Fritz Lenders

Shoppingcity Süd, ...Panik,Tränen, Schwarz ( Teil 3)

... Peter legte seinerseits den Arm um ihre Schultern um sie ein wenig zu stützen.
Zugleich beschleunigte er seine Schritte.

Noch  ein paar Schritte ..., vorne an der Apotheke vorbei und schon sah er den Ausgang.
Interesant war die Sache, daß ihn Marlene nicht mal leiten oder führen mußte.
Wie von alleine gingen seine Beine den richtigen Weg entlang.

Ja toll, jetzt plötzlich.

Vorher hatte er Stunden damit verbracht, seine Angst und sein Selbstmitleid vor sich selber als schwerste Krankheit zu rechtfertigen.

Jedenfalls schien er sich auf einem interessanten Weg zu befinden.

Auf dem Weg  zu sich selber zurück.



Plötzlich bremste ihn die junge Frau etwas ab.
" Sag mal.. hast du in deinem Auto einen Verbandskasten ? "

Ihre Stimme klang ziemlich  zittrig.
Was wiederum Peter, sich um sie sorgend , irgendwie  in Schwung brachte.

" Ja, habe ich.., aber er wird schon ziemlich alt sein und ich habe ihn auch noch nie kontrolliert. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, in welchem Zustand er ist. "

" OK, dann machen wir es jetzt so. Ich  stelle mich vor dich hin. Du hilfst mir, meinen Arm aus dem Ärmel zu ziehen und ich  hänge mir dann die Jacke über die Verletzung. Und nimm mir schnell meine Tasche ab. "

Peter  hatte in den Aufregungen gar nicht mitbekommen, daß Marlene überhaupt eine Tasche dabei hatte. 
Aber nun hielt er das kleine Täsch`chen in den Fingern und merkte, daß der Inhalt recht schwer war.
Verdächtig schwer sogar..., überlegte er ein bischen unruhig.

Egal.


Er half Marlene aus der Jacke und sie hängte sie so diskret wie möglich über ihren Unterarm.
Die Tasche nahm sie ihm mit der gesunden Hand ab und schob sie ebenfalls unter die Jacke.
Und kurz hörte er ein kurzes klicken des Verschlusses der Handtasche und nochmal eine Sekunde später ein anderes metallisches Geräusch.

Ein Ritsch Ratsch mit anschließendem Klick..., wie er es von der Ausbildung an seinem  *G-3  Sturmgewehr*  bei der Bundeswehr  in der Erinnerung hatte.

Nicht unbedingt ein für ihn beruhigendes Geräusch.

" Jetzt hör mir genau zu " ...   Marlene flüsterte eindringlich auf ihn ein...   " ich gehe hinaus und warte rechts  vor dem Eingang auf dich. Du holst aus der Apotheke entzündungshemmende Schmerzmittel, Verbandsmaterial, Desinfektionsmittel  und ein oder zwei Packungen an Wärmepflastern für Rückenleiden. Beeile dich bitte. "

 

" Rückenleiden ? "    Peter  sah sie an wie ein dummes Schaf...

 

" Ja, ich habe mir die Schulter ziemlich verzerrt. Außerdem wird die Frau in der Apotheke fragen ob du ein Rezept dabei hast. Rückenleiden sind in solchen Fällen immer ein gutes Argument, Schmerzmittel zu benötigen.  "

Marlenes Stirn wurde immer weisser und der Schweißfilm immer glänzender...

Die Frau ging schon weiter, bevor er überhaupt antworten konnte.
Draußen vor dem Einkaufstempel wurde es schon dämmrig.
Hoffentlich würde er anschließend sein Auto finden.
Auch so ein weiterer Punkt seiner Ängste.

Da stand er also..., wieder alleine.

Aber diesmal mit einer Aufgabe, die er auszuführen hatte.

Kaum zu glauben,  es motivierte ihn total.

