Brigitte Waldner

Alles Banane


Mein Leben in einer Bananenrepublik ist mehr Un- als Glück;
dass ich innerhalb meines Hauses,
wo ich alleine wohne mit bisher fünf Katzen und jetzt auch einem großen Hund,
alles versperren und verstecken muss,
mein nächster Nachbar als unmaskierter Räuber sogar ins Badezimmer kommt,
während des Duschens, wo ich nackt und nass und hilflos bin,
die Schranktür öffnet und dann den Reißverschluss
der Kosmetiktasche, und die dort versteckten Geldscheine
herausnimmt, ist kein Schmäh. Soll ich ihm nackt und nass nachlaufen?

Das geschah voriges Jahr dreimal hintereinander morgens, bis ich ihn erkannte.
Ich ließ die Duschwände einen Spalt offen,
um genau zu sehen und sah den 50jährigen Räuber und er sah mich. Ich bin 62.
Wir hatten für eine Minute Blickkontakt.
Dann griff er in die Kosmetiktasche.

Aus dem Fenster sah ich ihn durch den Garten zu seinem Haus zurücklaufen,
während ich mich abtrocknete und anzog.
Meinen neuen weißen Frottee-Mischfaser-Bademantel
und eine Plastiktasche mit mutmaßlich Lebensmitteln
aus meiner Speisekammer überreichte er seiner Mutter,
die an der vorderen südlichen Hausecke, wie immer, auf ihn wartete,
um die Beute zu übernehmen und den Einbruch zu überwachen,
damit es keine Zeugen auf der Straße gab.
Meine Nachbarn sind ein gut aufgestelltes, perfektes Räuberteam,
bestehend aus Vater, Mutter, Sohn, Tochter, Enkelsohn und einigen Komplizen.

Seit fünfzig Jahren hat in mein Haus noch nie wer anderer
eingebrochen, gestohlen, geplündert und sachbeschädigt, als diese Nachbarn.
Der herbeigerufene sogenannte Freund und Helfer schaut weg.
Man verhörte mich und sagte: „Frau Waldner, geben sie endlich eine Ruhe,
und lassen sie ihm ihre Sachen und ihr Geld,
sie haben ja noch genug.“

Ich dachte mir, na warte, dich lasse ich auflaufen, blieb ruhig und sagte nichts.
Er riet mir von einer Anzeige ab und drohte mir,
ich würde im Gegenzug eine Verleumdungsklage erhalten,
denn ich könnte ja nichts beweisen,
und dann würde ich aufgrund der Schwere der Unterstellungen
für Jahre ins Gefängnis kommen.
Mir so viel entwenden, Geld und Sachen, und ich dafür sitzen gehen
und Anwälte füttern,
das sind mir meine Räuber nicht wert, habe ich beschlossen.

Ich dachte darüber nach, mit wie vielen Bananen
die gefüttert wurden,
die Einbrüche meiner nächsten Nachbarn immer wieder zu decken
und mich als meschugge hinzustellen.
Es müssen sehr viele gewesen sein,
denn mir kamen regelmäßig viele abhanden,
so viele, dass ich keinen Überblick mehr hatte.
Was macht ein Nachbar mit so vielen Bananen?

Er verteilt großzügig unter seines gleichen und erfreut sich großer Beliebtheit.
Er lebt in Saus und Braus und saniert sich damit günstig sein Haus.
Sein Übergewicht, das daraus resultiert, trägt er täglich mit sich herum.

Was lernt man daraus?
Bananen machen dick.
Es ist eben alles Banane in einer Bananenrepublik.

© Brigitte Waldner

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.07.2019. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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