Fritz Lenders

...schwarze Burg und rote Rosen ( Teil 54 ) Adelheid...

... er spielte einfach auf Zeit.
Und natürlich auf die Gunst des Geistes der Wälder.

Immerhin verrichtete er ja nur seine Arbeit.
Er hatte es sich nicht ausgesucht, die Burg zu erobern.

Wenn also Jemand die Schuld auf sich geladen hatte.., dann war es doch wohl schon eher der Bischof.
Wie immer war auf das Verdrehen der Realitäten.. in seinem Kopf... , genauestens Verlaß.

Daß er die Frau durch das Fenster in die Tiefe geprügelt hatte.., fand  in seiner Seele nur insofern Gewicht, als daß er sich gerne mit ihr die Nacht um die Ohren geschlagen hätte.


Aber ihr Tod als solches, war für ihn Nebensache.
Manchmal konnte es durchaus passieren, daß sich eine Nacht der Gelüste in ein tödliches Desaster verwandelte.

Naja, es war ja nun nicht so oft vorgekommen, dachte er sich die Angelegenheit schön.

So viele geheime Gräber im Wald waren es ja auch wirklich nicht.
In seinem Kopf, in seinem sadistischem Gedankengemetzel... konnte er durchaus noch als einigermaßen ehrenwerter Mensch in die Welt der angeblichen Christen aufsteigen.
Besser gesagt in die oberen Regionen , wo Gott und Co.  auf ihn warten würden.

Hoffentlich hatten sie das Fegefeuer noch nicht angezündet.

Und mit einem kleinen Seitengedanken.. hoffte er , daß sich der Höllenfürst über viel Arbeit erfreuen könnte, und somit Ihn irgendwie übersehen würde.
Es wäre wirklich eine dankbare Geste des Lebens an ihn.
Oder eben ein kleines Geschenk, welches ihm  als Trostpflaster für das aufopfernde Leben ..., im Falle seines Todes  auf den Weg mitgegeben wurde.

Naja, er würde es ja sehen.
Oder fühlen.

Schleunigst schlich er sich aus dem kleinen Totenraum in die Helligkeit des Burghofes.

Vielleicht könnte er sich irgendwie aus der Festung schleichen ?

Aber den Gedanken verwarf er sofort wieder.

Mitten auf seiner Wanderung durch das Innerste des Burgplatzes.., zupfte plötzlich ein kleineres Mädchen an seiner Hose..

" Hast du unseren Papa gesehen ?  Er war auch in dem Raum, welchen du vorhin verlassen hast. Er sagte zu uns, wir sollen hier, beim Krankenbereich auf ihn warten.. !  Hast du ihn in der kalten Kammer gesehen ? "

Der Schock fuhr Anselm durch die Knochen.
Sein Körper hatte schlagartig das Verlangen.., auf der Stelle ohnmächtig zu Boden zu stürzen.
Warum  konnte das Schicksal nur so grausam sein und ihn nicht einfach in Frieden seine Arbeit verrichten zu lassen ?
Panisch tastete er nach dem Skalpell in seiner verbundenen Hand.

 " Hallo du kleine Schönheit, nein ich habe Deinen Vater nicht gesehen. Aber es waren auch viele Menschen in dem Raum. Ich wollte mich nur verabschieden. Bestimmt wird er gleich herauskommen. Vielleicht gehst du ja inzwischen mit deiner Freundin in den Burgbereich, wo ihr warten könnt ? "

Mit einem Lächeln und der wärmsten Stimme, deren er fähig war.., streichelte er dem Mädchen, welches so um die 5 Jahre sein mochte.., über die Haare.
Neben dem Kind stand ein etwas größeres Mädchen, auch noch klein, aber ungefähr 8-9 Jahre alt.

" Wir warten lieber hier auf unseren Vater "     antwortete die Ältere der Beiden. 

Anselm spielte im Gedanken die Szene durch, wie er die Beiden unter Umständen doch in die Kammer locken könnte.. und sie durch das Fenster in die Schlucht verfrachten würde.
Das blöde an der Sache war dies, daß sich Kinder immer rasend schnell bewegten und zusätzlich auch schreien konnten, daß einem das Mark in den Knochen gefror.

Ein einziges mal hatte er für den Bischof einen Auftrag ausgeführt.., im Beisein der Eltern.., ein Mädchen zu befragen, welches auch so in etwa in dem selben Alter gewesen sein mochte, wie die beiden.

Nie wieder.
er schwor es sichdamals  selber.., nie , nie , nie wieder würde er ein Kind mit seiner Zange befragen.

So einen Lärm und so ein Gezappel hatte er noch nie erlebt und wollte es auch nie wieder erleben.

Außerdem war die Stimmung danach bei seinen Soldaten nicht gerade ausgeglichen.
Wochenlang mußte er danach um die Gunst seiner Mannen heucheln.

Scheinbar hatten Kinder etwas Magisches an sich, welches jeden Erwachsenen um den Finger wickelt.
Dabei war die Kleine noch nicht mal gestorben.
Zwei lächerlich gebrochene Finger und ein einziger Daumennagel. 

