Manuel Frehe

Träumendes Wachsein

Leuchtend in der Dunkelheit, funkeln sie mich an. Ich bin verzaubert, völlig unbeweglich, gefangen in ihrem Bann. Möchte verharren, für immer, lasse mich von ihr gefangen. Möchte die Zeit anhalten. Alles steht still, nur ein leiser Kuss des Windes streift das Wesen, weht mit einem Hauch an meinem Ohr vorbei und säuselt mit einer hauchzarten Stimme, unterbricht so für einen Moment die Stille der Nacht.
Ich kann mich lösen von der Unendlichkeit, reise mich aus dem Schauspiel der Farben und Schönheit heraus.
Die Augen, diese Augen, sie funkeln in der Nacht, sie strahlen mit einer Reinheit und bringen mich fast um den Verstand. Ich streichle das Wesen mit meinen Blicken, über ihren Kopf, über ihre Haare, über ihren leichten Rotverspielten Wangen, über ihren hauchzarten Mund. Ihr Wesen ist in der Dunkelheit der Nacht verborgen, trotz das ich ganz Nahe vor ihr stehe.
An ihrem Mund bleibe ich hängen, sehe sie sprechen, höre sie nicht, bin doch zu sehr in meiner Fantasie verloren, in der ich mir vorstelle, sie zu besitzen, sie zu lieben, zu küssen, mein Leben für sie aufzugeben.
Sie ist so schön, ihr Wesen, ihre Ausstrahlung, die Augen, der Mund, sie scheint mir so stark, trotz ihrer Schwächen. Ich könnte weinen, weinen vor Glück und jeder meiner Tränen sammeln, um ihr zu zeigen, wie wohl ich mich bei ihr fühle.
"Rede ich zuviel?" Rausgerissen aus meiner Fantasie, aus meiner Trance sie zu beobachten, stammle ich vor mir hin "nein, nein, ich höre dir zu" Mein Gott, wo war ich bloß mit meinem Gedanken. Hab ich wirklich daran gedacht sie zu küssen? Höre auf mit diesen Gedanken, höre auf. Das darfst du nicht. Und da merke ich es wieder, wie ich dem Bann verfalle, verfalle wieder in eine Traumwelt, in der Nichts herrscht, nur sie.
Ich sehe sie und langsam bewege ich mich zu ihrem Mund und will sie küssen.
Reiß dich zusammen, denke ich mir,kehre nun endgültig in die wirkliche Realität, schließe sanft hinter mir die Türe zu meiner Fantasie, verstecke den Schlüssel in meinem Herzen und widme mich der Wirklichkeit.
Da bohrt sich der Satz in mein Gehirn "Freund", ich verstehe nicht. Ich höre ihr zu, dem Wesen, der ich verfallen war. "Sie hat einen Freund, erinnerst du dich nicht mehr?", höre ich aus meinem Gedächtnisse. "Doch natürlich weiß ich das noch", denke ich barsch zurück, aber wahr haben wollte ich es nicht.
Du weißt, dass du es nicht darfst, höre auf mich, es tut nur weh.

Es ist in einer völligen Dunkelheit, Stimmen kann ich erkennen, betrunkene Jugendliche, die an uns beiden vorbeistürzen, lallend und lachen uns Wortfetzen zu schmeißen. Nun bin ich wirklich wieder in der Welt in der ich mich bewege.
Eine Party und es ist vier Uhr morgens. Wir stehen ganz nahe einander und sie erzählt mir von ihrem Freund. Der Inhalt?? Den weiß ich nicht mehr. Ich höre trotzdem zu, antworte völlig mechanisch.