Fast hechtete er in die Apotheke und  hatte das Glück, der einzige Kunde zu sein.
Während er begann, seine Bestellung der Apothekerin zu übermitteln, erklang etwas entfernt.., Sirenengeplärre.

Der Sirenenklang sauste die Nerven an seiner Wirbelsäule entlang direkt in sein Gehirn.

Und nebenbei machte die Frau auf der anderen Seite des Verkaufstresens Probleme, wegen den Schmerzmitteln.
Natürlich.
Er hatte ja kein Rezept.
Doch mit weinerlichem Gesicht konnte er der Dame des pharmazeutischen Gewerbes..., seine schlimmsten Rückenschmerzen aller Zeiten weismachen.


Mit schauspielerischer Höchstleistung.

Wie hieß doch gleich wieder der österreichische Filmpreis ?
Egal.

Er sollte sich lieber Gedanken darüber machen, wie das bestens bewachte Hochsicherheitsgefängnis hieß.

In seinem Kopf und dort speziell in seiner Abteilung des Gehirnes für böse Bilder...  hatten die Wörter   * Krems-Stein- Hochsicherheitsgefängnis *   eine weniger schöne Darstellung für ihn parat. 

Mit den gekauften  Utensilien flüchtete er schon  fast  aus dem Geschäft und  eilte in Richtung  Marlene, die sicher schon Unmengen an Blut verloren hatte.

Während seines Sprintes  durch den Ausgang .., liefen ihm zwei Sanitäter mit einer Tragebahre entgegen.
Vor Schreck wäre Peter beinahe mit den Männern zusammengestoßen..
Ach ja.., der dunkelhaarige Mann von vorhin...!

Der Messerkiller...

Das hatte er für den Moment schon fast verdrängt.
Wer war Marlene und wer war der Mann ?
Und wie war dessen Zustand ?

Schwer verletzt..., gelähmt... oder einfach tot ?

Komischerweise  hatten sich seine psychischen Probleme schlagartig reduziert.
Allerdings hatte er scheinbar dafür ein neues Problem an seine Schultern  geheftet..., welches unter Umständen noch wesentlich lebensbedrohlicher war als Alles was er jemals  in seiner Vergangenheit rumschleppen  musste.

Da stand Marlene.
Mehr tot als lebend und nahm ihm die Tüte aus der Hand.

" Öffne mir die Verpackung mit dem Rückenpflaster, ziehe die Schutzfolie ab und  lege mir das Teil so in die Hand, daß der klebende Teil oben ist. Beeile dich.Knöpfe die Bluse etwas auf  und ziehe den Kragen so auseinander, daß ich an die Schulter rankomme. "

 

Doch ohne weiters das klebrige Teil zu verwenden...,  setzte sie sich plötzlich schnell in Bewegung.

 

" Komm schnell , wir müssen sofort los.. !"

Mit dem Wärmeverband auf der Hand eilte  sie neben ihm in Richtung Auto.
Peter wuchs fast schon über sich hinaus.

Die neuartige Herausforderung und das scheinbare Vertrauen der fremden Frau in seine Person ließen ihn seine eigenen Ängste total vergessen.
Zielstrebig und voller Selbstvertrauen näherte er sich seinem Auto.

Aber plötzlich, aus der Dämmerung zwischen den Autos auf sie zulaufend... war da ein Mann, der gar nichts Gutes verhieß.
Marlene ließ die Jacke von ihrem verletzten  Arm rutschen, warf Peter ihre Handtasche zu und lief dem Mann entgegen.

Die Lederjacke hielt sie fast wie eine Peitsche in der verletzten  Hand und ließ sie vorschnelzen..


Dem ersten Schlag des Mannes konnte sie aber trotzdem  nicht ausweichen.


Er traf sie  mit seiner Faust an der Stirn und die junge Frau wurde gegen ein parkendes Auto geschleudert. Ihre Lederjacke fiel zu Boden
Doch sie konnte mit einem gut geübten Reflex  den zuschlagenden Arm des Mannes erwischen bevor er ihn zurückgezogen hatte, griff mit ihrem verletzten Körperteil zu,  drehte sich mit dem Arm des Mannes festhaltend.. um ihre eigene Achse und kugelte ihm scheinbar durch den kräftigen Ruck den Ellbogen aus.

