Wenige Wolken zogen über den Himmel des frühen Sommers. Unter der Sonne kreiste ein Schwarm Stare. Ein Kirschbaum stand in seinem Zentrum. Langsam fiel ein Schwarm Stare auf seinen Zweigen nieder. Volle pralle Kirschen ließen seine Äste schwer herab hängen. Unter ihm auf der Gartenwiese stand das Kind. Es war groß genug, die untersten Zweige zu greifen und herunter zu ziehen. Ganz rot waren seine Lippen vom Saft, verschmiert die Fältchen um seinen Mund. Ärgerlich fluchte das Kind, wie es vom Opa beim Holzhacken gehört, weil ihm ein Zweig aus den Händen schnellte. Da stob der Starenschwarm aufwärts. Nicht lange blieb er oben kreisend. Das Kind hatte sich einen Stuhl geholt, achtete nicht der Blumen auf der Wiese, sondern griff nach höher hängenden Zweigen, bog sie herab und stopfte weiter Kirschen in sich hinein. Immer wieder vergaß es, Kerne auszuspucken.
Und dabei lachte der Kirschbaum in sich hinein, auch wenn es Kind und Stare nicht sahen. Denn ein Gesicht, das sie hätten sehen können, besaß der Kirschbaum nicht. Oben pickten die Stare, und unten pflückte das Kind. Es spuckte Kerne aus, dass sie rund um die flache Wurzel des Baumes und auf die große Wiese fielen. Einige verschluckte Kerne werden einen langen Weg nehmen. Die Stare oben trugen die Kerne weit mit sich fort, wenn sie nicht gleich vom abgepickten Fruchtfleisch herabfielen. So sorgten Menschenkind und Stare für viele Möglichkeiten seiner Kinder, der Kinder des Kirschbaumes, dass sie frische Erde finden und keimen konnten für ein neues Leben.
So waren alle miteinander fröhlich bei der Kirschenernte und hatten ihre Freude – die Stare, das Kind und der Baum. Und wenn sie nicht aufhören zu pflücken, sind alle heute noch froh und guter Dinge.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.12.2020.
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von Klaus Buschendorf
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