Kerstin Rachow

Pfefferminz "Extrascharf"

 

 

Extrascharf

 

Crazy Time Peppermint X-tra, klingt gut. Ich nehm ´ne Packung und geh an die Kasse. „2,20“, leiert mir die Kassiererin zu. Teuer, macht nichts. Ich zahle und gehe. „Was dauert denn so lange, du wolltest doch nur Pfefferminz?“ „Konnte mich nicht entscheiden, hab was total neues genommen.“ Ich steige zu Max in den Wagen. Aufs Land wollen wir. Nur so auf ´ner Wiese liegen, Musik hören und picknicken.

 

Wir fahren von der Bundesstraße ab. Es wird einsam, keine Häuser mehr. Wir sind da, um uns herum nur Bäume und Stille. Herrlich frisch die Luft hier draußen. Ich lege die Decke aufs Gras. Den Korb lasse ich noch im Auto.

Max legt sich auf die Decke, neben sich den CD-Player mit bassreicher Rockmusik. Ich setze mich zu ihm und öffne die Packung Pfefferminzbonbons, wickle einen aus und stecke ihn Max in den Mund. Die riechen extrascharf. Mir selbst nehme ich auch einen.

Der CD-Player hört auf einmal auf zu spielen, statt dessen kreischen die Vögel unerträglich laut. Der Himmel zieht sich zu und es wird schlagartig dunkel.

Sturm kommt auf und alles riecht nach Pfefferminz. Max beschließt, dass wir wieder fahren sollten und geht zum Wagen. Die Türen lassen sich nicht öffnen, obwohl sie nicht abgeschlossen sind. Ein rötlicher Schimmer liegt über der Wiese. Max zerrt mit aller Kraft an den Türen, bekommt sie aber nicht auf. Der Wind kommt von allen Seiten, verklettet meine Haare und versucht mich zu ersticken. Blitze peitschen vom Himmel. Die Angst liegt wie ein Stein auf mir. Ich will weg laufen, doch meine Beine gehorchen nicht. Alles verändert sich, nur der Pfefferminz in meinem Mund wird kaum kleiner. Ich drücke mich hilfesuchend an Max, damit er mich hält. In seinen Armen muss ich dem Weltuntergang zu sehen. Unsere Decke rollt über die Wiese, die Bäume beugen sich, über das Gras ziehen Wellen. Schatten huschen durch das vom Blitz erhellte Dickicht.

Eine Stimme in meinem Kopf summt mit tiefem Ton das Lied vom Mann im Mond.

Ich nehme den Rhythmus in mir auf, spüre ihn als Brummen in meinem Brustkorb.

Es beruhigt mich, ich fühle mich auf einmal irgendwie, trotz allem, wohl. Der Wind streicht mir über die Haut, merkwürdig, er ist gar nicht kalt. Der rötliche Schleier hebt meine Stimmung. Ich fühle mich frei, spüre den Boden unter meinen Füßen nicht mehr. Ich möchte der Donner sein. Die Vögel zwitschern immer noch und ich schmecke diesen phantastischen Pfefferminz, nach dem alles so wundervoll duftet. Ich fühle mich richtig geborgen, von Angst keine Spur mehr. Auch Max lächelt. Obwohl alles unheimlich wirkt, bin ich glücklich, selbst wenn es kein Morgen geben sollte. Der Pfefferminz wird kleiner. Meine Zunge spielt mit dem kleinen Plättchen. Das Wetter tobt um uns herum. Wange an Wange zerkauen wir fast zeitgleich den letzten Rest unserer Bonbons und schlucken die Stückchen runter.

Plötzlich, unvorhersehbar ist alles wie vorher. Unsere Decke liegt wieder da, die Musik spielt und die Natur verhält sich so unauffällig wie bei unserer Ankunft. Ist jetzt alles vorbei? Wir sehen uns an. Ja, ist es. Wir können es kaum glauben, liegen uns in den Armen und gucken in den wieder klaren Himmel.

Max küsst mich und dann sagt er, „lass uns noch ´nen Pfefferminz nehmen.“

 

 

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