Der junge Mann, er muss um die 20 sein, mit dem ich mein Feierabendbier trinke das heute besonders gut schmeckt, vor allem der erste Schluck, sieht mich mit seinen grossen rehbraunen Augen an als ich ihm erzähle, dass ich in meinem Unternehmen besonderen Wert auf Akkuratesse lege. Ich führe mit ihm ein Einstellungsgespräch. Auf eine Stellenanzeige als Bilanzbuchhalter hat er sich gemeldet. Heute für unser Treffen besonders herausgeputzt. Scheitel in der Mitte im gegelten Haar gezogen. Ein Hugo Boss Ausgehhemd angezogen. Verwundert bemerke ich die goldenen Manschettenknöpfe. Dachte junge Männer würden solche nicht mehr benutzen. Muss er seinem Vater entrissen haben. Oder geerbt von seinem Grossvater. Erstmals heute ausgeführt! Muss leicht schmunzeln. Versuche dies nicht zu fest nach aussen dringen zu lassen. Er könnte falsche Schlüsse daraus ziehen. Sich zurückziehen in eine Einstellungsgesprächsrolle die ich unbedingt zu vermeiden suche. Solche Gespräche führe ich immer in diesem Wirtshaus. Die Atmosphäre und die Uhrzeit lässt eingeübte Maskeraden schmelzen. Den wahren Charakter eines Bewerbers ans Tageslicht bringen, das in diesem Ort zwar eher schummrig sich zeigt. Bemerke, dass er nicht verstanden hat was ich von einem Bilanzbuchhalter erwarte. Wiederhole deshalb das Wort Akkuratesse. Worauf der junge Mann sich unsicher umblickt. Dann auf seinen leeren Humpen zeigt. Die Frage stellt, ob mich auch nach einem zweiten gelüstet. Ich nicke! Denke typisches Ablenkungsmanöver! Kein übler Schachzug.
Doch ich will wissen ob der Bewerber Akkuratesse in seiner Arbeit leisten kann. Frage deshalb nochmals wie es mit seiner Akkuratesse steht. Er sieht mich an. Greift dann nach dem Humpen. Prostet mir zu. „Ist das der Geschäftswagen den ich zur Verfügung gestellt erhalte?“ Erkundigt sich wie viele Kilometer eine Batterieladung leistet. Ach ja, denke ich, ein sympathischer junger Mann. Werde ihn probeweise anstellen. In der Probezeit seine Akkuratesse prüfen. Wenn er akkurat arbeitet braucht er dieses altväterliche Wort ja nicht zu beherrschen. Wichtiger ist, dass er die Bilanz mit Akkuratesse erstellt!
Und aus meinem demnächst erscheinenden Buch
MORGENDICHTE
jeden Morgen mit einem Gedicht beginnen!
Mein persönliches Lieblingsgedicht:<https://www.francois-loeb.com/fileadmin/wochengeschichte/SATZZEICHENTANGO.pdf>
Ich wünsche angenehmes verlängertes Wochenende!
Herzlichst François
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.05.2020.
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