für mich. Ich denke es..., und er bringt sie um, besser gesagt, Sie selbst bringen sich um. Sie begehen quasi Selbstmord gegen ihren eigenen Willen. Ja, das kann der Kristall. Er braucht das Blut eines Menschen. Das hat er wohl von den alten Mayas übernommen. Die kannten ja auch Blutopfer. So ist das nun mal, Mr. Dammon. Aber bitte, gehen Sie doch jetzt weiter! Der versteckte Opferplatz liegt gleich hinter der nächsten Biegung des Trampelpfades. Also gehen Sie schon! Ich möchte das grausige Spiel so schnell wie möglich hinter mich bringen.“

 

Mittlerweile hatte sich die Dunkelheit über die kleine Insel gelegt. Oben am klaren Nachthimmel glitzerten die Sterne. Fast wie in Trance und ohne ein Wort zu sagen drehte sich Mark Dammon wieder um und ging wie ein ferngesteuerter Roboter weiter. Sein Gesicht war puterrot angelaufen und hatte sich in eine widerliche Fratze verwandelt. Er kämpfte innerlich gegen etwas an, das er nicht besiegen konnte.

 

Bald erreichten wir den unscheinbar aussehenden Opferplatz und Mr. Dammon wurde durch meine Gedanken vom Kristall dazu gezwungen, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen. Er schnitt sich die Halsschlagader auf und das Blut lief in eine steinerne Schale, worin die drei Kristalle eingebettet waren. Sie absorbierten sofort das gesamte Blut aus Mr. Dammons Körper, der danach aussah wie eine getrocknete Rosine, nur das die Farbe seiner Haut eher grauweiß als rötlichbraun war.

 

Mir kam nach diesem notwendigen Ritual der Rest der Nacht unendlich lang vor. Kurz vor der morgendlichen Dämmerung allerdings schlief ich ein und erwachte erst wieder, als die Sonne hoch am Himmel stand. Ich wähnte mich in einem Traum, aber es war keiner. Die drei schwarzen Kristalle lagen immer noch fest vereint in meiner Hand, verborgen unter einer kleinen Decke. Sie hatten mich in eine Welt zurück versetzt, die es schon lange nicht mehr gab.

 

Aber ich hatte mich mal wieder ganz bewusst an die alte Zeiten erinnert, stellte mir alles wieder genauso vor, wie es sich vor langer, langer Zeit so und nicht anders zugetragen hatte und die schwarzen Kristalle erfüllten mir den Wunsch umgehend. Sie brachten mich zurück in die Vergangenheit. Ein bisschen Wehmut und Traurigkeit lag jetzt immer noch in der Luft, als ich Mr. Mark Dammon bei meiner Reise in die Vergangenheit wieder mal begegnet bin. Aber von seinem kostbaren Blut hing damals alles ab. Ich habe seine Leiche später dem Meer übergeben. Er ruhe in Frieden für alle Zeit.

 

Tja, so hat es sich einmal zugetragen. Es ist schon eine Ewigkeit her. Mittlerweile schreibt man das Jahr 3512. Es ist schon verdammt komisch, nicht sterben zu können. Solange ich die drei Kristalle mit mir herumtrage, solange halten sie mich am Leben. Ich lege sie nie ab, sondern trage sie immer bei mir – viele, viele Jahrhunderte schon.

 

Und bald geht es noch weiter in die Vergangenheit zurück. Ich glaube, es ist das 21. Jahrhundert. Genauer gesagt geht es in das Jahr 2019. Ich werde gleich zu Jahresanfang dort einen gewissen Mann namens Heinz-Walter Hoetter aufsuchen, der auf einem Planeten namens Erde lebt, wo ich nämlich früher schon mal war. Damals ist mir dieser Kerl durch Zufall über den Weg gelaufen, der sich als Autor von Kurzgeschichten ausgab. Als wir in dieser kleinen Bar am gleichen Tisch saßen, erzählte er mir, dass er unter anderem auch Science Fiction oder Fantasie Geschichten schreibt. Nun, ich werde ihm einfach mal ganz unverbindlich einen Besuch abstatten und dann meine absonderliche Geschichte erzählen, ob er sie mir glauben wird oder nicht, das steht dabei nicht so sehr im Vordergrund. Aber er wird sie schreiben, wenn ich sie ihm erzählt habe, da bin ich mir ganz sicher. Danach werde ich wieder in meine Zeit zurückkehren.

 

Ich bin der Mann mit den drei schwarzen Kristallen. Mein Name ist James Taylor

 

 

ENDE

 

 

©Heinz-Walter Hoetter

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.06.2019. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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