Es war einmal ein glückliches Königreich. Wer darin lebte, konnte
sich glücklich schätzen, da es an nichts fehlte. Das lag
natürlich an dem König und seiner Königin, die dort regierten.
Sie regierten mit Weisheit und Liebe für alle, die in ihrem
Königreich lebten, groß und klein, ob arm oder reich. Sie hatten
nie jemanden vernachlässigt, oder übervorteilt, sodass es für
alle ausreichte. Das Königspaar hatte auch einen Sohn, den sie sehr
verwöhnten, da er ihr einziges Kind war. Er bekam alles, was er sich nur
wünschte. Doch eines Tages kam ein düsterer Schatten über das
Land, und die Königin wurde sehr krank und niemand konnte ihr helfen. Der
König durchreiste das ganze Land um etwas zu finden, dass seiner Frau,
der Königin, wieder Heilung brächte. Doch für die Königin
kam jede Hilfe zu spät. Noch bevor der König wieder heimkehrte,
verschied sie. Der König aber voll Kummer um des Todes seiner geliebten
Königin, verstarb ein Jahr später an dem Verlust. Das ganze
Königreich war in tiefster Trauer über das Königspaar, doch es
dauerte nicht lang bis das Volk einen neuen König hatte, da das
Königspaar einen Sohn hinterließ, wurde er, Gilbert, mit acht
Jahren zum König gekrönt.
Der junge König musste
jedoch erst noch lernen was es bedeutet ein ganzes Reich als König in
Weisheit zu regieren. Aber der kleine König machte es sich und den
königlichen Beratern sehr schwer, da er meistens nur spielen wollte als
zu lernen. Und als die Jahre ins Land gingen, wuchs der kleine König zu
einem stattlichen jungen Mann heran. Einiges änderte sich jedoch nicht;
seine Lieblingsbeschäftigungen waren immer noch Spielen, Schabernack
treiben und er entdeckte immer mehr eine Vorliebe zu schmackhaften Speisen. Er
ließ vom Orient bis Asien aus allen Landen die besten Leckereien holen.
Er veranstaltete jedes Mal ein großes Festmahl, in dem er der Ehrengast
war und manchmal sang er sogar ein Lied zu Ehren seiner leckeren Speisen. Und
nach seinem üppigen Mahl, wie er pflegte, rief er etliche seiner Diener
zusammen, um mit ihnen seine Lieblingsspiele zu spielen. Darunter waren
Fangen, Verstecken, Blindekuh und Völkerball, aber sein Lieblingsspiel
von allen Spielen war: Die Reise nach Jerusalem.
Den Bewohnern
des Landes war es aber im Gegensatz zum König nun wirklich nicht zum
Spielen zumute, denn als der König es immer weiter so hielt, alles
selbstsüchtig für sich in Anspruch zu nehmen, was im gesamten
Königreich wuchs und gedieh und dazu noch sämtliche Bedienstete
für seine Belustigungen und Botengänge zu beschäftigen, konnte
sich niemand mehr um das immer ärmer werdende Volk kümmern. Dem
König interessierte das nicht sonderlich viel, wenn seine Berater ihn
darauf hinwiesen, dass das Volk hungerte und er viel zu viel für sich
beanspruchte, und zu wenig für das Land und dem Volk getan werde, denn
sein Motto war es lieber nehmen als zu geben, denn er war der Meinung, dass
das Volk sich mehr anstrengen und noch viel härter arbeiten müsse,
um die Steuern zu bezahlen und dann noch etwas über zuhaben, für
ihren täglichen Gebrauch, da sie ja in sein wunderschönes
Königreich leben durften.
Die königlichen Berater
rieten ihm dazu eine Gemahlin zu erwählen, doch so oft er auch immer eine
schöne Frau sah und sich für sie interessierte, fand er doch keinen
Weg, deren Herz für ihn zu öffnen, da die Gerüchte von seinem
eigennützigen Regieren und seinem Geiz im ganzen Land bekannt waren. Das
stimmte den König immer sehr traurig. Dann flüchtete er sich jedes
Mal in seine Lieblingsbeschäftigung: Dem Essen.