Bevor der Angreifer schreien konnte, klatschte sie ihm mit der anderen Hand das Rheumapflaster auf das Gesicht.
Über Mund, Nase und Augen.
Durch  eine weitere Drehung, diesmal in die entgegengesetzte Richtung, brachte sie den Mann zu Fall und presste ihre Hand gegen die verklebte Nase und den Mund.des Schlägers.

Peter sah die Beine des Kerles  hysterisch zappeln.. und dann eine weibliche, blutverschmierte  Handkante gegen den Kehlkopf des Typen donnern.



" Wenn du jetzt nicht sofort in die Gänge kommst, werden wir beide die nächsten Stunden nicht mehr erleben... "

Sie setzte sich auf den Boden, neben den regungslosen  Mann und blickte von unten herauf... Peter in die Augen...


" ich weiß ja nicht mal wie du heißt ? Aber du mußt uns sofort  wegbringen, denn in Kürze wird es hier von Leuten wimmeln, die sich nichts sehnlicher wünschen... als mich tot zu sehen. Und auch  jeden Anderen der mit mir an der Sache  beteiligt ist...! "


Mit diesen Worten wurde sie ohnmächtig.

Zum Auto waren es nur noch knappe 10 Meter.
Er  griff unter ihren Rippen entlang  um die Taille und zog sie nach oben.
Wenigstens hatte sie nicht viel Gewicht auf den Knochen.


Interessanterweise aber trotzdem eine tötliche Kraft , die Angreifer ziemlich brutal ausschalten konnte.

Wenn sie in Sicherheit waren, würden ziemlich viele Fragen zwischen ihnen zu klären sein.

Wie es aussah, gab es bisher schon zwei zumindest Schwerverletzte und  mit  etwas Phantasie konnte er sich vorstellen, daß sie sogar tot sein könnten.

Mit ziemlicher  Mühe schleifte er Marlene zum Auto.
Zehn  Meter konnten doch schon ziemlich weit werden, wenn man in Panik war und wenn man Gewicht zu tragen hatte.
Vor Allem.., wenn das Gewicht ziemlich unauffällig für andere Menschen.. zu transportieren war.

Peter presste sie an sich, an seine Seite und so sah es dann auch nicht so verdächtig aus.

Irgendwie ähnelten sie einem Liebespaar, welches etwas zu tief ins Glas geblickt hatte.

Kurz kam ihm in den Sinn, daß es schade war..., daß sie sich unter so wirklich chaotischen Umständen kennengelernt hatten.

 

Na gut... 

 

Ohne Chaos hätten sie sich vermutlich überhaupt nicht kennengelernt.

Außerdem war er ja auch verheiratet.

Aber trotdem.

Marlene fühlte sich so vertraut an. 

 

So warm..

so hilflos...

so liebenswert !



Endlich am Mercedes angekommen, schob er sie auf den Beifahrersitz und wollte schnellstens weg.

Mist...


Ihre Jacke...und  ebenso das Rheumapflaster auf dem Gesicht des Mannes. !

Es wäre eine Frage der Zeit, bis die Polizei Ermittlungen anstellen würde.

Rheumapflaster auf fremden Gesichtern war ja wohl nicht die Normalität.

 

Also würden die Kriminalisten zu fragen beginnen.

Und vermutlich würde das Gedächtnis der Apothekerin ein gutes Phantombild zustande bringen können.


Hektisch rannte er zurück zu dem am Boden liegenden Mann und zog das klebende Rheumateil von dessen Gesicht.
 Die Jacke von Marlene lag unter dem Kerl... verdammt..verdammt..verdammt.

Peter wälzte den bewegungslosen Menschen zur Seite, was absolut nicht einfach war.., weil die Autos dicht an dicht zusammen standen.
Aber mit etwas zerren und ziehen bekam er das Lederjacket der Frau endlich frei. 

