Klaus-D. Heid

Hohohohoooooohhh...

Quälgeister. Ekelhafte neugierige Nerversägen ohne jeden Respekt. Verwöhnt, verfressen und verdummt. Fernsehsüchtige kleine Bastarde. Computerfreaks. Konsumsüchtige Zecken, denen nichts teuer genug sein kann. Markenfetischisten. Leistungsschlaffis. Lieber McDonalds als Mathe. Lieber Kino als Kommunikation. Lieber prügeln statt bügeln. Kurz:

Kinder...

Ich hasse sie abgrundtief, weil sie mir jeden Spaß an der Arbeit kaputtmachen. Sie ignorieren mich – oder nutzen mich bestenfalls, um sich mit noch mehr überteuerten Spielzeug die Schränke zu füllen. Sie fressen ungehemmt Süßigkeiten, bis ihnen der Bauchspeck über den Gürtel hängt. Wenn sie keine Markenartikel bekommen, setzen sie zu einem schrillen Jammern an, bis sie endlich das gewünschte Etikett auf ihren Designerjeans finden.

Kinder...

Es gibt nichts Schlimmeres auf Erden, als Kinder! Ganz besonders widerwärtig sind diese typischen Wohlstandskinder aus behütetem Haus, die nur mit dem Finger zu schnippen brauchen, bis Mama-Doof und Papa-Doof endlich das Portemonnaie zücken. „Ich will...!“ sind die häufigsten Worte, die diese missratenen Kröten an den Anfang ihrer Sätze stellen. Sie bitten nicht, wenn sie sich etwas wünschen – sie fordern!

Kinder...

...sind die Pest der Neuzeit! Sie überfluten uns mit immer neuen Wünschen und Forderungen. Sie trampeln mit den Füßen auf dem Boden, wenn sie ihren Willen nicht schnell genug bekommen. Sie werfen sich kreischend und mit den Fäusten trommelnd auf ihr viel zu weiches Bett und halten dann die Luft an, bis man ihren Erpressungsversuchen resigniert nachgibt.

Kinder...

...schreiben Wunschzettel.

Früher standen auf diesen Wunschzetteln noch anständige, lobenswerte und ernstgemeinte Wünsche. Da wurde Gesundheit für Mama und Papa erbeten. Da wurde Oma und Opa ein langes Leben gewünscht. Früher waren Wünsche noch Wünsche – und keine Forderungen, die mit allen mitteln krimineller Energie durchgesetzt wurden.

Kinder...

...sind wie Piranhas. Haben sie erst einmal Blut geleckt, kommen sie zu Tausenden, bis von ihren Opfern nur noch abgenagte Knochen übrig sind. Gierige kleine Teufel. Selbstsüchtige Monster ohne den kleinsten Ansatz eines Gewissens.

Und ich? Macht sich irgendjemand Gedanken dazu, wie ich in meiner Funktion mit diesen Stinkstiefeln fertig werden soll? Nein? Was blieb mir also anderes übrig, als Eigeninitiative zu übernehmen? Sollte ich es etwa soweit kommen lassen, dass ich mich von kleingewachsenen Bestien erpressen lassen musste?

Den roten Mantel des dicken, gutmütigen Weihnachtsmannes habe ich schon lange an den Nagel gehängt. Meine Kollegen, denen es übrigens genauso geht wie mir, stimmen mir voll und ganz zu, wenn ich seit einigen Jahrzehnten neue Wege der Bescherung gewählt habe. Obwohl es einigen von uns nicht ganz leicht gefallen ist, konnte sich doch die Mehrheit durchsetzen! Letztendlich ging es schließlich ums nackte Überleben. Die – oder wir! Einen musste es erwischen! Und glauben sie mir, dass ich keinerlei Interesse verspüre, mich von diesen impertinenten Monstern mit Haut und Haaren verschlingen zu lassen.

Also?

Also gab es eine winzige Änderung in der Aufgabenverteilung aller Weihnachtsmänner.

Nehmen Sie zum Beispiel CD-Player, Videorekorder oder diese neuartigen DVD.Player. Oder nehmen Sie Computer, Computerspiele und auch alle Arten von Spielkonsolen. Nehmen Sie einfach alles, was einen Stromanschluss benötigt, um zu funktionieren.

Unsere technische Abteilung hat dort – auf unser Drängen hin – gewisse technische Modifikationen eingebaut, die uns von allem Übel befreien. Per Fernbedienung können wir nun alle Schutzmechanismen gegen Stromschläge... deaktivieren! Gleichzeitig haben wir nette kleine Spannungsverstärker eingebaut, die aus jedem technischen Gerät garantiert funktionierende Killer macht. Stellen Sie sich nur folgende Situation vor:

Ein ungezogenes Kind sitzt an der nagelneuen Spielkonsole und spielt mit irgendeinem grässlichen Spiel. Die Mutter ruft, dass das Essen auf dem Tisch steht. Das Kind denkt gar nicht daran, sein Spiel zu unterbrechen. Die Mutter ruft ein zweites- und drittes Mal. Nichts. Keine Reaktion. Die Mutter bettelt, droht und fleht. Immer noch nichts.

In diesem Moment schießen 20.000 Volt durch die spielsüchtigen dicken Wurstfinger. Thema durch! Auftrag erledigt. Im nächsten Jahr ist dieses Kind nicht mehr zu beschenken. Die Mutter muss sich nicht mehr die Seele aus dem Leib brüllen, wenn es Essen gibt. Der Vater spart eine Menge Geld, das er nicht mehr für allen möglichen Schnickschnack aus dem Fenster werfen muss.

Sie sind erschrocken? Von uns Weihnachtsmännern hätten Sie so etwas niemals erwartet? Ja, was wollen sie denn eigentlich? Jeder Spaß hat einmal ein Ende. Der gute alte, dickbäuchige Weihnachtsmann ist schon lange ausgestorben. Weihnachtsmänner von heute gehen regelmäßig ins Fitnesscenter, um was für die Figur zu tun. Auch für uns gibt es mittlerweile die 34-Stunden-Woche. Überstunden kann sich unser Chef nicht mehr leisten. Das Leben ist hart geworden.

Und überhaupt...

...waren wir noch nie die, für die man uns gehalten hat. Prämien für eliminierte Kinder gibt’s schon seit über hundert Jahren. Bevor dieses Eliminierungsprogramm legalisiert wurde, haben wir bereits ab und an Taranteln unter Weihnachtsbäumen versteckt, haben vergiftetes Konfekt verteilt und haben Lutscher in Arsen getaucht.

Die Zeiten haben sich eben geändert. So wie’s aussieht, werden wir unser Eliminierungsprogramm ab dem kommenden Jahr sogar auf Erwachsene ausweiten.

Ihnen, Ihren Familien und Ihrem Nachwuchs wünsche ich

ein frohes, besinnliches und total ruhiges Fest.

Hohohohoooooohhh...

Ihr Weihnachtsmann Personalnummer 12008771.23

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.12.2001. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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