Der
König wurde auch immer dicker und vernachlässigte sein
äußeres Erscheinungsbild mehr und mehr. Eines Tages war er dann so
dick, dass er seine Lieblingsspiele nicht mehr spielen konnte. Da rief er alle
seine Diener zu sich, dass sie für ihn spielen sollten. Als die
königlichen Berater sahen, dass der König sich weiter so verhielt
und noch mehr aß und nicht zur Einsicht gekommen war, ja es noch
schlimmer mit ihm wurde, als er anfing nur noch zu essen und zu schlafen, da
verließen ihn alle königlichen Berater und Diener. Nur noch ein
paar Bedienstete blieben um zu putzen und zu kochen. Somit verschlechterte
sich nicht nur das Erscheinungsbild des Königs, sondern auch alles andere
auf dem königlichen Anwesen, angefangen vom Hof und Garten, bis zu den
umliegenden Feldern. Auch alle Steuern und Einnahmen wurden nicht mehr
eingeholt, aber der König dachte bei sich selbst:
Ich habe
ja genug angehäuft für eine lange Zeit.
Doch des
Königs Essgewohnheiten vermehrten sich um das Dreifache. Er aß nun
drei Wildbraten am Tag, dazu zwei Enten und ein Früchtebrot, zwei
Pasteten und vier Maiskolben, ein Rosinenkuchen und drei Buttertoaste. Somit
war die erdachte lange Zeit schon fast vorbei. Wie ist es nun schlimm um ihn
geworden, des Königs Mantel passte nicht mehr. Lediglich ein Schlafgewand
musste her, Schuhe und Thron verengten sich sehr, des Königs Bett trug
ihn schon lange nicht mehr. Als dann die letzten Bediensteten unbezahlt
gingen, nahm er sich eine Decke und die Essensreste aus der Küche und
legte sich auf ein Sofa. Da dachte er, wie gut er es doch früher hatte,
und jetzt so weit hinab fiel! Wie konnte das nur passieren? Da wurde der
König sehr betrübt über seiner schlechten Lage.
Und so blieb er Tage lang liegen und dachte, mit was er das alles nur verdient
habe.
Was würde er jetzt machen ohne seine Berater, die ihm
immer so gut dienten. Dazu aß er noch Braten und Käse mit Zwiebeln.
Da wurde der König sehr müde, und schlief bald ein, mit dem
Gedanken:
Was kann es nur sein?
Doch der König
wurde schon bald wieder wach, nämlich von einem Klirren. Er sah sich um
und genau vor ihm stand ein Wesen, das nur knapp einen Meter groß war,
mit einem Tablett in seiner Hand. Es hatte eine Metallrüstung an, die
nicht mehr glänzte und eine Art Piratenhut, der auch schon ausgefranst zu
sein schien, das seltsamste aber war, dass seine Haut eher grün oder blau
war. Mit einem Mal schrak der König auf und wurde gewahr was er dort sah
und schrie und hielt seine Hände vor seinen Augen, denn er konnte es gut
sehen, durch das Fenster herein scheinende Mondlicht. Als er langsam begann
durch seine Fingerritzen zu sehen, ob es noch da war, da lächelte es ihm
breit grinsend zu, und des Königs Blick fiel auf das Tablett, das es trug
und darauf sah er eine Pistole. Das Wesen reichte nun dem König mit
seiner rechten Hand das Tablett näher zu und machte eine Bewegung mit
seiner Linken und wies ihm somit auf die Pistole hin, dass er sie nehmen
solle, aber der König verbarg krampfhaft sein Angesicht voller Angst und
hoffte, dass dieses Wesen wieder verschwinden würde und schrie
verzweifelt nach Hilfe.
Nach einer Weile meinte er ein schrilles
Lachen zu hören, dass sich schadenfroh über die missliche Lage des
Königs zu amüsieren schien. Als das Lachen nun immer mehr verhallte
und schließlich nicht mehr zu hören war, nahm der König
langsam die Arme von seinem Gesicht und sah, dass da nichts mehr war, nur noch
das brennende Feuerholz im Kamin. Da war der König sehr erleichtert, und
erstaunte zugleich ob dieses Wesen wirklich da war oder es nur Einbildung war.
