Klaus-D. Heid

Offener Brief des Teufels

Guten Tag.

Meine Name ist Teufel. Einfach nur Teufel. Obwohl ich keinen Vornamen besitze, glaube ich doch, dass man wissen wird, welcher Teufel diesen offenen Brief verfasst hat...

Im Laufe der Jahrtausende wuchs in mir der Wunsch, mich bei all jenen zu bedanken, die mir mit Dummheit, Ignoranz und Egoismus ein teuflisches Vergnügen bereiteten. Ich glaube (obwohl ich sehr vorsichtig mit diesem Wort umgehe!), dass es an der Zeit ist, ein ernstgemeintes Lob auszusprechen. Was wäre wohl aus mir geworden, wenn mir nicht Menschen zur Seite gestanden hätten, die ich nach Strich und Faden verführen konnte?

Hier also meine Dankesworte für die ungebrochene Liebe zur Lieblosigkeit:

Nicht der Teufel hat den Schnaps gemacht, Ihr Idioten! Wie immer war Verlass auf Euch, wenn es darum ging, Gutes ins Schlechte zu wandeln. Nicht ich habe Euch verführt, zu saufen und Euch bis zum Delirium zu betrinken. Ihr selbst wart es. Danke! Ihr habt mir eine Menge Arbeit abgenommen. Und wie sieht’s mit der Untreue aus? Steckt der Teufel im Detail, wenn es ums Betrügen lieber Partner geht? Einen Teufel habe ich damit zu tun! Auch in diesem Falle kam mir lediglich die Rolle des amüsierten Zuschauers zu, der keinen Finger krümmen musste. Ihr habt ohne Ende betrogen, was das Zeug hält. Bravo! Ihr habt mit treuen Augen geschworen, niemals untreu zu sein – und hattet noch den Geschmack des Fremdgehens auf den Lippen. Wunderbar! Wer, zum Teufel, kann besser lügen, als ihr selbst? Manchmal beineide ich Euch fast, wenn ich sehe, wie Ihr den Meister der Lüge zu deklassieren sucht. Macht nur schön weiter so, Ihr teuflisch bösen Menschen. Nur keine Pause einlegen, ja? Es müsste auch mit dem Teufel zugehen, wenn ich jemals etwas dazu beigetragen hätte, Euch die Dummheit zu lehren. War gar nicht nötig! Verschlungen habt Ihr sie, als sei sie Euer täglich Brot. In Dreiteufelsnamen versichere ich Euch, dass Ihr so dumm seid, wie es sich ein Teufel nur wünschen kann. Auch hierfür meinen Dank an Euch! Statt mich zu verteufeln, habt Ihr mich vergöttert. Statt mich zum Teufel zu jagen (wäre eh nicht gegangen!), habt Ihr mich herbeigesehnt.

Was bin ich stolz auf Euch!

Immer wenn ich dachte, der größte Egoist des Universums zu sein, habt Ihr alles versucht, mich in dieser Disziplin zu schlagen. Zwar ist dies für alle Zeiten ein hoffnungsloses Unterfangen – doch zählt alleine der gute Wille, den ich sehr wohl erkannt habe! Unzählige Male bin ich auf meinem Pferdefuß auf- und abgesprungen, weil ich mich hundertprozentig auf Euch verlassen konnte. Ihr habt herrlich hohe unüberwindbare Zäune um Euch herum gebaut, habt Euch in Euren Wohnungen eingeigelt wie Krebstumore, die einen gesunden Körper befallen. Grandios, Ihr Menschen! Perfekt!

Weder Tod noch Teufel scheuend, habt Ihr ausschließlich an Euch gedacht. Selbst wenn Millionen Eurer Artgenossen qualvoll durch Krieg oder Hunger verreckt sind, fandet Ihr Spaß an Talkshows und wüsten Feiern. Teufel, Teufel! Euer Herz zu bewegen, ist – weiß der Teufel – gar nicht so einfach.

Und das alles, Ihr lieben Idioten, schafft Ihr, ohne mein Zutun! Ich muss Euch nicht in Versuchung führen, weil Ihr Euch selbst versucht. Ich muss Euch nicht erst alle Reichtümer der Welt bieten, weil Ihr auch ohne mich danach strebt. Ich brauche auch nicht mit Pest und Pocken drohen, da Ihr selbst reichlich für Verwesungsgerüche jeder Geschmacksrichtung sorgt.

Ich denke, Ihr seid verteufelt gut. Noch ein paar lächerliche Jahrehunderte – und Ihr habt geschafft, was ich Euch von Herzen (falls ich eines hätte!) wünsche.

Das alles musste einmal gesagt sein. Macht weiter so und dezimiert Euch. In diesem Sinne wünsche ich Euch die Hölle auf Erden. Ihr kriegt das schon hin. Ich weiß dass! Aus dem Teufelskreis, in dem Ihr euch befindet, werdet Ihr niemals herauskommen.

In freudiger Erwartung

Teufel.

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