Samantha Rhinow

Perfektion

Ich sitze auf meinem Bett und starre zu der weißen Wand hinüber. Sie ist so makellos, kein grauer Fleck und keine dunklen Kratzer. Wieso kann ein Leben nicht so sein?

Ich sitze hier und frage mich, wie viele Herzen wohl pro Sekunde gebrochen werden von Menschen, die man für ach-so perfekt hält. Ich sitze hier und frage mich, wie weit wir wohl gehen müssen, um wirklich einmal glücklich zu werden. Ich sitze hier und frage mich, wie viel ich noch verlieren muss, um endlich komplett zu sein.

Die grauen Wolken ziehen mit meinen Gedanken um die Wette – zu schnell, um sie jemals einzufangen. Ich sehe in den Spiegel, um zu finden, was noch von mir übrig ist, doch alles, was ich finde, ist stille Einsamkeit, stiller noch als die Welt jemals sein könnte.

Ich habe früh verloren, was nie jemand verlieren sollte. Noch bevor ich die Welt wirklich kannte, wurde mir der Mensch genommen, der mir an nächsten war. Und jahrelang spürte ich nichts von dem Verlust, der mir verschwiegen wurde. Aber jetzt, wenn ich in den Spiegel sehe, sehe ich all die Bilder, die wir zusammen hätten zeichnen können, all die Geschichten, die wir zusammen hätten schreiben können, all die Träume und Wünsche, die wir zusammen hätten wahr machen können. Ich sehe dich und mich an demselben Abgrund, an dem ich schon so oft, schon viel zu oft stand, aber eine Sache ist anders. Denn du nimmst meine Hand, hältst sie fest und sagst mir: „Wenn du springst, springe ich mit.“ Und ich sehe dir in die Augen und falle dir in die Arme, weil ich weiß, dass ich nie allein sein werde.

Aber heute stehe ich an diesem Abgrund, allein, ohne dich. Und es ist einfach nicht fair, dass du mir genommen wurdest, du, der Mensch, der für immer eine besondere Verbindung mit mir haben sollte. Aber das Leben ist wohl nie fair. Aber ich verspreche dir heute: Ich werde dich nie vergessen und ich werde immer versuchen zu kämpfen. Ich schulde dir, dass ich mein Leben lebe, wenn du es schon nie durftest.

Vielleicht lebt ja ein kleines Stück von dir in mir weiter, weil ich dich nicht vergesse. Denn obwohl ich dich nie kennenlernen durfte, liebe ich dich trotzdem und werde es auch für immer tun.

 

Ich sitze noch immer auf meinem Bett und starre an diese perfekte Wand – und entscheide, dass sie nicht mein Vorbild sein sollte. Denn im echten Leben ist nichts perfekt. Wahre Perfektion  gibt es wohl nur in unseren Gedanken, in unseren Träumen. Und genau dort lebst du – in meinen Träumen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.03.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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