Er sann noch über diese unheimliche Begegnung eine Weile nach, was sie zu
bedeuten habe. Als er aufstehen wollte, um wieder neues Holz in den Kamin zu
legen, da es schon allmählich heruntergebrannt war, merkte er, dass er
nicht alleine aufstehe konnte So fing er an in seiner Verzweiflung nach seinen
Bediensteten zu rufen, aber niemand hörte ihn, denn keiner war mehr da.
Er dachte:
Soll ich nun so verrotten? Auf diesen Sessel hockend,
viel zu dick und unbeholfen?
Da fing der König an und
schrie, in der Hoffnung, dass ihn irgendjemand hören könne, immer
lauter: Hilfe, Hilfe!
Da füllten sich des Königs Augen
mit Tränen, ja er weinte, bis er dann nach einer Weile erschöpft
einschlief. Das Feuer im Kamin wurde jetzt immer kleiner und im Zimmer des
Königs wurde es immer kälter. Nach einigen Stunden wurde der
König langsam wach, weil er fror. Er zog seine Decke höher und sah
im Kamin, dass das Feuer nur noch eine einzige kleine Flamme hatte.
Plötzlich hörte er ein kleines Glöckchen klingen, das aus dem
Flur des Vorzimmers drang. Da wurde der König ganz still und horchte und
sah zum Flur hin, doch er konnte nichts erkennen, da das Vorzimmer und der
Flur völlig im Dunkeln waren.
Da dachte er:
Das war sicherlich mein Ohr, das da klingelte.
Doch da war es
schon wieder – ein Glöckchen – und diesmal hörte es sich
lauter an und wieder erklang es und es war als komme es näher. Der
König bekam es jetzt wirklich mit der Angst zu tun, und dachte nur,
Was ist das?
Jetzt hörte er sogar Schritte, die mit
den Glöckchen zusammen erklungen und dann sah er ein Gesicht aus dem
Dunkeln erscheinen, das sich ihm immer schneller näherte. Des Königs
Herz klopfte in diesem Moment so stark, dass es ihm vorkam, als springe es aus
seiner Brust. Als die grauenhafte Erscheinung schon fast vor ihm war, zog er
schnell die Decke über seinem Kopf und schrie vor Angst laut auf. Er
sagte bei sich, dass es nur eine Einbildung sei und nicht die Wirklichkeit.
Als er schließlich kein Geräusch mehr hörte nahm er vorsichtig
die Decke von seinen Kopf und sah, dass niemand mehr da war. Ja, da war es dem
König, als fiel ihm ein Stein von seinem Herzen und er streckte seine
Beine wieder aus, die er fest an seinen Körper gezogen hatte, Doch dann
sah er es. Es stand jetzt genau vor dem Fenster im Mondlicht. Er sah nur
dessen dunklen Umriss. Das einzige was er im Dunkeln wirklich sehen konnte,
war das Gesicht; leuchtend weiß war es. Der König merkte, wie seine
Haare sich plötzlich hochstellten. Der Schreck fuhr durch seinen ganzen
Körper. Jetzt bewegte sich das Wesen vor dem Fenster langsam auf ihn zu.
In der Dunkelheit sah es so aus, als schwebe nur das weiße Gesicht in
der Luft. Dann aber sah er, dass das Wesen einen langen schwarzen Mantel mit
Kapuze trug. Es kam nun immer näher bis es dann schließlich direkt
vor ihm stehen blieb. Der König sah, dass auch dieses Wesen ein Tablett
in seiner rechten Hand hatte und darauf ein kleines Glöckchen und ein
Messer erkannte. Das Wesen mit dem weiß leuchteten Gesicht nahm nun das
Glöckchen und läutete es.
Dann reichte es dem
König das Tablett zu, aber der König schreckte zurück, worauf
das Wesen das Tablett noch näher zu reichte. Der König sah nun
direkt auf das Messer. Es hatte ein goldenen Schaft und eine Schlange aus Gold
darauf, die sich bis zur langen Klinge schlängelte. Der König sah
nun das Wesen fragend an, denn er wusste nicht recht was das eigentlich
bedeuten sollte, da machte das Wesen eine ungeduldige Bewegung mit dem Tablett
und zeigte mit der linken Hand die, auch genauso weiß war wie sein
Gesicht, auf das Messer. Jetzt meinte er langsam zu begreifen, aber konnte es
wirklich sein, dachte er.
