Monika Litschko

Sultan del Arabika Teil3

Was gerade im Pferdestall geschah

In dem kleinen Stall war es ruhig. Nur Samira lag traurig auf ihrem Strohbett. Ihre Gedanken wanderten zu Saphira, ihrer Tochter. Wie Arabika immer ärmer wurde, mussten die alten Tiere das Land verlassen. Ein Mann nahm sie mit und die Weide wurde ihr neues Zuhause. Gnadenbrot, das hatte sie verstanden. Samira hatte sich gewehrt, denn sie wollte Saphira nicht allein lassen, aber die Menschen waren stärker. Nie würde sie den Abschied vergessen.

Wie Samira in den großen Wagen stieg, stellte Saphira sich auf die Hinterläufe und versuchte sich von den Fesseln zu befreien, die sie gefangen hielten. Aber ihre Kraft reichte nicht aus. Das war schon lange her, aber Samiras Gedanken verirrten sich jede Nacht zu ihrem Kind. So fing sie leise an zu singen, in der Hoffnung, das Saphira ihre Sehnsucht spürte. In ihrem Herzen hieß sie Saphir. Ein Edelstein, den sie in alle Ewigkeit bei sich tragen würde.

Ich würde alles für dich geben,
wenn Tula und Barsus es wünschen,
auch mein Leben.
Die Sehnsucht nach dir, Saphir,
schmerzt tief, ganz tief in mir.

Abendwind berühre mein Kind,
lasse meine Seele bei ihr sein.
Wiege es, wie ich es tat,
sanft und in Glückseligkeit.

Ein leiser Hauch und dann zum Schluss,
sage, es ist der Mutter Kuss.
Abendwind berühre mein Kind…
Sternenstaub, zieht zu dir, schlafe gut, Saphir.

„Quäle dich nicht so, Samira“, flüsterte Melchior gerührt. „Es wird ihr gut gehen. Sie ist noch jung und es wird der Tag kommen, an dem ihr euch wiedersehen werdet.“ Samira schniefte verhalten. „Ich weiß, ich weiß. Ganz tief in mir ruht die Sehnsucht, aber auch der Glaube. Melchior, unser aller Leben wird sich verändern, ich spüre es.“
„Wie meinst du das, Samira? Wird etwas geschehen?“ Samira schluchzte traurig „Ich weiß es nicht, aber in mir ist plötzlich so ein Gefühl. Ich kann es nicht beschreiben. Doch ich weiß, dass unser Leben sich bald verändern wird.“
„Dann werden wir abwarten was passiert“, beruhigte Melchior sie. „Und nun versuche zu schlafen.“

 

 

Samiras Gruß eilt mit dem Wind


Saphira lag glücklich auf ihrem Strohbett. Vor vielen Wochen war auch sie Mutter eines kleinen Fohlenmädchens geworden, und ihr Anblick erfüllte sie mit Stolz. Bimbim lag schlafend neben ihr und schien zu träumen. Ihre kleinen Hufe zuckten manchmal leicht, und es sah so aus, als würde sie galoppieren.

Rubin, Bimbims Vater wohnte eine Box neben ihnen, aber morgen würde er wieder zu ihnen ziehen. Saphira brauchte nach Bimbims Geburt, Platz und Ruhe. Doch jetzt ging es ihr besser und sie war froh, morgen wieder neben Rubin einschlafen zu dürfen.

„Schlaf gut, Saphira!“, rief Rubin zärtlich. „Ich habe euch beide sehr lieb. Gib Bimbim einen dicken Kuss von mir.“
„Schlaf gut, Rubin!“, antwortete Saphira. „Das werde ich machen, versprochen.“

Saphira bettete ihren Kopf in das duftende Stroh und versuchte zu schlafen, doch es wollte nicht funktionieren. Ihre Gedanken wanderten zu ihrer Mutter, die Bimbim nie kennenlernen würde. Sie dachte an den Abschied, der so schmerzhaft gewesen war und eine große Pferdeträne rollte aus ihrem Auge. Saphira stand auf und steckte ihren Kopf durch die Öffnung des Stall Tores. Traurig blickte sie hoch zu den Sternen und ein sehnsuchtsvolles Seufzen drang aus ihrer Kehle. „Ein Lied für dich, Mama“, flüsterte sie. „Ich weiß, dass du mich hören kannst, denn wir sehen die gleichen Sterne, Nacht für Nacht.“

Ich spürte gerade den Kuss von dir.
Wache oder träume ich?
Oder war es nur der Wind?

Wo bist du nur?
Komm sage es mir,
dann reise ich zu dir.

Mein Herz ist schwer,
die Lippen stumm,
es schmerzt mich die Erinnerung.

Der Sterne Meer, hoch über mir,
trägt nun einen Gruß zu dir.
Ein Gruß von mir, Saphir....

Saphiras Lied klang so traurig und berührte die Tiere Arabikas in ihren Träumen. Gemeinsam erhoben sie sich und stimmten in ihr Lied ein. Ein leises, melodisches Summen wehte durch Arabika, bis hoch zu den Sternen. Auch Rubin summte leise mit. Er litt mit Saphira und wünschte sich, dass der Wind ihr Lied dorthin trug, wo Samira nun lebte. Dass sie die Liebe, die in den Zeilen lag, spürte, denn Saphiras Schmerz rührte auch sein Herz. Und ihre Trauer war auch die seine.

©Monika Litschko

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.11.2020. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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