Klaus Buschendorf

Meine erste Westfahrt

Die beiden deutschen Staaten waren noch recht jung. In der DDR sang man noch die Nationalhymne vom "Deutschland einig Vaterland".Es war die Zeit des innerdeutschen Sportverkehrs. Ich war Abiturient in der zehnten Klasse. In meinem Sportverein der Schule trainierte ich Leichtathletik. Alle Sportvereine an Schulen hießen damals BSG Einheit. Diese „Betriebssportgemeinschaft“ pflegte eine Beziehung zu einem Leitathletikverein in Kempen am Niederrhein. Im jährlichen Wechsel fanden „hüben und drüben“ Wettkämpfe statt. Für uns Aktive war es eine Auszeichnung, zur Mannschaft zu gehören. Es traten jeweils nur 2 Wettkämpfer gegeneinander statt. So mussten vorher Ausscheidungskämpfe die zwei Besten ermitteln.

Dann erging eine Weisung von sehr weit oben, dass ab sofort außerhalb des Staatsgebietes das Emblem der DDR auf dem Sportdress zu tragen sei. Im Briefverkehr stellten unsere beiden Vereinsleitungen fest: Wir durften ohne Emblem nicht fahren, im „Westen“ durfte das Emblem nicht gezeigt werden – ein Dilemma. „Was wird?“, fragten wir Aktiven. „Wir fahren“, antworteten die Chefs und lächelten hintergründig. Und die DDR-Embleme prangten aufgenäht auf unserem Sportdress.

Wir Jungen vergaßen das Thema bis in die Umkleidekabine am Kempener Sportplatz. Beklommen zogen wir Hemd und Hose für den Wettkampf an. Dann kam ein Kempener Sportfreund herein mit den Startnummern. Wir sahen sie und lachten laut. Es waren Startnummern des Wintersports. Unter ihrem großen Stoff verschwanden alle Embleme.

Nie haben wir Schüler erfahren, wie das unsere Lehrer und gleichzeitig Sportfunktionäre bewerkstelligten. Eines wussten wir genau: In Kempen am Niederrhein gab es keinen Wintersport - in meiner Heimatstadt auch nicht

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.12.2020. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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