Martina Wiemers

Nebelschwaden

Unheimlich und still ist es am späten Nachmittag hier in diesem parkähnlichem Garten. Nebelschwaden wabern in der Luft. Alles nass und rutschig. Blätter fallen still von den Bäumen. Eigentlich möchte ich diesen Weg heute nicht gehen, doch ich muss. Meine Mutter wartet. Sitzt sicher schon am Fenster ihrer Wohnung in der Seniorenresidenz, schaut nach draußen, macht sich Sorgen.

Ich zucke zusammen, als es neben mir raschelt. Sicher ein Maus oder ein Eichhörnchen, versuche ich meine Nerven zu beruhigen. Ich ziehe meinen Schal fester um den Hals und beschleunige meinen Schritt.

Als ich um die Ecke biege bleibe ich abrupt stehen. Auf dem Weg neben der Blumenrabatte steht wartend ein Mann. Nur undeutlich erkenne ich einen länglichem Gegenstand in seiner Hand. Er schaut in meine Richtung.„Ein Gewehr, eine Machete ?“, frage ich mich ängstlich und traue mich nicht weiter zu gehen. „Hallo Martina“, sagt plötzlich eine Stimme hinter mir, greift nach meiner Hand und fragt lachend: „Du hast doch nicht etwa Angst bei solchem Wetter. Bist doch sonst eine taffe Frau, die so schnell nichts umhaut? Habe dich aus dem Auto steigen sehen, doch wie schon so oft hast du mein Rufen nicht gehört, warst wiedermal schneller als ich."

Ich erhole mich nur langsam von dem Schreck und antworte dann mit fester Stimme: „Angst, ich ?“, tue sehr erstaunt, hake mich bei meinem Mann ein und gehe mit ihm den Weg entlang in Richtung Eingang.

Der Mann auf dem Weg kommt uns langsam entgegen, bleibt stehen, umarmt mich und sagt vorwurfsvoll: „Bist spät dran heute. Mama ist schon ganz aufgeregt. Musste mit ihr am offenem Fenster solange in den Nebel starren, bis wir endlich das Knirschen deiner Autobremsen, danach das wuchtige knallen der Tür und deine schnellen Schritte im Garten hörten. Bin gleich nach draußen gelaufen."

Beim sprechen wickelt er vorsichtig langstielige Rosen aus dem Papier und reicht meinem Mann und mir jeweils 3 Stück.

"Du weißt doch, es sind ihre Lieblingsblumen. Ich, als dein Bruder habe schon geahnt, dass du wieder nicht daran gedacht hast, heute zu ihrem Namenstag, welche zu besorgen. Wollen doch solch Drama wie damals, als Papa noch lebte und sie einmal vergessen hatte, lieber vermeiden.
Komm lasst uns endlich reingehen. Mama hat Kuchen gebacken, den Tisch nett eingedeckt und die Vase schon mit Wasser gefüllt" sagt er leicht ungehalten und öffnet die Tür. „Du bist ein Schatz, mein lieber Robert, wenn ich dich nicht hätte“, lobe ich überschwänglich meinem Bruder und hake mich ebenfalls bei ihm unter.

Als wir zu dritt durch den hell erleuchten und herbstlich geschmückten Flur die Treppe nach oben gehen, bin ich doch sehr froh dem Nebel draußen und den unwirklichen, gespenstischen Bildern entronnen zu sein.

                                    (C) Martina Wiemers

 

 

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