Qayid Aljaysh Juyub

Aztekische Blutsuppe á la Quetzalcoatl

Zunächst sollte sich der präkolumbische Koch ordentlich in Schale werfen - vorzugsweise empfiehlt sich hier ein Outfit als ‚Gefiederte Schlange‘ vom ‚Tlaloc-Kostümverleih‘. Alternativ dazu mag sich der weniger bemittelte Gourmet aus gesammelten oder dem Hausvogel ausgerupften Federn einen lustigen Kopfschmuck basteln. Sodann nehme man ein weißes Bettlaken und modifiziere es durch das Schneidern eines Loches in seiner Mitte zu einem schicken, mesoamerikanischen Gewand. Fehlen darf natürlich nicht eine modisch ansprechende Totenkopfmaske aus dem Scherzartikelladen, die sich auch in post-coronalen Zeiten vielseitig verwenden lässt. Danach ziehe der rührige Aushilfsazteke noch beliebige Badelatschen an und fertig ist die Schande altamerikanischer Hochkulturen.
So bereit zur hochheilig blutigen Opferzeremonie mag der bescheidene Diener Huitzilopochtlis auf seiner schnuckelig kleinen Stufenpyramide -für den blutigen Amateuropferpriester gibt es da ausgezeichnete Bausätze von IKEA- im Schrebergarten 500 lebenden Hühnern die Herzen entfernen. Falls dem eifrigen Gottesknecht als Requisit für das fromme Werk die traditionelle Obsidianklinge fehlen sollte, empfiehlt der Autor stattdessen zum Öffnen der Hühner ein handelsübliches Teppichmesser zu verwenden. In diesem Kontext dürfte jeder klerikale Nostalgiker obskurer, mittelamerikanischer Riten wissen, dass die Herzen mit dem Segen der Götter per Hand herauszureißen sind. Sodann eile der blutberauschte Hobby-Hierophant zu zwei missliebigen Nachbarn und unterziehe sie der erwähnten Herzoperation unter magischen Gesängen. (…)
Okay Leute, ich verstehe, dass Ihr ungern wegen Körperverletzung mit Todesfolge -normalerweise ist das ja Mord, aber ihr kennt ja die deutschen Gerichte!- oder Tierquälerei eine saftige Geldstrafe berappen möchtet. Also mag sich der hippe Götzendiener 2 kg Hühnerherzen vom örtlichen Edel-Öko-Discounter holen, diese in feine Würfel schneiden und in eine reichverzierte Opferschale geben. Falls der wahnwitzig religiöse Koch trotz aller Frömmigkeit kein derartig aufwendiges Utensil sein Eigen nennt, tut es auch mit dem Segen geizig ungnädiger Götter ein übergroßer Topf. Sodann möge das klerikale Aztekenimitat zwei Liter Blut von edlen Jungfrauen (alternativ zwei Flaschen roten Genever) in den opferschaligen Kochtopf füllen. Das Ganze 10 Minuten aufkochen und danach abkühlen lassen. Statt der rituellen Abschlachtung der Nachbarn besorge sich nun der teppichmessernde Akolyth zwei große Rinderherzen vom örtlichen Metzger und brate diese im Schädel des ersten geopferten Nachbarn … o.k., also in einer beliebigen Pfanne 3-4 Minuten leicht an. Anschließend schneide man den köstlichen Fraß in lustige Stifte und werfe ihn in den Opfertopf. Der eifrige Götzenknecht steigere sich nun in religiöse Ekstase und zerhacke das Haupt des zweiten dahingeschiedenen Umwohners. Da das, wie schon erwähnt, zu gewissen Schwierigkeiten mit der momentan gültigen Rechtsprechung führen könnte, bietet sich als Alternative eine saftige Blutorange an, deren Überreste ebenfalls im Topf zu deponieren sind. Abschließend verfeinern wir unsere mesoamerikanische Köstlichkeit mit folgenden Ingredienzien durch wir nacheinander in den Bottich füllen:

500 Gramm Honig

500 Milliliter ‚Sangrita Picante‘ (statt dem Blut des Prinzen von Zamunda)

3 Teelöffel Salz + Cayennepfeffer

500 Milliliter Tequila (blanco)

Jetzt mag der verlorene Prophet unhistorisch vergangenen, religiösen Wahnsinns nur noch 2 Stunden unter schrillem Gesang magischer Zauberformeln (vielleicht alternativ sog. ‚Volkslieder‘) die eklige Brühe verrühren und voilá: Fertig ist die Speise der vergessenen Götter!
Leider ist dieses hochheilig besondere Mahl für Sterbliche wenig geeignet, die zumindest eine Magenverstimmung davon bekommen dürften. Denkt daran, die Intensivstationen sind nicht mehr so leicht verfügbar. Allen, die eine gute Lebensversicherung, gierige Verwandte und suizidale Absichten haben, wünscht der Autor: Bon appétit.

© 2021 Druide Tingeltangel & H.K.H. Jeub

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.01.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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