Ach ja.., die Füße hatte er fast vergessen.
Aber die würden in der Zwischenzeit schon längst wieder verheilt sein.

Nun gut.., er überlegte sich also, daß es ziemlich riskant sein würde, die zwei Mädchen in die Kammer  zu locken und auf das Glück zu hoffen, ihnen Beiden die Kehlen so schnell zu durchtrennen, daß sie nicht schreien und auch nicht mit ihren verdammten, flinken Beinen davonlaufen konnten.

" Na dann kommt mal, ich begleite euch in die Kammer.., wir werden euren Vater schon finden, er wird sich ja dann doch freuen, wenn ihr so schnell bei ihm sein werdet."

Eigentlich sollten Familien ja wirklich zusammen sein, überlegte er sich so in seinem kranken Gehirn.

Das kleinere Mädchen hielt sich an seinem Hosenbein fest und hopelte so unbefangen neben ihm her.., wie es eben nur Kinder tun können.
Und sie plapperte und quasselte.

" Was hast du mit deinen Händen gemacht ? Das sieht ja schlimm aus. Da wirst du aber nicht mehr schöne Bilder auf den Boden malen können. Deine Frau wird jetzt viel Arbeit mit dir haben, weil du dich sicher nicht alleine waschen kannst. "

Und sie hüpfte wie ein kleines Lamm  neben ihm her. 
Lachend und sichtlich erleichtert.., weil sie gleich ihren Vater sehen würde.

Für dieses blöde Geplappere würde sich Anselm etwas mehr Zeit lassen, um sich um das Mädchen liebevoll zu kümmern.
Er haßte Kinder und er haßte es, so veralbert zu werden.
Sie hatte schöne Haare.
Vielleicht würde es sich gut machen, ihr vorher  die Haare vom Kopf zu ziehen.
Der Burgherr würde sicher entzückt sein.

Die Hand auf der Türklinke des Totenkämmerchens...  hörte er plötzlich eine Frauenstimme...

" Anna und Traudel..., wo bleibt ihr denn nur ? Ich sollte euch schon längst bettfertig machen. Euer Vater ist da sehr genau, was den Ablauf der Dinge betrifft. Jetzt aber hurtig ins Haus.., das Wasser im Badetrog ist schon eingefüllt und wird schnell kalt werden. Hopp..hopp.. "

" Wir wollten mit dem Mann zu unserem Vater gehen.., der Herr wollte uns helfen.  "

Die größere, welche scheinbar Traudel hieß.., weil sie vorher noch flüsterte : ...  Anna, die Zofe sucht uns scheinbar.. ,

antwortete in Richtung der Frau, welche scheinbar das Kindermädchen war.

Ja würde denn das Pech nie aufhören, an Anselms Schuhen zu kleben ?
Er konnte doch beim besten Willen nicht alle paar Minuten Jemanden umbringen.
Können würde er zwar schon.., aber er hatte ja auch noch eine Aufgabe zu verrichten.

In seinem Kopf drehten sich bunte Kreisel.
Vielleicht wäre es wirklich am Besten, einfach das Skalpell zu ziehen und jede Menschenseele zu erledigen, welche ihm über den Weg lief.

Irgendwie lief alles nicht nach seinen Vorstellungen.

" Ihr dürft auf keinen Fall in den Totenraum. Ihr wißt was euer Vater zu diesem Thema gesagt hat. Und nun schnell, rauf in die Badestube. "

An jeder Hand eines der Mädchen hinter sich herziehend.. lief die junge Frau in das Burginnerste.
Anselm sah den Dreien hinterher und begriff, daß morgen seine Zeit abgelaufen war.
Die Gören würden sicher erzählen, daß er aus der Kammer gekommen war, in der Helmreich verschwunden war.

Es konnte unter Umständen etwas Aufschub geben, wenn die Bestattung ziemlich früh stattfand und die Mädchen noch schliefen.

Vor ein paar Tagen, als die Frau vor der Burg verbrannt wurde, war es auch erst Sonnenaufgang.
Oder er würde sich in den Badebereich schleichen und die Mädchen samt der  Kinderfrau erledigen.
Irgendwie war er unschlüssig.

Nicht aus Gewissensbissen, sondern deswegen, weil er nicht rund um die Burg Leichen aus den Fenstern werfen konnte und einen nach den Anderen verschwinden lassen konnte.

In dieser Zeit verspürte Adelheid plötzlich einen Stich in der Brust.
Armina, neben ihr stehend, sah und spürte, wie die Burgherrin plötzlich zusammen zuckte.

