Angelika Güth

Feen-Flüstern

Feen-Flüstern

Ein Märchen

Es war einmal ein Mädchen, die hieß Nora.

Nora hatte von ihrer Großmutter gehört, dass auf dem Hügel hinter dem Wald, der hinter dem Haus begann, eine Fee wohnt. Seitdem träumte Nora von der Fee, so, wie sie sich Feen vorstellte, mit goldenen langen Lockenhaaren und einem silberlangen Spitzenkleid. In ihrem Traum schimmerte das Kleid in all den Farben, wie sie sie manchmal in einem Regenbogen sah. Nora nahm sich vor, die Fee irgendwann auf dem Hügel zu suchen.

An einem klaren Spätwintertag fuhren Noras Eltern mit dem Pferdefuhrwerk ins Nachbardorf und würden erst am späten Abend zurück sein. Da wusste sie, heute würde sie die Fee auf dem Hügel suchen. Bei dem Gedanken wurde sie ganz aufgeregt.

Hinter ihrem Elternhaus führte ein schmaler Pfad zum Wald, einem dunklen Fichtenwald, auf dessen Bäumen, jetzt zum Ende des Winters, nur noch ein leichter Schneehauch auf den grünen Spitzen zu sehen war. Nora kannte den Wald. Angst hatte sie nicht, denn der Wald war irgendwie schon immer ihr Freund. Schnell lief sie durch die hölzerne Gartenpforte den schneebedeckten Weg entlang. Der Weg war verschlungen, und Äste und trockene Sträucher zerrten an ihrem schweren, brauen Umhang, so als wollten sie Nora von ihrem Wunsch abbringen. Aber sie lief und lief weiter, immer weiter und weiter und noch weiter auf den Hügel zu. Vor ihrem Gesicht tanzten kleine weiße Wölkchen, die ihr Atem machte. Aufgeregt sprang sie voll Übermut den Atemwölkchen hinterher. Und dann, dann war da der Hügel. Schnell lief sie ihn hinauf, und auf einmal war da eine große Wiese, weiß von glitzerndem Schnee und Eis und sie schien von unten zu leuchten. In wunderlichen Farben wuchsen große Eisblumen, die immer größer und größer wurden und sich in einem Takt wiegten, den nur sie kannten. Noch nie hatte Nora so eine Wiese gesehen.

Wie verzaubert schaute sie, und gerade als die Sonnenstrahlen die Wiese in strahlendes Licht tauchten, schwebte ein Wesen mit blonden langen Lockenhaaren, einem silberglänzendem Kleid über die Wiese auf Nora zu, und blieb wenige Schritte vor ihr stehen. Nora schloss die Augen, öffnete sie wieder. „Ja“, dachte sie „es ist genau die Fee, die ich im Traum so oft gesehen habe“.

Sie sprang vor Freude von einem Bein aufs Andere. Die Fee lächelte sie mit strahlenden blau-grünen Augen an.

„Nora“, sagte sie mit sanfter Stimme, „ich freue ich mich so sehr, dass du meine Wunderwiese gefunden hast, ich warte schon viele Monde auf deinen Besuch“. Schnell schwebte die Fee vor Nora auf und ab und ihre Stimme war irgendwie weit weg und doch ganz nah. „Hier lebe ich, Nora. Hier spiele ich. Hier rolle ich mit den gläsernen Tautropfen um die Wette wenn die Sonne scheint, werfe sie hoch in die Luft, fang sie wieder auf, und im Winter spiele ich mit den großen glitzernden Schneekristallen.  Wie schön, Nora, denn jetzt, jetzt ist die Wiese für uns beide da.  Jetzt können wir endlich wunderbar zusammen mit Tautropfen spielen und sie über den Hügel rollen. Nora,  und merke, für andere Menschen ist unsere Wiese unsichtbar“. Nora schluckte aufgeregt mit großen Augen. Die Fee sprang jetzt immer schneller auf und ab. Ihre blonden langen Feen-Haare wehten um ihr strahlendes Gesicht, glitzernd blaue und grüne Sterne fielen aus ihrem Feen-Kleid und tanzten jetzt auch um Nora herum. Nora lachte glücklich und tanzte in den bunten  Sternenregen.. „Besuch mich“, die Fee sprang wieder auf und ab „wann immer du mit mir spielen möchtest, und“, jetzt wurde die Fee ganz ernst, „Nora, wenn du einmal Hilfe nötig hast, stellst du dich einfach auf unsere Wiese und rufst mich ganz laut. Dann bin ich sofort bei dir“. Nora strahlte die neue Feen-Freundin an, die jetzt wieder immer schneller um Nora herumschwebte. Ihr Silberkleid schimmerte in den Farben des Regenbogens, und Nora sprang um die Fee herum bis beide völlig außer Atem waren.

Nach einer schier endlosen Zeit blieb die Fee vor Nora stehen und wurde groß und immer größer. Nora staunte, wie sie das machte. „Es ist spät geworden und du musst heim, Nora. Deine Eltern sind bald zurück“. „Das kannst du sehen, Fee?“ „Aber sicher Nora, ich sehe viel mehr, als du dir vorstellen kannst“ Nora nickte, denn irgendwie wusste sie das. „Ich bring dich jetzt zurück. Halte dich einfach an meinem Kleid ganz fest, denn ich bin schneller als der Wind, und du bist schneller zuhause als du es dir vorstellen kannst. Komm, hab keine Angst.“ Die Fee lächelte aufmunternd. Da fasste Nora mutig den Saum des glänzenden Feenkleides, schon fegten sie wie der Wind über dem dunklen Wald,  und nur einen Augenblick später stand Nora atemlos staunend vor der Gartenpforte des Elternhauses. Die Fee war verschwunden.

Glücklich lief Nora ins Haus.

 

                                              

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.03.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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