"Wo bin ich?" "In meiner Obhut, lasse Dich fallen, ich trage dich, dich und deine Bürde die du auf dich genommen hast." Wer bist du?
"Das weißt du nicht? Ich bin dein Bewussten, du schläfst. Nun kann uns niemand stören, komm ich möchte dir was zeigen, ich möchte dich überraschen. Nun schau doch nicht so entgeistert."
"Wo ich bin?" Reine angenehme Wohlfühlende Dunkelheit umgibt mich, ich bin ein Nichts und doch bin ich eine Person. Ich blicke durch meine Augen, sehe mich, aber mehr nicht.
"Weißt du immer noch nicht wo du bist?" "Nein", antworte ich, suchend nach der Stimme die zu mir spricht. "Du bist in deinem Traum. Erkennst du es denn nicht?"
Ganz langsam verwischt sich die Dunkelheit mit Farben, verschwimmt immer mehr. Ich weiß nicht ob ich stehe, liege oder schwebe, ich bin nur einfach da, in diesem Traum.
Ein Tanz froher Farbenspiele, schillernd umringt sie mich, das dunkel verschwindet immer mehr, wird verdrängt von wohltuenden Farben. Ein gelb zieht seine bahn durchkreuzt ein warmes herzliches Rot. Ein helles blau, so zart und doch mit leichter Kühlheit vermischt mit einem saftigen grün.
Es ist so herzlich und warm und aus dem riesigen Farbenklecks klart immer mehr ein Bild, die Farben schwirren umher, schwirren auf ihre Plätze und bilden ein Bild.
Ganz langsam fange ich an, auf dem Boden, den die Farben mir gekennzeichnet haben, zu laufen. Es ist kein Gefühl dabei, ich spüre nichts, weder Kälte, noch Schmerz, keine Gedanken quälen mich.
Immer deutlicher kennzeichnen sich die Konturen, immer mehr kann ich erkennen.
"Na erkennst du Sie?" haucht mir diese Stimme zu. "Ja." Strahle ich, bewege mich langsam zu dieser Person, versuche zu laufen. Immer deutlicher erkenne ich Sie nun.
Es ist das Mädchen.
"Ich wollte Dir einen gefallen tun, freust du dich?" Voller Freude steuere ich auf sie zu und merke wie zittrig meine Beine sind. "Keine Angst," säuselt sie "Komm her zu mir!"
Immer Näher komme ich ihr, immer Näher ihrem Körper, ihrem Gesicht, ich sehe ihre Augen, ihre braunen tiefen Augen, sehe ihr lächeln. Mir wird warm, mulmig und ich bin unsicher, aber voller Freude. Ich werde sie berühren, ich möchte sie berühren, ganz langsam, strecke ich meine Hände ihrem Gesicht entgegen, möchte sie langsam über ihre Wange, ihre Haut streicheln, möchte sie fassen ihren Kopf in meine Hände schmiegen und sie küssen.
Es ist fast soweit, ein kurzer Moment und.
Ich bin wach, rausgerissen aus dem Traum, sitze ich senkrecht auf meinem Bett. Meine Blicke wandern durch das dunkle Zimmer. Langsam erkenne ich die Konturen des Zimmers und ich weiß nun, wo ich bin.
Nicht bei ihr.
Ich lehne mich an die Wand und denke über sie nach, über den Traum. Was hat er zu bedeuten. War das ein Abschied, war das ein Anfang.
Warum träume ich von ihr, ich darf es nicht oder doch.
Wie so oft weiß ich es nicht und warte nun, auf die Zeit. Die Zeit schiebt uns, die Zeit arbeitet mit uns, die Zeit entscheidet. Also warte ich mit dem Gedanken, dass ich es nicht darf, das es nicht sein kann.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Manuel Frehe).
Der Beitrag wurde von Manuel Frehe auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.09.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Manuel Frehe als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Das Geheimnis der Insel von Maren Frank



Der in vielen Wissenschaften gelehrte Zauberer Arktikus unternimmt mit seiner ebenfalls zauberkundigen jungen Assistentin Sina eine Reise aufs Meer. Doch schon bald geraten sie in ein schlimmes Unwetter und ihr Boot kentert. Eine Gruppe Delfine bringt sie zu einer Insel, doch der Anführer der Delfine warnt sie, dass auf dieser Insel nicht alles so paradiesisch ist, wie es auf den ersten Blick scheint.
Bei den Schwestern Ajana und Izzy finden Arktikus und Sina Unterschlupf. Sie lernen Drachen, Meermenschen und Hexen kennen, schwimmen mit Delfinen, helfen einem Riesen und entdecken, dass auf der Insel vieles ganz anders ist, als es auf den ersten Blick scheint. Es gilt das Rätsel der Insel zu lösen.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Gedanken" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Manuel Frehe

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Die Zeit von Norbert Wittke (Gedanken)
Meine liebe Seele, von Heike Kijewsky (Briefe)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen