Karl-Konrad Knooshood

Neue Negativzeit (rein fiktiv)

 

Sie hatten es leicht und es war ihnen einfach und vor allem einfach so möglich gewesen, was zu Beginn der neuen Negativzeitrechnung, zu Anfang der Anti-Epoche (wie man sie erst ungefähr 150 Jahre später nennen sollte, manche präferierten den Begriff "Suizidalismus", da sämtliche Prinzipien, Werte und Normen der ehemaligen europäischen Demokratien in selbstmörderischer Blindheit und Verblendung aufs Spiel gesetzt und quasi den reißenden Haibestien zum Dîner vorgeworfen worden waren (was vorher kaum denkbar gewesen war).

 

Doch wie so häufig blieb es nicht bei Lippenbekenntnissen (höchstens bei drängenderen, wichtigen Problemen, die traditionell ignoriert wurden) und miserablen Scherzen bzw. gleich als grotesk verworfenen polemischen, gar zynischen Vorschlägen. Es blieb nicht (obwohl es das hätte tun sollen!) bei empörenden Aussagen, denen berechtigterweise von allen Seiten massiver Gegenwind entgegenschlug, wie etwa der eines bayrischen Linkspartei-Politikers, der anheimstellte, man könne (und solle) doch "Nazis" ins Gulag stecken bzw. drückte er es ungefähr so aus: Vorübergehende Zwangsinternierung/Zwangseinquartierung in eigens dafür gebauten Containerdörfern , wo man sie umerziehen solle/könne. Kein noch so naiver Mensch hätte nicht wissen können, dass es sich bei sog. "Nazis" nicht allein um tatsächliche (Neo-)Nazis handelte (auch diese Mitglieder der Gesellschaft genießen übrigens Bürgerrechte, also wäre auch dies inakzeptabel gewesen), sondern um sämtliche Migrationskritiker, Merkelkritiker, Konservative, nicht Linkszeitgeistige und Islamkritiker. Libertäre, Neoliberale, Fans des Rechtsstaats und seiner konsequenten Umsetzung auf Grundlage bestehender Gesetze, kurz: ALLE Abweichler, Apostaten von der linken, teils linksextremistischen, ausgedehnten Linksdoktrin, alle Nicht-Befürworter des linken Dogmas, der Agenda, des Mainstreams…

 

Man hatte dieses Thema, wie üblich, in den üblichen Talkshows mit den üblichen Phrasen aus den üblichen Mündern der üblichen Volksverächter-Volksvertreter mit dem üblichen Pathos und der üblichen trüben ideologisch-üblichen Herangehensweise be- und abgehandelt.

 

Eine Weile blieb alles ruhig, Gras wuchs über alles, alles ging seinen gewohnten Gang, monatlich "tröpfelten" 'lächerliche' 15.000 "Neubürger" bzw. "zu integrierende" Migranten, die man, ob wahr oder nicht, just zu "Flüchtlingen" umetikettierte (wie vor Urzeiten das Gammelfleisch), von denen nicht wenige "bereichernd" (im Wortsinne der ausgehenden 2010er-Jahre) tatüg wurden. Täglich wurden deutsche "schon länger hier Lebende" beiderlei Geschlechts und nahezu aller Altersgruppen Opfer, weggemessert, vergewaltigt, gerne gangraped, "taharrush"-Style. Manchmal brausten oder bretterten Brummis in Menschenmengen, fast ausnahmslos mit, wie VANESSA VU es so hübsch formuliert hatte und hier hätte, "radikalen Lieferwagenfahrern" bestückt, von ihnen gesteuert, treffsicher trotz "MERKEL-Legos". Ein geflügeltes Wort wie "Allahu-Akbar" gab verschmitzte, augenzwinkernde Hinweise auf die "Religion des Friedens", der fast alle Amateur-LKW-Fahrer angehörten…

 

- Chaos war ausgebrochen, achselzuckend indifferent nahm man es hin…

 

"Ja, ja, schon wieder einer Leiche."