Dass er das Messer nehmen solle, um
sein Leben damit zu beenden und so von seinen Sorgen und der miesen Lage
befreit zu sein, und das Wesen bekräftigte dies in dem es ihm zu nickte.
Der König schüttelte nun vorsichtig und langsam seinen Kopf, um so
an zu deuten, dass er damit auf keinen Fall einverstanden war und vergrub nun
sein Gesicht in seinen Händen und sagte immer wieder leise zu sich und
dem Wesen:
Nein!
Sein Nein wurde immer
kräftiger und lauter bis er dann schließlich schrie. Da hörte
er plötzlich wieder das Glöckchen klingen, aber diesmal wieder von
Weiter her. Der König nahm langsam seine Hände von seinem Gesicht
und sah sich um. Da wurde er wieder sehr erleichtert als er sah, dass da
niemand mehr war. Aber schlafen konnte er jetzt sicherlich auch nicht mehr,
nachdem es jetzt schon das zweite Mal geschah und ihm zwei seltsame Wesen
begegnet sind, in nur einer Nacht. Er dachte sich immer und immer wieder, was
soll das nur bedeuten, grade jetzt wo es ihm so schlecht geht und er nicht
aufstehen konnte und ihm alle seine Diener verlassen hatten und er keine Hilfe
mehr hatte. Hatte es vielleicht mit seiner Ungehörigkeit zu tun, dachte
er nun. Dass er nie auf das hören wollte, was seine Diener ihm immer
wieder rieten? Nun kam ihm all seine Ungehörigkeit wieder ein. Zum
Beispiel, als er immer viel zu viel aß, obwohl ihm seine Berater immer
davon abrieten; als er lieber spielte als zu lernen; als er immer nur an sich
dachte, anstatt auch mal an andere; oder als er noch so viel Reichtum hatte
und doch den Armen nichts gab. Es zählte immer nur was für ihn gut
war. Nun hatte er gar nichts mehr, außer einem Schloss, sein sicheres
Grab. Was war er nur für ein eigennütziger Herrscher gewesen, dachte
er. Jetzt tat es dem König leid, was er alles falsch machte und wie
schlecht er seine Diener und Mitmenschen behandelte. Da fing er wieder an zu
weinen und zu schluchzen und dachte daran, was nur seine Eltern von ihm denken
würden wenn sie ihm so jämmerlich sehen würden, da er nicht
mehr aufstehen konnte, um sein Königreich zu regieren. Da weinte er noch
viel mehr. So sehr wie an diesem Tag, weinte der König noch niemals.
In der Zwischenzeit aber war es im Zimmer des Königs sehr kalt
und ungemütlich geworden, da im Kamin nun gar kein Feuer mehr brannte und
der König immer mehr fror und sich wünschte, dass es endlich Tag
würde und die Sonne bald scheine. Als der König nun alles
verschwommen sah, wegen den vielen Tränen, wusch er seine Augen trocken
und als er wieder klar sehen konnte, sah er direkt vor sich stehen einen Mann
mit weißen Kittel und auch diesmal schrak der König
fürchterlich zusammen und schlug seine Hände vor seinen Mund und
glaubte es kaum. Doch diesmal war es völlig anders. Diese Erscheinung war
nicht gruselig, so wie die anderen beiden Gestalten, die er zuvor sah. Ja, es
war ein ganz normaler Mensch, der auch freundlich und wohlwollend aussah. Aber
als der König von seinem Gesicht herab sah, wurde er doch wieder
enttäuscht, auch dieser Mann hatte ein Tablett in seiner Hand! Darauf sah
der König ein kleines Fläschchen und es war Rand voll mit Tabletten.
Der Mann sah den König freundlich an, und näherte sich nun mit dem
Tablett wobei er direkt vor des Königs Sofa stehen blieb und in einer
Verbeugung erstarrte, jedoch das Tablett erhöht hielt. Der König
sprach nun zu diesem unbekannten Mann und sagte:
Wer bist du?
Und wer hat dich eingelassen?