Und plötzlich.., wer hätte es gelaubt.. begann der Mann am Boden zu röcheln.
Peter wäre vor Schock beinahe umgekippt.
Aber  dennoch griff er reflexartig  dem Mann unter die Arme zog in in eine sitzende Position und lehnte ihn an das  Auto welches an der  rechten Seite Stand.

Der Fremde röchelte und seine Kehle verursacchte merkwürdige, blubbernde Laute.., aber er atmete trotz seiner scheinbaren Bewustlosigkeit.

Wenigstens ein Toter weniger.


Vielleicht  hatte ja der andere Typ.., von drinnen im Kaufhaus auch etwas Glück gehabt.
Sicher waren die beiden keine sanftmütigen Lämmchen.. aber Jemanden zu töten, beziehungsweise am töten beteiligt zu sein..., war nicht gerade der Lebensplan für seine Zukunft.
Er mußte irgendwie aus dem Schlamassel rauß.

 

Da sein Verstand  verzweifelt versuchte , logische Erklärungen zu finden.. oder zumindest wenigstens die Schuld an den Ereignissen den anderen Beiden zuzuschieben und nicht Marlene..., bemerkte er leider auch nicht, daß beim aufsetzen des Mannes, seine eigene Geldbörse aus seiner Tasche rutschte und direkt neben dem Kampfopfer am Boden liegen blieb.

 

Hektisch lief er schnellstens zum Auto zurück.

Zu Marlene  der bewustlosen Kämpferin oder was auch immer sie war.

 

Er mußte sein Gehirn einschalten und  etwas unternehmen um sie beide in Sicherheit zu bringen.

Die Frage, welche sich allerdings ganz unauffällig in seine Großhirnrinde einnistete..., war die ...  ob er selber,  in der Nähe von Marlene..., vor Marlene sicher sein würde ?


Dennoch  so fuhr er ein paar Minuten später in einem Bogen auf die Autobahn in Richtung Baden.

Was er genau vorhatte, war ihm im Moment selber nicht klar. Aber Alles war besser, als auf dem Parkplatz  der Polizei in die Hände zu laufen.
Vorausgesetzt, daß überhaupt jemand die Polizei gerufen hatte.

Zumindest blutete die Verletzung  seiner so plötzlich aufgetauchten Begleiterin  nicht mehr.
Doch  ihre Bekleidung war ruiniert. Von oben bis unten hatte sich der Stoff mit Blut verklebt.

Vorsichtshalber hatte er ein größeres Pflaster auf die Wunde platziert..

Wie schlimm würde die Verletzung sein ?

So ein Messerstich am Anfang des Unterarmes konnte einiges zerstört haben.

Auch der Blutverlust war ein bedrohliches Thema.

 

Flatternd öffneten sich die Augen der Lady  mit den eisernen Fäusten.



" Wo sind wir und hast du bemerkt, ob uns jemand folgt ? "
Irgendwie ähnelte ihre schwache Stimme dem piepsen eines kleines Vögelchens.

Neben dem Gefühl des Mißtrauens in der Gehirnrinde.. platzierte sich knapp daneben ein anderes, auch sehr interessantes Gefühl.

Eine sanft aufflackernde Flamme der Wärme.., der Sehnsucht... der Sehnsucht nach Nähe.

" Nein, wir sind sicher aus der Shopingcity rausgekommen und fahren in Richtung Baden. Ich habe dort ein altes kleines Haus, welches sch vor einiger Zeit mal günstig erwerben ließ. Dort können wir uns erstmal um ihre Verletzung kümmern und dort können sie mir erklären, was gerade eben geschehen ist "

Marlene hatte ihre Augen wieder geschlossen.
Doch  Peter redete einfach weiter...


" Ich heiße Peter Friedrich Jokel , aber sie können ganz einfach Peter zu mir sagen... "


 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.04.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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