 

Inzwischen funktionierte die Apologetik-Relativierungsspirale derartig absonderlich effizient, dass niemand mehr über Probleme mit der Religion des Islam redete, lieber befasste man sich mit den neuesten Genderfragen rund um vermeintliches Patriarchat und "Geschlechtsungerechtigkeit" und trieb noch restriktivere Genderreformen zum Nachteil Heterosexueller voran oder drakonisierte die ohnehin rigoros krassen Anti-Hassrede- und Hassgedankenverbrechen-Gesetze.

Jegliche Islamkritik (das Substantiv, jenes Konzept der Kritik war längst inakzeptabel geworden, erst recht an den Terminus Islam angehängt) galt als "islamophobe Hetze" und war in mehreren schwammigen aber langatmig dröge formulierten Paragraphen festgelegt.

 

L. war schon zigfach auf diesem Wege angeeckt, hatte Kritik geübt. Wie es seiner Persönlichkeit entsprach, meist sachlich, häufiger jedoch scharfzüngig, polemisch, zynisch und von sadistischem Sarkasmus. Da er sich als glühender, überzeugter Demokrat verstand, kritisierte er den Islam, die Religion, in welcher er eine Gefahr für die Demokratie und eine durch und durch antidemokratische und barbarische ideologische Basis erkannte, nur umso heftiger.

Als die Demokratie noch funktioniert hatte, er noch ein normales Mitglied einer ultimativ freien, von möglichst wenigen allzu harten Gesetzen eingeschränkten Gesellschaft gewesen war, eines Rechtsstaates, der Meinungsfreiheit garantierte (leider keine hundertprozentige, denn bei gewissen Themen war es einem nicht erlaubt, entsprechend vom allgemeinen Konsens abweichende Meinungen noch so kruder Art zu äußern), war das alles kein Problem gewesen. L. war dabei seinen Prinzipien treu geblieben, ein alberner Vogel in anderen Dingen, eisenhart und eiskalt beim Thema Islam. Nach Verabschiedung der ersten Anti-Hassrede-Gesetze, die Islamkritik als besonders verwerfliches "Verbrechen" inkludierten und harte Strafen für Gesagtes wie Geschriebenes vorsah, wurde auch L.s Leben komplizierter. So hatte er etwa, nach anfänglichen saftigen Geldstrafen, schon mehrere mehrmonatige, manchmal sogar nur wenige Wochen lange Gefängnisaufenthalte hinter sich. Die kamen mit ziemlicher Regelmäßigkeit wieder, er gewöhnte sich an das ständige Einfahren und die Wiederfreilassungen, das war gewöhnlicher Teil seines Lebens, denn er konnte einfach nicht sein loses Maul halten, sein polemisch-kritisches Mundwerk scharfzüngiger Kritikkaskaden. Wie er es zu Zeiten, als in seinem ihm heiligen Heimatland noch etwas im "Grundgesetz" (kaum noch jemand kannte dieses Ur-Gesetz der BR Deutschland, denn es war eines Tages als "antiglobalistisch", "überholt" und "potenziell protofaschistisch" deklariert und durch ein "Alternativgesetz" ersetzt worden, dessen Tücke in einigen Details und fiesen Finten steckte, unter anderem wurde in ihm jegliche Kritik an "Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften" und "anti-konfessionell konnotierte Menschenfeindlichkeit" verdammt, wenngleich genauer ausformuliert im Äquivalent im StGB.