Doch der Mann antwortete ihm mit
keinem Wort. Dann fuhr der Blick des Königs auf das Fläschchen mit
den Tabletten und er sah, dass es sehr viele waren, mindesten hundert
Stück. So schätzte der König und fragte dem Mann: Soll ich
diese Tabletten etwa einnehmen? Doch der Mann antwortete wiederum nichts,
nickte aber mit seinem Kopf zwei Mal. Da sprach der König zu dem Fremden:
Wenn ich diese ganzen Tabletten einnehme, so werde ich
sicherlich sterben!
Und zu des Königs Verwunderung nickte
der Mann nun wieder um auch diese Frage mit Ja zu beantworten. Der König
schlug nun seine Hand über seine Augen und dachte:
Soll das
mein Ende sein, nur bis hierhin bin ich gekommen?
Alle habe ich
enttäuscht, mein Reich, mein Volk, meine Eltern. Wie kann ich mich jemals
wieder vor jemanden sehen lassen? Des Königs Augen füllten sich nun
mit Tränen und liefen seine Wangen entlang. Auch dachte er ob es noch
Hoffnung gebe für ihn, irgendeinen Ausweg.
Und
Plötzlich sah er auf und sah den Mann immer noch vor sich beugend mit dem
Tablett in seiner Hand. Der König bemerkte, dass der Man ihm jetzt noch
freundlicher zu lächelte. Da packte dem König der Zorn und mit einem
Hieb seiner letzten Kraft schlug er das Tablett des Mannes aus dessen Hand,
sodass es zu Boden schmetterte und das Fläschchen mit dem Tabletten zu
Bruch ging.
Der Mann zuckte zusammen und machte ein paar
Schritte, um sich von dem König zu entfernen. Dabei gelang er immer mehr
in den Schatten des Zimmers und schon bald war er nicht mehr zu sehen, bis er
dann völlig verschwunden war.
Den König verwunderte
das nun gar nicht mehr bei allem, was er schon an diesem Abend gesehen hatte.
Er fasste nun alle Kraft um endlich wieder aufzustehen, doch nur bis auf
seinen Knien wollte es ihm gelingen.
Er konnte es einfach nicht
auf die Beine bringen.
Da kniete der König nun zitternd und
schwach, er sah auf zum Himmel und fing zu beten an. Mit all seinem Leid in
seiner schlimmsten Not und die Backen vom Weinen knallrot und er sprach:
Oh Gott, wenn es dich wirklich gibt, so wie meine Eltern es mir
immer sagten, dann hilf mir bitte jetzt. Ich knie hier vor dir. Ich weiß
jetzt, dass ich alles falsch gemacht habe, ich war selbstsüchtig,
ungehörig, geizig und wollüstig, ja, ich habe mich ganz allein in
diese Lage gebracht. Ich habe nie nach dir gefragt und was dein Wille für
mein Leben ist. Bitte hilf mir jetzt vor diesem bösen Wesen und dass ich
wieder auf meinen Beinen stehen kann.
Der König wusch sich
nun die Tränen ab und sprach weiter:
Eins weiß ich
jetzt genau, oh Gott, ich will dir nie wieder den Rücken zu kehren und
nun mein ganzes Leben auf dich hören.
Der König merkte
nun, dass die Angst gegangen war und spürte, neuer Mut war da. Sein Blick
ging nun zum Fenster hinaus und er sah, der Morgen brach an! Und
plötzlich, mit einem Mal, vernahm der König eine Stimme, aber nicht
mit seinen Ohren, sondern mit seinem Herzen, die sanft zu ihm sprach:
Steh auf und zieh deinen Mantel an!
Der König blickte
sich im Zimmer ungläubig umher, ob jemand gekommen war, aber niemand war
da. Da hörte der König nun wieder die gleichen Worte zu seinem
Herzen reden:
Steh auf und zieh deinen Mantel an!
Der König schaute nun runter zu seinen Knien, auf die er noch immer
kniete und fragte sich,
Kann das sein? Hat Gott jetzt gerade zu
mir gesprochen?
Als er nach einer Weile keine Stimme mehr
hörte und noch darüber nachsann, kam ihm der Gedanke,
Wenn es wirklich Gott war, der zu mir geredet hat, dann kann ich auch
aufstehen!
