Horst Lux

MAREIKES WELT 8 Schnuffi!

Schnuffi

      Ein früher Herbstabend. Ein wohlgenährter Igel keucht durch das bunte Laub des Gartens. Ich freue mich immer, wenn ich ihn sehe. Hier entlang führt jedenfalls keine viel befahrene Autostraße und so kann er zweimal am Tag seine Runde drehen. Wenn er manchmal auch erbärmlich hustet, die Schneckenpopulation in unserem kulturell bewirtschafteten Wildgarten hat durch ihn schon erheblich abgenommen. So haben wir eigentlich erwartet, dass das Volk der Erinaceiden sich bei uns ausbreiten könnte. Dem war leider nicht so. Und so verlief die Volkszählung dieser Igel in einem rasanten Tempo. Bei der Zahl EINS war schon Schluss!

      Mareike hatte zuerst ein wenig Furcht vor diesem Stacheltier, als sie dann jedoch in seine kleinen neugierigen Äuglein sah, war sie völlig verliebt in den neuen Bewohner unserer Grünanlage. Zurzeit ist sie dabei, ein hübsches Winterquartier für ihn zu bauen.
Eine alte Euro-Palette schleppt sie - mit meiner Hilfe natürlich - in die hinterste Ecke des Gartens an der Felssteinmauer, dorthin wo sie damals die »Schlange« gesichtet hatte, dann wird aus Zweigen, Laub und einigen Steinen ein Igelappartement eingerichtet.
»Du Pappi, wie viele Igel gibt das hier bei uns innen Garten?« 
Ich versuche, ihre Gedanken zu erraten. Es interessiert mich schon, was da in solch einem Köpfchen abläuft.
»Na ja, mein Mädchen, da wird es hier schon ein paar geben. Aber die leben doch ziemlich allein und Familien gibt es nur, wenn die Igelmama Kinder bekommen hat. Aber die sieht man selten.« 

Die Kleine schaut angestrengt zu dem Domizil unseres Mitbewohners hinüber.
»Aba unsere« - man beachte dieses Wörtchen - »unsere Igelmama hat doch keine Kinder, nich?« 

»Ja, Mareike, ich glaube, dass dies ein Igelpapa ist, was meinst du? Und der lebt nicht bei den anderen Igeln, sondern ganz allein.«
Ganz erstaunt sieht mich das Mädchen an, nach kurzem Nachdenken meint sie dann:
»Aba jetzt hat er ja uns, nich? Da kann er doch immer mit uns frühstücken.«
     Vor so viel Logik kann ich nur stumm mit dem Kopf nicken. Ich lächle aber doch heimlich mit der Aussicht vor Augen, mit diesem stachligen Gesellen mein Frühstück zu teilen.
»Naja, Mareike, frische Brötchen sind nun mal nicht seine Leibspeise. Er ist mehr auf Würmer und Insekten aus.«
Die Kleine verzieht angewidert ihr Mündchen.
»Igitt, das is aba nich so appetitlich, oda? Da ess ich doch lieba Brötchen mit Honig! Mag der auch kein Müsli?«

      Müsli und Brötchen für Igel. Eine interessante Speisekarte tischt die Kleine da dem Igel auf.
»Nein, lass das mal lieber bleiben. Zur Zeit findet er noch genug Nahrung. Später kann man ihm vielleicht noch etwas Hackfleisch anbieten, wenn es denn nichts anderes für ihn gibt. Aber vorläufig braucht er nichts.« »Au ja!« Das Töchterchen klatscht in die Hände. »Da hol ich dann ein ganzes Pfund davon. Und Milch zum Trinken.«
»Stopp, mein Schätzchen, auf keinen Fall Milch, die kann er gar nicht vertragen. Er trinkt nur Wasser. Und zum Füttern kann man auch Katzenfutter verwenden, das ist auch gut für ihn.«

»Iss gut! Weisst du was, Pappi, ich hab ihm auch schon einen Namen gegeb’n. Ich nenn ihn Schnuffi! Weil der imma so schnauft!«
Ich kenne Mareikes Angewohnheit, jedem Tier einen Namen zu geben. Bei ihr hat auch der Fußabstreifer in Dackelform einen Namen bekommen: Waldi!

»So, meine Liebe, jetzt lass deinen Schnuffi mal in Ruhe, der will auch nicht immer gestört werden. Es ist Zeit zum Abendessen. Mami wartet schon.«
»Och schade.« Mareike nimmt meine Hand und wir gehen zurück ins Haus, die Kleine kann es dabei nicht lassen, sich unentwegt umzudrehen, um zu beobachten, wo denn ihr Igel geblieben ist.
»Du Pappi, darf ich dich maa was fragn?«
»Selbstverständlich, mein Schätzchen.«

»Warum muss ich denn immer Milch trinken?
Vielleicht kann ich die auch nicht vertragn?
Ich mag viiiel lieba Cola!«


Tja, Freunde, so viel Konsequenz muss man dann auch mal vertragen können ...

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.11.2020. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Es wurde sehr viel geschrieben über jene Jahre der unseligen Diktatur eines wahnwitzigen Politikers, der glaubte, den Menschen das Heil zu bringen. Das meiste davon beschreibt diese Zeit aus zweiter Hand! Ich war dabei, ungeschminkt und nicht vorher »gecasted«. Es ist ein Lebensabschnitt eines grünen Jahzehnts aus zeitlicher Entfernung gesehen, ein kritischer Rückblick, naturgemäß nicht immer objektiv. Dabei gab es Begegnungen mit Menschen, die mein Leben beeinflussten, positiv wie auch negativ. All das zusammen ist ein Konglomerat von Gefühlen, die mein frühes Jugendleben ausmachten. Ich will versuchen, diese Erlebnisse in verschiedenen Episoden wiederzugeben.

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