" Was ist mit dir, hast du Schmerzen ? "

" Nein, ich hatte nur plötzlich so einen Schatten auf dem Herzen. So ein Ziehen. Hoffentlich ist drüben Alles in Ordnung. Armina.., ich weiß nicht, wie lange ich noch bleiben kann. Ich muß einfach zu meiner Familie.. Egal wie sehr ich mich auch nach dir sehne.. ., habe ich dennoch ein Leben und eine Aufgabe zu bewältigen "

Adelheid spürte wie sich ihr Magen verkrampfte.
Einerseits hatte sie solche Sehnsucht nach Anna und Traudel, sowie auch nach Helmreich,
andrerseits konnte sie sich nicht mehr vorstellen, jemals ohne Armina zu sein.

Sie liebte die rauchige Stimme und das stachelige Gesicht ihres Mannes.. 
aber sie verzehrte sich ohne Ende... nach der Berührung von Armina.

Sie wurde melanchonisch.. wenn sie an ihre Kinder dachte..
aber sie wurde in der selben Minute süchtig nach dem Höllenfeuer, welches Armina in ihr entfachen konnte.

In den Nächten, wenn Helmreich sich in ihr Bett schlich.., spürte sie manchmal schon eine Befriedigung.., wenn sein Ding.. so ungestüm in sie eindrang.

Andrerseits.., wenn Armina bei vollster Zimmerbeleuchtung.. splitternackt und vor Hitze mit goldenem Schimmer überzogen...,
mit ihrer Zunge ein Erdbeben verursachte..., 
zwischen ihren Beinen die Erde wanken ließ...,
dann wußte sie , daß kein Ding eines Mannes.. jemals die Zunge einer liebenden Frau ersetzen konnte.

Zumindest nicht die Zunge von Armina.
Und da waren auch noch die Finger.
Süße, freche.. neugierige Finger, die sich in Regionen ihres Körpers herumtasteten.., welche sie selber ja noch nichtmal erforscht hatte.

Und schon lief bei Adelheid wieder feurige Lava.. in Sturzfluten zwischen ihren Beinen nach unten.
Wie würde das nur enden ?

" Armina.., wir müssen Kontakt zur Burg aufnehmen. Ich habe eine solche Unruhe in mir. Hoffentlich ist wirklich alles in Ordnung ? "

30 Minuten später wußten die zwei Frauen.., daß absolut nichts in Ordung war.
Helmreich wurde auf der ganzen Burg gesucht  aber nicht gefunden.

" Mama.., wir haben Papa unten im Hof gesehen, er ist zu der toten Frau gegangen. Aber er kommt bestimmt gleich zu uns herauf, weil er doch die Geschichte von den kleinen Lämmern fertig erzählen wollte "

Annas Stimme brachte Adelheid zum weinen.


Warum konnte sie nur so egoistisch sein und denken, daß alle Gefühle der Welt.., nur für sie reserviert waren ?
Sie hatte eine Familie und sie war Mutter von zwei wundervollen Mädchen.
Was zählte da schon ein gebrochenens Herz ?

Selbst wenn sie nie wieder den Geruch von Armina einatmen dürfte.., würde dennoch die zärtlich Zeit in  dem weichen Bett von Armina.. ewig in ihrem Kopf und noch mehr.. in ihrem Herzen bleiben.

" Adelheid, wir können Helmreich nicht finden. Vermutlich ist er einfach irgendwo um etwas zu erledigen.. aber Momentan ist er leider nicht da. Wir melden uns sofort, sobald er wieder auftaucht. Wie sie ja selber wissen, ist die Burg nicht gerade klein und es gibt viele Winkel im Gebäude, wo er sein könnte. Wir melden uns zuverlässig, sobald er auftaucht. "

Everies Stimme brachte nicht gerade Zuversicht und Beruhigung in das ängstliche Bangen von Adelheid.

" Armina.., Liebling.., ich muß zur Burg. Koste es was es wolle. Ich muß zu meinen Töchtern. Bitte begleite mich und sei einfach an meiner Seite. Ich weiß noch nicht, wie sich Alles entwickeln wird.., aber ich verspreche dir bei meinem Leben.., daß ich nie mehr von dir lassen kann. Ich werde mit Helmreich ein sehr unangenehmes Gespräch führen müssen und bestimmt wird sich unser Leben nicht zum Einfachen entwickeln.. Aber du bist nun auch Teil meiner Familie. Teil meiner Sehnsüchte und Wünsche in der Nacht.. .! Bitte laß uns so schnell wie möglichst aufbrechen.  Und bitte habe Geduld mit mir..."

In der Burg bekam Anselm durchaus mit, daß der Burgherr gesucht wurde.
mit kritischem Blick überprüfte er die Klinge des Skalpelles.

Noch ein einziges mal würde er Zeugen beseitigen.
Aber dann sollte wirklich Schluß sein.

Und vor Allem.. er mußte diesen sogenannten Everie erledigen.
Wie sich schnell herausstellte, war dieser scheinbar das Gehirn.., der Kopf dieser anderen Soldaten.

Ohne Kopf gab es auch keine Pläne.

Und die Zeit, daß er seine Kriegsbeute in den Armen halten konnte.. rückte näher.

Noch zwei , drei schnelle Schnitte in die Kehlen von jungen Menschen.
Ach ja.. und in den Hals von Everie...

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.06.2020. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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