Syelle Beutnagel

Mondscheinsonate

Zwei Hände gingen spazieren. Du meinst, zwei Hände können nicht spazieren gehen? Nun, dann gingen die Schatten von zwei Händen spazieren, denn es war Nacht.

Die zwei Hände machten sich zunächst ausgehfein. Sie wuschen sich sorgfältig, legten etwas Parfüm an und dachten daran, Handschuhe anzuziehen. Doch das ließen sie gleich wieder bleiben. Sie hätten den zarten Duft des Parfums zu sehr verdeckt. Dann gingen sie los.

Als sie die Tür öffneten, hätte man denken können, es wäre Tag, so hell war es beinahe. Aber es war nur der super große Vollmond, der schien. Die zwei Hände spazierten los. Ein leichter Nachthauch umspielte die zehn Finger, und der Parfüm Duft verströmte sich. So ging es eine Weile durch Wiesen, einen Hain und einen lichten Wald. Dann kamen sie an einen kleinen See. Der Mond schien darüber. Alles lag in einem hellen Silberlicht da, und das Ufer wirkte sehr lebendig, weil Pflanzen, Bäume und Steine dunkle Schatten warfen. Auf so einen Stein am Ufer setzten sich die zwei Hände.

Sie warteten und schauten auf den See hinaus. Auf was sie warteten? Nun, das raschelte etwas. Der Wind in den Zweigen? Die zwei Händen drehen sich nervös in Richtung des Geräuschs. Und da standen sie auch schon vor ihnen, zwei andere Hände, nervös mit den zehn Fingern trippelnd.

Die wartenden zwei Hände standen flugs auf und, ohne es zu merken, trippelten ebenfalls mit allen zehn Fingern hin und her. Der Parfümduft umwehte nun alle vier Hände. Eine Hand ergriff die andere Hand und führte sie zum Stein. Der war groß genug für alle vier Hände. Dort saßen sie und betrachteten den See und den Mond.

Ein leichter Nachtwind zog über den See. Die Zweige wisperten und leichte Wellen kräuselten sich im Wasser. Die Herzen der Hände bebten. Alle Finger nahmen den Rhythmus des Windes und der Herzen auf. Mondmusik spielte unhörbar auf dem Stein.

Da tauchte vom Grund des Sees ein Klavier mit einer Klavierbank auf. Die vier Hände sahen einander an. Sie verstanden sich ohne Worte. Sie gingen zur Bank und setzten sich. Und während sie den Mond über dem See mit dem Hauch von Wind betrachteten hüpften ihre Herzen, und ihre Finger berührten die Tasten des Klaviers. Und es ertönte eine Melodie im Takt zweier Herzen, gespielt von vier Händen.

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