Istvan Hidy

Seid fruchtbar und wehret Euch!

Neuerdings komme ich aus unerklärlichem Grund immer wieder aufs Klonen. Angefangen hat es wohl damit, dass ich von einem Zeitungsartikel erfuhr, in dem enthüllt wurde, dass ein anonymer Milliardär ein Kind nach seinem Bilde hatte klonen lassen. Er ein lebenslanger Junggeselle, der der Nachwelt einen Sohn hinterlassen wollte, aber keine Frau fand, deren Gene er seinen eigenen für würdig befunden hätte. Er engagierte einen Wissenschaftler, der dem Mann eine Zelle entnahm, sie von einer Frau ausbrüten ließ, das genetische Material der Frau daraus entfernte und dann ein genaues Abbild des reichen Mannes lieferte.

Kann sein, dass den erlebnishungrigen Journalisten nur eine "Ente" serviert wurde. Der Milliardär zelebrierte im Prinzip eine Neuinszenierung der Schöpfungsgeschichte Eva, kombiniert mit Christkind Geburt á la Hollywood. Angesehene Wissenschaftler haben sich über die Geschichte mokiert und bisher haben weder der wissenschaftliche Schöpfer, noch die dahinter stehende Sekte Beweise dafür vorlegen können, dass es sich wirklich so abgespielt hat. Gut möglich, dass wir einem Verrückten lauschen.

Meine Sorge ist es nun, dass es vielleicht diesmal noch nicht geklappt hat - aber wer sagt mir, dass es nicht in Zukunft soweit kommen könnte? Denkbar wäre es doch, dass das Klonen bald so verbreitet ist wie den Lottospielen. Wenn wir erst wissen, wie sich mit nur einer Zelle genaue Reproduktionen von uns selbst herstellen lassen, kann das für die Menschheit zu einem ganz neuen, aufregenden Spiel werden. Ich hätte nichts dagegen, tausend Menschen wie mich zu reproduzieren, weil ich glaube, dass die Welt sie braucht. Aber ich wäre ganz entschieden gegen auch nur einen weiteren Herr Täuschleer, meinen Nachbarn. Er ist ein unmöglicher Mensch. Er wäscht nie seinen Daimler und zweifelt an der Berechtigung von Kehrwochen. Er lässt seinen Hund im ganzen Viertel frei herumlaufen und frei kacken und wenn man nach den leeren Flaschen in seinem Mülleimer geht, trinkt er hier in Stuttgart nur badischen Weine. Irgendwas stimmt nicht mit seinen Genen und wenn wir seine Zellen zum Klonen freigeben würden, wäre in unserem Viertel der Teufel los.

Andererseits gibt es die schöne Frau Sommer mit den "Supergenen" bzw. Maßen 95/60/95. Sie arbeitet in der gleichen Firma wie ich. Frau Sommer ist bildschön, intelligent, und es ist eine Freude, sie anzusehen. Auf unserem Stockwerk sagen alle, wie schade es doch ist, dass es nur eine Frau Sommer gibt. Erst jetzt nach der Klonmöglichkeit erwähnte mein Kollege, der Klaus Wege, in der Kaffeepause: "Jedem seine Frau Sommer - wäre das nicht schön!"

"Wenn sie das mit dem Klonen erst so richtig raus haben", bejahte ich, "vielleicht können wir uns von ihr eine Kopie leisten." Unser Kaffee dampfte vor Begeisterung.

Aber Spaß beiseite, wir alle müssen uns ernsthaft mit den moralischen Fragen auseinandersetzen, die das Klonen aufwirft. Natürlich wäre die Formel 1 zukünftig für uns Deutsche interrasanter, wenn Michael Schumacher noch zum Klonen freigestellt sein sollte. Der deutsche Tennissport hat auch nur noch die einzige Chance, Steffi Graf und Boris Becker zum Klonen freizustellen. Aber könnte die Welt sich zwei Donald Trump leisten? Würde unserer sehr angesehener Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, uns Allen so viel bedeuten, wenn gleichzeitig Tausende von seiner Sorte herumliefen? Und ebenfalls sicher gibt es ein Maximum an Jens Spahn Bundesminister für Gesundheit, die das Land gerade noch ertragen kann!

Störend ist auch, dass das Klonen zunächst sehr kostspielig sein wird, so dass nur reiche Leute Geld genug haben werden, sich kopieren zu lassen. Bis die Preise sinken, werden wir zunächst also in großen Mengen nur Spitzenmanager, wie Dieter Zetsche, oder gutbetuchte Aufsichtsräte, wie Friedrich Merz reproduzieren können, die mit zunehmender Zahl über ihre Lobby immer höhere Preise durchsetzen werden unter dem Vorwand, dass sie ja nun viel mehr Mäuler zu stopfen haben. Wenn eventuell die neue Grüne Elite zum Regieren vorrückt und sich das Klonen leisten kann, wird sie vermutlich den Bundestag dazu bringen, es den Linken und Armen gesetzlich zu verbieten, weil man die höheren Kosten für die Sozialfürsorge scheut.

Es wird ein gewaltiges Durcheinander geben, wenn wir das Problem nicht schon heute gründlich durchdenken. Jeder muss sein eigenes Herz tief erforschen und sich fragen: "Möchte ich, dass ein genaues Duplikat meiner selbst meinen Platz einnimmt, wenn ich nicht mehr bin, oder bin ich bereit, meine Zellen zum Wohle der Menschheit abzutreiben?" Bis dahin "seid fruchtbar und wehret Euch"!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.05.2020. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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