Und völlig befreit von seiner Angst, nahm der
König seinen neu gewonnen Mut zusammen und seine ganze Kraft und stand
auf unter wankenden Knien. Doch dem König war es noch etwas schwindlig
und er schwank noch ein wenig hin und her. Er musste sein Gewicht von einem
Bein auf das andere verlagern, doch schon bald stand er wieder ganz gut. Da
fing er an im Zimmer umher zu schauen, um seinen Mantel zu suchen, den er dann
auch über den Thron liegend vorfand.
Als er nun zum ersten
Mal seit Tagen seine Beine benutzte um zu gehen, überfiel ihn Freude und
Tatendrang wieder endlich raus an die frische Luft zu kommen. Doch um nicht
gleich übermütig zu werden lief er noch ganz vorsichtig zum Thron,
doch als er angekommen war musste er bald feststellen, dass sein Mantel,
nachdem er ihn angezogen hatte, immer noch nicht passte, obwohl er schon seit
Tagen nichts mehr gegessen hatte. Plötzlich hörte der König
wieder diese Stimme und diesmal sagte sie:
Geh auf deine Felder
und pflüge und säe, dass wieder Ernte eingeholt werde und die
Menschen nicht mehr Hunger leiden müssen.
Der König
stand nun da mit offenem Mund und viel zu engem Mantel. Er glaubte es kaum und
dachte, vielleicht hätte er falsch verstanden, doch dann dachte er daran,
wie er zuvor betete und Gott sein Gebet erhört hatte, da er jetzt wieder
stehen und gehen konnte. Da wurde ihm klar, dass es Gott war, der jetzt schon
zum zweiten Mal zu ihm sprach und er seinen Worten gehorchen müsse, damit
alles wieder gut werde.
Da neigte der König seinen Kopf und
sagte:
Ich will alles tun was du sagst, oh Gott, aber bitte gib
mir die Kraft dazu. Ich brauche deine Hilfe.
Als der König
nach diesen Worten zum Fenster sah und den Sonnenaufgang beobachtete
hörte er wieder die Stimme und diesmal sagte sie:
Fürchte dich nicht, ich bin mit dir!
Als der König das
hörte neigte er wieder behutsam seinen Kopf und lächelte. Dabei
traten Tränen aus seinen zugekniffenen Augen, aber diesmal waren es
Freudentränen und er sagte:
Danke mein Herr und Gott
und wusch sich die Tränen von seinem Gesicht. Plötzlich
verspürte der König eine Freude, die er noch nie so hatte und machte
sich auf. Auf dem Weg zu seinen Feldern, die schon viel zu lang auf Arbeiter
gewartet hatten, ging er Schnurstraks durch den Flur zum Vorzimmer und folgte
den Doppeltreppen nach unten. Dann musste er nur noch durch die große
Halle und den langen Flur, der besät mit Säulen, Statuen und
Gemälden war, bis er dann schließlich zur großen Tür
kam. Als der König die Tür nun öffnete und über die
Türschwelle tritt und zum ersten Mal seit Wochen endlich wieder frische
Luft atmete, hatte er nun wirklich das Gefühl, als wären schwere
Ketten von ihm gefallen und jetzt war er endlich frei!
Der
König stand noch eine Weile so, atmete ein und atmete aus. Dann ging er
zum Gerätehaus und nahm alles zum Pflügen heraus, er zog es auf
einen Wagen, den ganzen Weg zum Feld und das ohne Klagen. Dem König war
es schwer, doch es tat ihm gut, obwohl er alle Geräte zum ersten Mal
trug. Schwitzend kam er nun endlich bei seinen Feldern an und es sah noch
schlimmer aus, als der König es sich vorgestellt hatte.
Fast hätte er sie gar nicht erkannt, da sie schon überall
übersät waren mit Wildwuchs. Hier und dort wucherte es nur so von
Unkraut.
Ja, von Ernte konnte man hier noch lange nichts sagen,
dachte er und fing an zu pflügen, früh am Tage. Dabei
riss er sich die Knöpfe von seinem Kragen. Er pflügte den ganzen Tag
und den darauffolgenden Tag, bis man allmählich wieder sehen konnte, dass
es Felder waren. Ein kleines Mädchen, das Wasser trug, konnte ihren Augen
kaum trauen, als sie den König sah mit dem Pflug. Nach einer Weile des
Staunens, fasste sie ihren ganzen Mut und lief langsam auf den König zu.