 

Die Nachrichtenseiten, Printmedien und ÖR- sowie "Neue Deutsche Medienmacher-"-Medien und ihre Verbände sendeten rund um die Uhr News, keine Fakenews mehr, das hatten sie nicht mehr nötig, denn ihre Propaganda war allumfassend und die letzten Oppositionsparteien waren längst verboten worden, ihre angeblichen Hassredner verhaftet, inhaftiert, teilweise LEBENSLANG auf unbestimmte Zeit. Der weitaus größere Teil von ihnen verschwand – irgendwo. Auf nimmer Wiedersehen. Man munkelte, dass sie an dunkle Orte verbracht wurden, dass man sie systematisch der Vernichtung zuführte, doch niemand traute sich noch, solcherlei Vermutungen öffentlich oder auch nur im engen Freundeskreis zu äußern, denn Denunzianten lauerten überall und konnten einen an die Messer des Systems ausliefern. Man konnte selbst nie wissen, wo man warum und vor allem wie lange landen würde, denn Willkür herrschte und die Schergen und Ohren des Systems waren überall. Die neue Stasi unter der Leitung der Hexe KAHANE arbeitete effizient und reibungslos. Niemand wollte gefoltert oder gar getötet werden, erst recht nicht verschleppt.

 

Die Nachrichten vermieden darüber hinaus auch sämtliche Berichterstattung zum Thema Islam, kein Wort über mögliche Ursachen des Fanatismus, des aus ihm resultierenden Terrorismus, keine Kritik am Grundsatzwerk der Religion, dem Koran, nicht mal den Hadithen, den Lehren und Lebensaufzeichnungen des Religionsgründers MOHAMMED. Ursachenforschung war verpönt, da kam nichts. "Islamophobe Hetze" stand bekanntlich unter Strafe, der Bodycount hatte sich so gravierend erhöht, dass die Abstumpfung der Bevölkerung vollends erreicht war. Alternative Medienseiten eher liberaler oder konservativer Ausrichtung waren gesperrt, verboten und zerstört worden, also auch kein Widerstand aus dieser Richtung zu erwarten. Razzien bei als "Systemkritikern" Identifizierten waren ohnehin an der Tagesordnung, ein Klima allgemeiner Einschüchterung herrschte. Der rigorose, reaktionäre, extrem arbiträr agierende Diktaturstaat wollte frei von Abweichlern sein, wollte auch noch die letzten Widerständler ausrotten. Ergo berichteten auch die Medien, die notgedrungen allesamt linientreue Vasallen geworden waren, ganz nüchtern. Tötungen und Vergewaltigungen waren kein großes Thema, es konnte schließlich nicht sein, was nicht sein durfte.

 

L.s Wohnung war dutzendfach gefilzt worden, er schrieb nur noch per Hand, sein Computer war mehrmals konfisziert und systematisch gesäubert worden von allem, was als "unanständig" und "subversiv" angesehen wurde. Alte Filme, alte Musik auch unpolitischen Inhaltes, wenn sie anzüglich, sexuell, "sexistisch" oder mit einem schlüpfrigen Humor ausgestattet war, alte, nicht mehr systemgenehme PC-Spiele, aufbewahrte und eingescannte Artikel alter, nicht mehr systemkonformer konservativer oder anderweitig nichtlinker Zeitungen und Zeitschriften, auch in Word gespeicherte von Online-Zeitungen, Notiz- und Einkaufszettel, freche Apps und auch seine sämtlichen eigenen Texte, Audioaufzeichnungen, Videos – alles. Alles war weg. Hinfort. Die physischen Datenträger, L.s ganzer Stolz, waren ihm ebenfalls, bis auf einige wenige "unverdächtige" Erzeugnisse systemkonformer Künstler, abgenommen worden. Man konfiszierte ihm seinen halben Haushalt weg. Neue Gerätschaften konnte er sich nicht mehr leisten, das ging zu sehr ins Geld. Seinen Schriftkram, einen geringen Teil davon, hatte er zwar in weiser Voraussicht seinem besten Freund, einem nach außen hin angepassten, systemtreuen Unbescholtenen, übergeben. Der vertrauenswürdige Freund verwahrte sie sorgsam in seinem großen, sauberen und nicht einsehbaren Keller, in einem Safe, der unter allerhand Gerümpel versteckt war und dessen Kombination nur er aus dem Gedächtnis kannte.

