Es war einmal vor langer Zeit im Bergischen Land, als es noch kein
Fernsehen gab und die Kinder die Volksschule besuchten , die in manchen
Dörfern wegen der Räumlichkeit auch Zwergschule genannt wurde.
Der Lehrer
unterrichtete hier Schüler, vom A-B-C- Schützen bis zum Halbstarken, alles
in einem Klassenzimmer zur gleichen Zeit.
An einem schönen Sommertag ,
die Kleinen waren mit Ihrer Milchfibel beschäftigt und die beiden Jungs aus
der 4. Klasse sollten eine Rechenaufgabe lösen und brüteten eifrig über
ihren Heften.
Der Lehrer konnte nun wieder seine großen Schüler aus der
8. Klasse mit seinem Lieblingsthema : "Die Wahrscheinlichkeit , die Realität
und die Leichtigkeit des Seins " langweilen.
Nur Paul , der Sohn vom
Bauern Huber lauschte dem Lehrer andächtig , da er das interessanter fand
als seine Rechenaufgabe. Nach einiger Zeit, die ersten Schüler der 8. Klasse
waren schon leicht eingenickt , nur Paul hatte andächtig zugehört und rief
nun mit lauter Stimme in diese friedliche Stille:
"Wenn et getz noch wat
wärmer wird , dann han wi wahrscheinlich Hitzefrei!!! "
Nun brach
eine allgemeine Unruhe aus , die Schüler schrien alle laut durcheinander und
der Lehrer , der es in dieser Situation sehr bedauerte , den Rohrstock nicht
mehr so , wie noch sein Vorgänger einsetzen zu dürfen , besann sich seiner
pädagogischen Ausbildung und ordnete Hitzefrei für alle an.
Außer
Paul , der mußte sich nach vorne ans Lehrerpult setzen und drei Sätze mit "
wahrscheinlich" schreiben.
Da ihm auch nach einer Stunde noch nichts
eingefallen war , weil sein Blick immer wieder zum Fenster streifte,
schickte ihn der Lehrer nach Hause , mit der Auflage , die drei Sätze noch
bis 15 Uhr am Nachmittag , bei ihm abzuliefern.
Zuhause saß Paul in
seinem Zimmer und überlegte und ihm wollte auch hier hier keine Idee
kommen.
Er schaute gelangweilt aus dem Fenster und sah die Magt über
den Hof zur Scheune gehen.
Nun hatte er endlich seinen ersten Satz :
Die Magt , die geht zur Scheune , wahrscheinlich holt sie Stroh
.
Nach einigen Minuten sah er den Knecht ebenfalls den Hof überqueren
und zurScheune gehen.
Schnell schrieb er in sein Heft :
Der
Knecht geht auch in die Scheune, wahrscheinlich holt er auch
Stroh.
Nun passierte nichts mehr. Paul blickte nur angespannt zum
Fenster hinaus , aber er hatte keine neuen Ideen .Die Standuhr in der guten
Stube schlug schon halb drei , als er sich mit seinem Heft zur Scheune
aufmache. Er öffnete langsam das Scheunentor und schrieb in sein Heft :
Die Magt liegt tot am Boden und der Knecht liegt auf ihr
drauf.
Er zuckt mit dem Hintern, wahrscheinlich stirbt er
auch.
Epilog
Es wurde noch viel gelacht am jenem lauen
Sommerabend im August , in der Dorfschenke zum Lindenwirt.Wahrscheinlich
auch über den Bauer Huber , der es plötzlich ziemlich eilig hatte nach Hause
zu kommen .
Am nächsten Morgen , der Hahn auf dem Misthaufen
begrüßte den neuen Tag mit einem lauten Kikiriki , schaute die Bäuerin
entspannt aus dem Fenster und sah den Knecht mit einem großen Koffer, mit
schnellen Schritten den Hof verlassen .
Sie wunderte sich ,
schlaftrunken , allerdings mehr noch über Ihren Mann , wenn sie mit wohligem
Schauer an die vergangene Nacht dachte , denn so feurig war er ja seit ihren
Flitterwochen nicht mehr gewesen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.09.2003.
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