In seiner Arbeitswut bemerkte der König nicht, dass ein Kind auf ihn zu
kam. Als er aber spürte, dass ihn jemand von hinten am Mantel zog, drehte
er sich verwundet um und sah ein kleines Mädchen mit einem Wasserkrug.
Das Mädchen fragte den König nun,
Hast du gar keine
Arbeiter, die die Feldarbeit für dich tun?
Der König
sah das Mädchen traurig an, und antwortete:
Leider keinen
mehr und wusch sich den Schweiß von der Stirn.
Da hatte
das Mädchen Mitleid mit ihm und sprach:
Dann brauchst du
sicherlich diesen Wasserkrug, denn ohne etwas zum Trinken kann niemand so viel
tun.
Der König bedankte sich und nahm einen großen
Schluck. Erst jetzt bemerkte er, wie durstig er eigentlich war und lehrte
Schluck für Schluck den ganzen Wasserkrug. Als der König dem
Mädchen den leeren Krug wieder gab, beugte er sich zu ihr herunter, nahm
ihre Hand und sprach:
Das was ich hier tue, tue ich nicht nur
für mich allein.
Dabei lächelte er sie herzlich zu.
Daraufhin lächelte das Mädchen verstohlen zurück, nahm ihren
Krug und winkte dem König zum Abschied zu, bevor sie wieder Nachhause
lief, so schnell sie ihre Beine trugen. Der König nun nahm seine gewohnte
Arbeit wieder auf, denn er hatte ja noch viel zu tun, doch gleichzeitig freute
er sich auch, denn er wusste schon, wenn er endlich fertig sein würde,
dass das kleine Mädchen und natürlich auch sein Volk nie mehr der
Hunger plagen würde. Als der Tag nun langsam zum Ende kam und die Sonne
unterging, da war der König sehr geschafft von der ganzen Arbeit die er
bereits vollbracht hatte. Plötzlich hörte er lauten Lärm von
der anderen Seite des Feldes her.
Da wandte sich der König
erschrocken um und sah eine große Menschenmenge, die ihm jubelnd
entgegen kam und ganz vorne an ihrer Spitze lief voller Freude das kleine
Mädchen, das ihm zuvor das Wasser brachte. Der König wusste gar
nicht wie ihm geschah.
Was hat das nur zu bedeuten?
dachte er sich. Doch als die vielen Leute nun endlich vor ihm standen sah er,
dass sie alle Geräte für die Felder bei sich hatten und halfen
voller Tatendrang mit ganzer Kraft. Der König nun war zu Tränen
gerührt aus Freude, dass Gott ihm half und sein Volk wieder zu ihm
sandte. Nach ein paar Monaten des schweren Arbeitens hatte der König und
sein Volk nun wieder frische Ernte eingeholt, wobei die meiste Arbeit nun des
Königs Volk machte und er ihnen, so gut wie er nur konnte, dabei half,
denn das meiste hatte er mit dem Regieren seines Königreiches zu tun.
Auch des Königs Schloss und Hof sahen wieder aus wie gewohnt, denn alle
Diener und Berater des Königs kamen wieder zurück, voller Lob
für des Königs Schaffen und Einsicht. Dazu hatte der König auch
sein ganzes Übergewicht verloren und sah nun wieder wie ein stattlicher
junger Mann aus. Seine Chancen in der Frauenwelt stiegen auch um das
Hundertfache und er hatte in kürzester Zeit schon eine sehr hübsche
junge Dame, mit der er sich gut verstand und die er auch nach ein paar Jahren
heiratete und sie somit zu seiner Königin machte. Der König hatte
jetzt auch ein neues Lebensmotto: Geben ist Seeliger denn nehmen. Und das
wirkte sich auch auf sein gesamtes Königreich aus. Niemanden fehlte es an
irgendetwas. Alle waren wieder glücklich und lebten in Frieden und in
Liebe miteinander.
Gott sei Dank.
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Nicki Anton).
Der Beitrag wurde von Nicki Anton auf e-Stories.de eingesendet.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.02.2021.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
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Ausgewandert 1974, umgeben von Glamour und Millionären, muss sie aber drastische Schicksalsschläge hin nehmen.
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