 

Doch L.s. Renitenz war schwerwiegend – und wurde ihm zusehends zum Verhängnis. Vorm gelegentlichen Gefängnisaufenthalt hatte er keine Angst mehr, er war dort fast schon mehr zuhause als Zuhause, einen Job konnte er seit Jahren schon nicht mehr halten, lebte von einer schmalen Rente, die man ihm zugestand, nicht mehr der Jüngste war er ohnehin. Seinen Zenit hatte er längst überschritten. Doch steter Tropfen des Widerstandes höhlte auch den tiefsten und solidesten Stein, L fiel einfach zu sehr aus dem Rahmen, zu oft auf. Die Behörden und anderen staatlichen Organe merkten, dass sie ihm nicht mehr mit einfachen Knaststrafen würden beikommen können. Ganz zaghaft hatte es begonnen, dass man Typen wie ihn in Lager steckte. Ja, Lager. Man hatte Rechtfertigungen für die Installation solcherlei Anlagen gefunden.

 

Niemand aus unserer Zeit, 2018, (nun, aktualisiert, den beginnenden 20er-Jahren des 21. Jahrhunderts, wir schreiben das Jahr 2020), hätte sich je vorstellen können, dass solcherlei Dinge jemals wieder möglich würden, schließlich war dieser DDReske Neo-Sozialismus im Fruchtfahrwasser der unbedingten "Verhinderung eines Vierten Reiches" entstanden. Niemand hätte glauben können, dass wieder solche Orte auch nur entstehen können, schließlich hatten Nazis und Kommunisten jeweils unterschiedlich benannt, solche Einrichtungen errichtet und damit unendliches Leid und millionenfachen Tod über die Menschheit gebracht.

 

Wie immer jedoch gab es groteske Geister, verwirrte, die die logisch, sondern emotional, nie rational, sondern abseitig dachten, sich dabei aber für logisch Denkende hielten, Persönlichkeiten, im Grunde Schmalhirne, die stringent und klar zu formulieren und begründen wussten, warum man wie, warum und gegen wen vorzugehen hatte. Harmlose Sprachwahl, überzeugende Argumente, etwa: "Wir müssen die Abweichler, jene Hater, Hasserfüllten erziehen, wir müssen wir 'integrieren', bekehren, belehren. Sie können nichts dafür, dass sie so sind, denn es handelt sich um einen genetischen Defekt" – oder wahlweise: "Ein Defekt in ihrer Psyche/schwere, schlechte Kindheit bei denen – wir brauchen Umerziehungseinrichtungen, wo wir diese Leute zentral unterbringen, wo sie vor schädlichen Einflüssen ihrer Umwelt geschützt sind. Zugleich kommen wir unserer zwingenden Aufgabe nach, unserem wichtigen Auftrag, die 'offene Gesellschaft' vor deren schlechter, ungünstiger Haltung zu schützen und bewahren. Es ist dringend notwendig und geboten, den 'Hass' zu bekämpfen, bis dieses Gefühl endgültig beseitigt ist. Darum müssen wir den Hassrednern, diesen fehlgeleiteten Menschen, die Liebe beibringen, ihnen den Hass austreiben - bis sie zu vollwertigen, nützlichen Mitgliedern der bunten, modernen Globalisierungsgesellschaft werden, bis sie ihren negativen Einfluss verlieren und bedingungslos lieben, den Staat, die "Flüchtlinge", jetzt Neuendeutschen, den Islam, die LGBTIQA-Community, eben alle, alle, alle, alle Menschen, Menschen, Menschen!" – "Der Hass ist unbedingt auszumerzen! Deshalb werden uns langfristig keine Alternativoptionen übrigbleiben, als die Hater allesamt effektiv zentral zu erfassen (in einer Hassverbrecherkartei), die Polizei und den Staatsschutz mit Sonderbefugnissen ausstatten (schneller Zugriff, Razzien, präventive Kurzinhaftierung auch ohne Anfangsverdacht, Streichung bürgerlicher Privilegien), auch was den Umgang mit diesen speziellen Kriminellen anbelangt. Es muss unverzüglich gehandelt werden, eh das Internet in rechten Hasspostings und der ganzen Gülle des Zynismus, der Häme und der falschen, gegen unsere offiziellen Wahrheitssysteme verstoßenden Meinungen verseucht wird und wir das Ganze nicht mehr in den Griff bekommen! Es müssten, darüber hinaus, besondere Strafanstalten gebaut werden, die den pädagogischen Notwendigkeiten und den besonderen Anforderungen entsprechen, die vorzufinden wären. Hater müssen therapiert werden, notwendigerweise hinter Mauern und Gittern, allein um dem Anspruch der Gesellschaft gerecht zu werden, vor solch üblen Subjekten geschützt zu werden. Spezialpädagogen, Erzieher und Wachpersonal sowie medizinische Fachleute sind zu rekrutieren, um eine Vollversorgung der Delinquenten zu gewährleisten. In einer Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer sowie gesinnungstechnischer Pflege auf unbestimmte Zeit kann die Rehabilitation gelingen, wohlbemerkt unter weiterhin strengsten Auflagen, auch nach einer Entlassung. Mediziner, Psychologen, sollen im jeweiligen individuellen Einzelfall entscheiden, nach eingehender Prüfung, versteht sich, wann ein ehemaliger Hassstraftäter wieder in die Freiheit zu entlassen sei. Wir sollten die von mir vorgeschlagenen Maßnahmen wirklich baldmöglichst  in die Realität umsetzen!"

 

So Bundeskanzler ROBERT HABECK in einer seiner berühmtesten, bekanntesten Reden mit internationalem Medienecho, das von ungläubigem Staunen bis zu harscher Kritik reichte, doch nichts an den bestehenden Verhältnissen im im Grunde in Auflösung befindlichen Deutschland, das in einem EU-Gemisch ohne Grenzen und Mitgliedsstaatensouveränität ändern konnte. Man war erstaunt, wie schnell Deutschland wieder in einen neuen, gutgemeinten Totalitarismus verfallen war. Doch diesmal gab es, zumindest vorerst, in diesem Jahr 2036, keine Pläne der USA, Kanadas oder wenigstens China, da einzugreifen, irgendwas an der Situation eines im Grunde "brennenden" Europa und insbesondere totalitären Deutschland zu ändern. Einige Länder außen rum freuten sich sogar über die desolate Lage. Die Islamisierung, jener Negativeinfluss des Islam, weitete sich drastisch aus, sämtliche Lebensbereiche waren durchweicht von ihr wie ein zu lang gezogenes Tiramisu. Wie der linkssüffige, linkssüffisante Staatszersetzungsstil der 68er-Zottel seit den 1960ern des 20. Jahrhunderts, hatte die erzkonservative Hauptschlagseite des Islam ihren "Marsch durch die Institutionen" angetreten, was die Errichtung entsprechender Lager eher begünstigte als sie zu behindern. Da der Islam dem Faschismus nahesteht und aus faschistoidem ideologischem Gedankenmüll besteht, war sein Einfluss auf Presse, Rundfunk, Kultur und Bundes- wie Landespolitik verheerend, gelinde gesagt.

 

Auf die Lagererrichtungsplanungen (niemand sprach: "Niemand hat die Absicht, (neue)

(Arbeits-)(Umerziehungs-)Lager zu errichten!" – immerhin) reagierte die "freie Presse" des Landes Deutschland (ehemals BRD) quasi unisono, kein einziges Presseerzeugnis, kein einziger ÖR- oder Privat-TV- oder Radiosender hatte Einwände vorgebracht, keine scharfe Kritik, keine Widerrede war vorgebracht worden, im Gegenteil: Im Feuilleton überschlag, ja übertraf man sich geradezu (gegenseitig) dann, affirmativ und unterstützend  beizupflichten, im Tenor: "Endlich wird mal hart durchgegriffen" – manche renommierte Zeitung oder Zeitschrift machte sogar unverhohlen Stimmung dafür, freute sich offen, machte keinen Hehl aus der unbändigen Freude darüber, endlich die letzten lästigen Systemkritiker und scharfsinnigen Geister los zu sein. Wie gesagt: kein Widerstand. Die alternativen, eher konservativen Medien waren ja längst verboten worden, niemand konnte riskieren, sie zu lesen, denn auf "Fakenews"-Konsum, einen neuergänzten Paragraphen im Strafgesetzbuch, standen empfindliche Geld- und leichte Haftstrafen, in schwerwiegenden Fällen bis zu fünf Jahren. Sie waren also zum Verstummen gebracht worden. Vereinzelte ältere Herren, altgediente, integre Journalisten wie ROLAND TICHY, HENRYK M BRODER, JÜRGEN FRITZ, DUSHAN WEGNER, WOLFGANG RÖHL, HUGO MÜLLER-VOGG und einige andere, waren noch da, wurden nicht mehr ernstgenommen oder überhaupt angehört. Hier griff die allgemeine Einschüchterung. Sie wurden als "alte weiße, verbitterte Männer" abgestempelt und belächelt. Ab und zu wurde auch einer von ihnen vorübergehend eingebuchtet. Da diese älteren Personen also völlig machtlos und von schwindendem Einfluss waren, verfolgte man sie nicht allzu sehr, man war ja "großzügig". Man setzte ihnen selten mit Schikanen zu, ignorierte sie weitestgehend, wie man früher irgendwelche Geistesgestörten/Behinderten/Verrückten nach Möglichkeit nicht näher beachtete, da sie "bekloppt" aber ungefährlich waren.

 

Niemand also hatte irgendeinen Einfluss, Einspruch, irgendwelche Interventionsmöglichkeiten, die Demokratie war quasi abgeschafft. Drum wurden, diesmal natürlich nur auf deutschem Boden, im Staatsgebiet der BRD, eine Menge neuer Einrichtungen gebaut, Spezialgefängnisse, Spezialstraflager, Spezialwohnsiedlungen. Aus dem Ausland war nichts weiter zu hören, kein Widerspruch, erst recht keine noch so zaghafte Empörung, die mehr als die offiziellen Stellen erreicht hätte, die ihr Volk wohlweislich nicht einweihten. Einige der Ex-EU-Staaten, die ihre eigene Haut als unabhängige, souveräne Staaten und Nationen retten wollten und damit genug zu tun hatten, spalteten sich ab, bildeten einen eigenen Verbund im Osten. Eine Sammlung souveräner Mitgliedsstaaten einer neuen Union, die allerdings nur in wirtschaftlichen und militärischen Fragen zusammenarbeiteten.

 

Was indes in den Lagern auf deutschem Boden geschah, ist nicht näher bekannt. Es steht nur fest, dass keiner aus ihnen zurückkehrte, der es überlebt hätte. L. war innerhalb kürzester Zeit an Entkräftung und Entbehrung gestorben, Hunger und ständiger Mangel an Hygiene und Lebensmitteln, Folter und Schikane der Wärter, willkürlicher Zeitgenossen, die trostlosen Verhältnisse, einquartiert, zwangsweise, unter vielen Betroffenen, hirngewaschen jeden Tag, neu indoktriniert, hatten ihm den Rest gegeben. Jeglichen Lebenswillen und Lebensmut hatte er verloren. Wie ihm erging es vielen, freigelassen wurde niemand mehr. Ob es genauso war wie in gewissen fürchterlichen Horrorzeiten, ist ebenfalls unbekannt. Doch gerüchteweise soll es ähnlich schlimm zugegangen sein. Die Einschüchterung, die Feigheit, die Schweigespirale, die Willkür, die Ignoranz, die Blindheit – all dies sind sie, die Symptome der letalen Seuche, die das Volk der ehemaligen BRD befallen hatte.




(06.11.2018)(C) 2020-Kno-Knooooooo

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.05.2020. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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