Klaus Mallwitz

Spiegeleierindustrie vor dem Ruin

Die Absatzzahlen sprechen für sich. Seit Beginn des laufenden Jahres hat sich der Absatz der legendären Spiegeleier auf ein Drittel der vergangenen 12 Monate verringert.
Schuld daran sei laut Karl-Detlev Eiermann die Profitorientierung der Jägerschnitzelfabrikation. Der Spiegeleierfabrikant Karl-Detlev moniert vor allem, dass es den Eierliebhabern seit geraumer Zeit an Intelligenz und Geschmacksorientierung fehle. Jeder intelligente Eierverzehrer müsse seiner Meinung nach eher auf das „z“ verzichten, als auf das ganze Spiegelei, dann wäre der Fortbestand der Eierindustrie dank der erhaltenen Eierverehrer gesichert.
Die Herstellung eines Spiegeleis sei ihm seit seiner Konfirmation eine Herzensangelegenheit. Damals, im Alter von 14 Jahren, wurde ihm von der Ostereierlaborantin Carina Osterfreude (28) aus Helsinki ein Osterei geschenkt. Dieses Ei verlor der Jugendliche versehentlich in einer Bratpfanne, worin sich das Osterei die Finger verbrannte. Karl-Detlev rettete es mittels zweier Gabeln und der Unterstützung eines Teelöffels, legte Verbandszeug an und pflegte es in seinem Bett. Als es bereits nach vier Tagen wieder gesund war, legte er es in eine Pfanne, und siehe da: Es entstand bereits nach kurzer Hinzufügung einer heißen Luft dank des funktionskräftigen Herdeinschaltungsknopfes ein waschechtes Spiegelei. Das war für Karl-Detlev die Geburtsstunde der Spiegeleierfabrikation.
Mit rasanter Geschwindigkeit stellte er die schmackhaftesten, die bezauberndsten, sogar die klügsten Spiegeleier her, die die Welt bis heute gesehen hat.
Aber die Erfolgskurve wurde misstrauisch beobachtet. Der Jägerschnitzel-Verpackungskünstler Sebastian Tesafilm-As (55) aus Den Haag litt fürchterlich, als er feststellte, dass er sich seit Rückgang der Absatzzahlen für seine Schnitzel in der heiteren Tesafilm- Office-Box keine BMWs mehr kaufen konnte, und dadurch sogar den Respekt seiner Ehefrau und seiner 34,3 Geliebten verlor. Seine Kunden kauften mehr und mehr die leckeren und gut aussehenden Spiegeleier, als seine herrlich gebräunten, mit Nagellack und Kugelschreiber verzierten Jägerschnitzel, die je Stück sicher verpackt in 2x2x2m großen Kartons zum Selbsterhaltungspreis plus Fahrtkostenpauschale seine Kunden erreichte. Aber Sebastian wäre nicht Sebastian, wenn er nicht Sebastian wäre. Spontan entschied er sich für eine Sonderaktion, die die Welt noch nicht gesehen hat. Er entwickelte binnen kurzer Zeit einen doppelt so großen Karton, in dem nicht nur ein Jägerschnitzel Platz finden konnte, sondern dessen ganze Familie. Als Gratis-Danke-Schön schmiss Sebastian sogar noch einen süßen, kleinen Teddybären mit hinein in die Riesenschachtel.
Der Erfolg blieb nicht aus. Die Absatzzahlen stiegen enorm, und der Spiegeleierabsatz begann, sich spürbar zu reduzieren.
Das bemerkte auch Karl-Detlev Eiermann. Er wäre nicht Karl-Detlev, wenn er nicht Karl-Detlev wäre. Gestern entwickelte er in einem rasanten Tempo einen Rücksendeschein, mit dem die Kunden seine Eierspeisen Ei für Ei, wirklich jedes einzelne Ei bedenkenlos zurücksenden dürfen. Dies sei sogar erlaubt, wenn schon ein wenig vom Ei abgebissen worden sei. So viel Kundenliebe hat die Welt noch nicht erlebt.
Wir sind gespannt, wie sich der Kampf um die Lebensmittelverbesserung weiter entwickelt. Und wir möchten nur eins: Es soll der Bessere gewinnen! Es darf nicht geschehen, dass beide Fabrikanten, der Eiermann und der Schnitzelboy, eines Tages die Idee haben, ein gemeinsames Produkt auf den Markt zu werfen, nämlich einen Eierjägerspiegel oder so. Das darf nicht passieren, weil ich, der große Chefredakteur und künftige Eierjägerspiegelmillionär Klaus-Ferdinand Profit-Profi (63) bereits gestern Nacht als allererster auf diese rasante Idee gekommen bin.
Bitte nicht weitersagen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.01.2020. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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